Frisch verliebt - Mallery, S: Frisch verliebt
Nicole konnte die Treppe doch noch gar nicht hinuntergehen und Jesse wog nicht genug, um so laut zu sein. Die Möglichkeit, dass es Wyatt sein könnte, ging ihr durch den Kopf, aber dazu klangen die Schritte wiederum zu heimlichtuerisch. Es war, als wäre derjenige, der da die Treppe heraufkam, bemüht, keinen Lärm zu machen.
Claire stieg aus dem Bett und ging auf Zehenspitzen zur Tür, die sie einen Spaltweit öffnete, um hinauszusehen. Tatsächlich, dort stand ein Fremder auf dem Treppenabsatz und starrte auf Nicoles Tür.
Er war nur wenig größer als sie selbst und schien auch nicht sonderlich kräftig gebaut zu sein. Instinktiv sah sie sich nach einer Waffe um. Das Einzige, was sie entdecken konnte, war ein Paar Schuhe mit hohen Absätzen. Sie nahm einen Schuh in die Hand und schlüpfte leise durch die Tür auf den Flur.
Der Mann ging jetzt auf Nicoles Tür zu und öffnete sie. Claire nahm sich nicht die Zeit nachzudenken, sondern ging gleich zum Angriff über. Sie sprang ihm auf den Rücken und schlug gleichzeitig mit dem Absatz des Schuhs auf ihn ein. Der Kerl stieß einen gellenden Schrei aus, torkelte in Nicoles Zimmer und brüllte dabei, sie solle ihn loslassen.
„Ruf die 911 an!“, schrie Claire noch, bevor sie und der Kerl zusammen zu Boden gingen.
Sie wappnete sich vor dem Aufprall, aber glücklicherweise schlug dann nur der Mann auf dem Holzfußboden auf, während sie obenauf landete. Während er noch nach Atem rang, ließ sie den Schuh fallen, umfasste mit beiden Händen sein rechtes Handgelenk, legte es ihm auf den Rücken und zog es fast bis zu den Schulterblättern hoch. Er brüllte vor Schmerz. Gleichzeitig setzte sie ihm dann noch ihren Fuß in den Nacken und drückte ihn so fest nach unten, wie sie nur konnte.
Der Mann stieß laute Flüche aus. „Ich blute, verdammt noch mal. Lieber Himmel Nicole, was zum Teufel ist hier los?“
„Ruf die 911 an“, wiederholte Claire. „Ich kann ihn nicht mehr lange halten.“
Nicole setzte sich auf und starrte sie an. „Claire, ich muss wirklich sagen, du bist beeindruckend. Wo hast du denn das gelernt?“
Claire merkte, wie ihr die Kraft schwand. „Seit ein paar Jahren habe ich außerhalb der Spielzeit Kampfsport gemacht. Dann habe ich auch meinen Bodyguards bei der Arbeit zugesehen.“
„Du hast Bodyguards?“
Wieder mal das falsche Wort zur falschen Zeit, dachte Claire und stöhnte. „Nicht immer. In New York nicht, aber in Europa manchmal. Fans können sehr aggressiv sein.“
„Nicole!“
Das hatte dieser Kerl gerufen. Claire sah erst ihn an, dann ihre Schwester. „Er kennt dich?“
„Offensichtlich, ja. Du kannst ihn loslassen. Das ist Drew. Mein Mann.“
Ihr ... „Was?“ Claire ließ das Handgelenk des Kerls los und nahm den Fuß von seinem Nacken. „Drew?“ Das also war dieser hinterhältige Mistkerl, der mit der Schwester seiner Frau schlief?
Besagter Mann erhob sich langsam und sah sie wütend an. „Wer zum Teufel sind Sie?“
Er scheint ja ganz gut auszusehen, dachte sie abwesend. Einmal abgesehen von dem tiefen Loch auf der Wange, aus dem Blut sickerte, und einem weiteren gleich unter seinem Ohr. Die Wunden gaben dem Ausdruck „Killerpumps“ jedenfalls eine völlig neue Bedeutung.
Sie ignorierte ihn einfach und hob ihren Schuh auf. „Ich bin hinten auf dem Flur, falls du mich brauchst.“
Nicole sah sie an. „Danke.“
„Keine Ursache.“
Claire ließ die Tür zu Nicoles Zimmer offen und zog sich ins Gästezimmer zurück. Als sie die Tür hinter sich schloss, hörte sie noch, wie Drew entnervt seine Frage wiederholte: „Wer zum Teufel ist das?“ Nicoles Antwort konnte sie nicht mehr verstehen.
Sie war stolz auf sich selbst und fühlte sich von Nicole bestätigt. Sie sank auf ihr Bett und grinste. Das hatte sie gut gemacht. Vielleicht sollte sie ja anfangen, im Fitnessstudio zu trainieren, um kräftiger zu werden. Oder auch den Kampfsport wieder aufnehmen. Sie könnte sich zu einer richtig gefährlichen Waffe entwickeln. Aber dann betrachtete sie ihre langen, spitz zulaufenden Finger, die ein Teil ihrer begnadeten Hände waren. Es wurde von ihr erwartet, dass sie die unter allen Umständen schützte, deshalb sollte sie es vielleicht doch lieber lassen.
Am liebsten hätte sie sich an die Tür gestellt und gelauscht, aber das gehörte sich natürlich nicht. Daher lenkte sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf den Fernseher und gab sich alle Mühe, einer Sendung des Home & Garden TV Interesse abzuringen, nur um
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