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Frisch verliebt - Mallery, S: Frisch verliebt

Frisch verliebt - Mallery, S: Frisch verliebt

Titel: Frisch verliebt - Mallery, S: Frisch verliebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Mallery
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Lage wäre, dieses Leben auch ohne einen Beschützer oder Betreuer führen zu können. Und ihr Vater hatte zugestimmt.
    Die zehnjährige Jesse war für Claire schon damals eine Fremde gewesen, und Nicole war ihr gegenüber nur distanziert und wütend, wie sie es auch heute noch immer war.
    „Geh doch zurück in dein vornehmes Leben“, forderte ihre Schwester sie jetzt auf. „Geh zurück zu deinem blöden Klavier und deinen Hotels. Geh dahin zurück, wo du nicht alles verdienen musst, was du erhältst. Ich will dich hier nicht haben. Ich habe dich nie hier gewollt. Und weißt du auch, warum?“
    Claire hielt die Stellung, weil sie das Gefühl hatte, dass ihre Schwester es einmal aussprechen musste, und es ihre Aufgabe war, sich das alles anzuhören.
    Nicoles blaue Augen funkelten vor weiß-glühendem Zorn. „Weil ich nach ihrem Tod jede Nacht darum gebetet habe, dass Gott die Zeit zurückdrehen würde und dich an ihrer Stelle sterben ließe. Und das wünsche ich mir immer noch.“
    Claire saß auf ihrem Bett im Gästezimmer und ließ den Tränen freien Lauf. Eine nach der anderen kullerte ihr über die Wangen, ohne dabei allerdings irgendetwas wegzuwaschen. Sie sickerten ganz einfach nur aus der großen offenen Wunde in ihrem Innern.
    Nicoles Wut und Feindseligkeit waren ihr ja bekannt gewesen, allerdings hätte sie nie gedacht, dass ihre Schwester sich wünschte, sie wäre tot.
    Das Ganze ist hoffnungslos, dachte sie finster. Es war vollkommen sinnlos gewesen, nach Hause zu kommen. Niemand wollte sie hier haben, und sie wusste nicht, wohin sie sonst gehen konnte.
    Sie bedeckte das Gesicht mit den Händen und weinte noch ein paar Minuten länger. Dann schniefte sie und machte sich klar, dass sie sich wohl kaum für immer selbst leidtun konnte. Für den Rest des Abends aber erschien es ihr dann doch noch akzeptabel.
    Sie stand auf und ging zu dem Koffer, auf dessen Boden ein kleines Fotoalbum lag. Sie nahm es heraus und setzte sich wieder aufs Bett.
    In dem Album gab es nur ungefähr ein Dutzend Bilder, die alle aus der Zeit stammten, bevor sie mit sechs Jahren Seattle verlassen hatte. Da waren Claire und Nicole, lachend. Claire und Nicole auf einem Pony. Ihre identischen Halloweenkostüme, als sie beide die Dorothy aus dem Zauberer von Oz sein wollten. Ein Bild zeigte sie beide, wie sie im Bett schliefen und sich dabei wie Kätzchen aneinandergekuschelt hatten.
    Claire berührte die kalte, glatte Oberfläche der Bilder und schwelgte in Erinnerungen und Sehnsucht. Dabei war ihr völlig klar, dass weder das eine noch das andere etwas von dem zurückbringen konnte, was die Zeit zerstört hatte.
    Nachdem sie sich das Gesicht gewaschen hatte, griff sie sich eine Schachtel mit Papiertaschentüchern und stellte sie neben das Bett. Dann zog sie sich um und schlüpfte in ein übergroßes T-Shirt, das sie einmal in London gekauft hatte und auf dem vorne ein riesiges Kopfbild von Prinz William prangte. Anschließend kroch sie ins Bett. Sie wusste, sie würde nicht schlafen können, aber das Heulen würde ihr leichter fallen, wenn sie sich dabei zusammenrollen konnte.
    Mit dem kleinen Fernseher, der auf der Anrichte stand, zappte sie sich durch die Kanäle, und während die Bilder an ihr vorbeizogen, fragte sie sich, ob sie und Nicole es wohl je schaffen würden, mit der Vergangenheit fertig zu werden und Frieden zu schließen. Oder sollten sie dazu verdammt sein, sich auf ewig fremd zu bleiben? Sie hatte keineswegs vor aufzugeben, aber schließlich war sie nur eine Hälfte in dieser Gleichung.
    Und was war eigentlich mit Jesse los? Claire dachte an ihr Gespräch am frühen Morgen. Wie konnte Jesse nur Nicoles Vertrauen derart missbrauchen? Hatte sie wirklich mit Drew geschlafen? Könnte es nicht alles auch ein Missverständnis sein? Wenn nicht, dann dürfte es nahezu unmöglich sein, die beiden wieder zu versöhnen. Und es war ja schließlich nicht so, als machte sie selbst großartige Fortschritte. Wenn sie ehrlich war, dann ließ ihr Privatleben ihre beruflichen Probleme in einer völlig anderen Perspektive erscheinen.
    Claire schloss die Augen. Sie fühlte, wie sie einschlummerte, und begrüßte das Entkommen, das der Schlaf bieten würde. Wenige Sekunden später – es konnten auch ein paar Stunden gewesen sein – vernahm sie ein Knarren, das von der Treppe herkam. Sie drehte sich um und hörte es wieder.
    Es sind bloß Fußtritte, beruhigte sie sich, und wollte sich schon wieder umdrehen, setzte sich dann aber auf.

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