Frisch getraut: Roman (German Edition)
Kerzen, widmeten sie sich dem traditionellen Wingate-Weihnachtsessen,
das aus Schinken in Aspik, kandierten Süßkartoffeln und grünen Bohnen mit Cashew-Nüssen und Estragon bestand. In den individuell geschliffenen Kristallkompottschalen von Clares Ur-Urgroßmutter wurde dazu Roman Punch serviert.
Als ältestem Mann war Leo der Platz am Kopfende des Tisches zugeteilt worden, mit Sebastian zu seiner Rechten und Joyce zu seiner Linken. Da Joyce es mit der Etikette stets peinlich genau nahm, hatte sie darauf bestanden, dass Clare neben Sebastian saß. Es wäre falsch gewesen, beide Frauen auf derselben Seite des Tisches zu platzieren. Normalerweise wäre das kein Problem, und Clare hätte sich bemüht, die Gäste in ein Gespräch zu verwickeln. Doch heute Abend fiel ihr rein gar nichts ein, was sie dem Mann hätte sagen können, der ihr in der Nacht drei Orgasmen beschert hatte, oder Leo, der für sie stets eine Vaterfigur gewesen war. Sie war überzeugt davon, ein großes Neonschild mit der Aufschrift »Hatte letzte Nacht verrückten, heißen Sex« auf dem Kopf zu tragen, und fürchtete, dass es allen auffiel, wenn sie etwas Falsches sagte oder tat.
Sex ohne Verpflichtungen oder wenigstens ohne ein schönes Abendessen und einen gemeinsamen Kinobesuch davor war eine total neue Erfahrung für sie. Es war ihr zwar nicht richtig peinlich – jedenfalls nicht so sehr, wie es wahrscheinlich hätte sein sollen, besonders wenn man den mündlichen Aspekt ihrer Wasserspiele berücksichtigte –, doch sie wusste einfach nicht, wie sie sich verhalten sollte. Sie kam sich vollkommen deplatziert vor. Zum Glück schien das keinem aufzufallen.
Sebastian schien sich nicht mit solchen Unsicherheiten zu quälen. Er saß entspannt auf dem Stuhl neben ihr, bezirzte ihre Mutter mit Anekdoten über all die Orte, die er bereist hatte,
und stellte ihr Fragen über ihre diversen Clubs und Wohltätigkeitsvereine. Doch er war auch an unverbindlichen Sex gewöhnt, und Clare musste zugeben, dass seine Gelassenheit sie ziemlich nervte. Es wäre nur recht und billig, wenn er genauso durcheinander wäre wie sie.
»Ich versuche seit Jahren, Claresta davon zu überzeugen, dass sie sich in meinem ›Ladies of Le Bois‹-Club engagieren muss«, klagte Joyce und nahm einen Schluck von ihrem Glenlivet. »Durch diverse Benefizveranstaltungen haben wir dieses Jahr schon über dreizehntausend Dollar aufgebracht. Besonders erfreut waren wir darüber, dass Galvin Armstrong mit seinem Orchester im Grove Hotel für uns gespielt hat. Ich weiß, es würde Clare gefallen, wenn sie sich nur dazu entschließen könnte.«
Galvin Armstrong war etwa im selben Alter wie Methusalem, und Clare musste dringend das Thema wechseln, bevor sie für die Benefizveranstaltung im nächsten Jahr zwangsrekrutiert wurde. »Sebastian hat schon mal Affenfleisch gegessen.« Leo und Joyce richteten ihre Aufmerksamkeit abrupt auf Sebastian, der Clare, die Gabel auf halbem Weg zum Mund, entgeistert anstarrte. »Und Pferdefleisch«, fügte sie sicherheitshalber hinzu.
»Wirklich, Sohn?«
»O.« Joyce stellte ihr Glas auf dem Tisch ab. »Ich glaube nicht, dass ich Pferdefleisch herunterkriegen würde. Als Kind hatte ich ein Pony. Es hieß Lady Klippklapp.«
Sebastian wandte langsam den Kopf und schaute Clare an. »Ich hab schon viele verschiedene Dinge probiert. Ein paar waren gut. Ein paar nicht so sehr.« Er lächelte viel sagend. »Bei manchen hätte ich nichts dagegen, sie noch mal zu probieren.«
Die Erinnerung daran, wie er ihren Nabel mit warmen Küssen übersäte, schoss ihr durch den Kopf. Ich glaube, das wird dir gefallen , hatte er gestern Nacht gesagt, als er sich langsam nach unten vorgearbeitet hatte. Das ist eine Technik, die ich von einer Französin in Costa Rica gelernt habe . Und es hatte ihr gefallen. Sehr sogar.
»Doch momentan hab ich Hunger auf Weihnachtsschinken.« Sebastian schaute ungerührt über den Tisch und legte dabei die Hand auf Clares Oberschenkel. »Er ist vorzüglich, Mrs. Wingate.«
Clare warf ihm aus dem Augenwinkel einen irritierten Blick zu, als er langsam ihren Rock hochzog.
»Bitte nennen Sie mich Joyce.«
»Danke, dass Sie mich heute Abend eingeladen haben, Joyce«, schleimte er, ein Muster an Sängerknaben-Höflichkeit, während seine Finger ihren Rock hochrafften.
Clare trug keine Strümpfe, und sie griff unter den Tisch, bevor er ihre nackte Haut berühren konnte. Vorsichtig umfasste sie sein Handgelenk und nahm seine Hand
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