Frisch verliebt - Mallery, S: Frisch verliebt
deine Lieblingsfarbe ist.“
Amy lachte und zog Claire dann an den Händen zu ihrem Fenstersitz.
Nun wurden Claire alle Lieblingspuppen und Teddybären vorgestellt. Amy zeigte ihr auch ein paar Brettspiele und ungefähr ein Dutzend Bücher, die alle danach aussahen, als wären sie gründlich gelesen worden. Dann öffnete sie die Schublade ihres Nachttischchens und zog ein gerahmtes Foto heraus.
„Meine Mom“, sagte sie und reichte es Claire.
Claire war wenig davon angetan, die ehemalige Mrs. Knight zu sehen, aber sie wusste auch nicht, wie sie höflich hätte ablehnen können. Daher nahm sie das Bild in die Hand und machte sich auf eine ungewöhnliche Person gefasst.
Shanna Knight war schön, eine umwerfende Blondine mit kurzem, stufig geschnittenem Haar und einem Lächeln, mit dem man Zahnpasta verkaufen konnte. Sie hatte anmutige Gesichtszüge, einen perfekten Mund und einen Schimmer Boshaftigkeit in den Augen. Kein Wunder, dass Wyatt sich in sie verliebt hatte. Aber warum hatte er sie gehen lassen?
„Sie ist wirklich sehr hübsch“, sagte Claire.
Amy nahm das Foto wieder an sich. „Sie ist in Thailand.“
Claire glaubte, nicht recht verstanden zu haben. „Wo ist sie?
Amy buchstabierte das Wort mit den Fingern. Es war tatsächlich Thailand.
„Was tut sie denn da?“
Amy zuckte die Schultern. „Keine Ahnung. Sie ist gegangen, als ich noch ein Baby war. Daddy sagt zwar, dass es nichts damit zu tun hat, dass ich taub bin, aber vielleicht hat es das ja doch.“
Da Amy zwischen Stimme und Gebärdensprache hin und her wechselte, war Claire sich nicht immer ganz sicher, ob sie alles richtig verstand, was das Mädchen sagte, aber sie begriff doch das meiste.
Was sollte sie dazu sagen? Dass alles in Ordnung war? Das war es nicht. Sie konnte sich nicht vorstellen, wie jemand Mann und neugeborene Tochter einfach zurückließ und nach Thailand ging, aber genau das war geschehen. Und selbst wenn Shanna und Wyatt sich damals nicht mehr ausstehen konnten, hätte diese Frau dann nicht doch immer noch näher bei ihrem Kind bleiben wollen?
Es war eine wirklich traurige Geschichte. Familien sollten nicht auseinandergerissen werden. Da besaß sie Erfahrungen aus erster Hand.
„Nicole hat gesagt, dass ihre Mom gestorben ist“, unterbrach Amy ihre Gedanken. „Deine Mom auch?“
Claire nickte. „Nicole und ich sind Zwillinge.“
Amy bekam ganz große Augen. „Echt?“
„Hmm. Zweieiige.“ Claire buchstabierte das Wort langsam. „Wir sehen uns zwar nicht ähnlich, aber wir sind am selben Tag geboren.“
„Ich will auch ein Zwilling sein“, verkündete Amy mit einem Grinsen, das aber gleich darauf verschwand. „Wenigstens einen Bruder oder eine Schwester will ich haben.“
Claire fragte sich, ob Wyatt wohl eine Beziehung hatte, wobei der Gedanke an eine andere Frau sie augenblicklich nervös machte. „Dein Dad könnte noch einmal heiraten.“
Amy verzog das Gesicht, als würde sie das Wort nicht verstehen, dann aber verschränkte sie die Hände vor der Brust. „Heiraten?“
„Natürlich. Viele Leute heiraten“, und mit der entsprechenden Gebärde fügte Claire hinzu „noch einmal.“
Amy zog die Nase kraus. „Daddy geht nie mit Frauen aus.
Wyatt hatte also keine Geliebte? Wie konnte das sein? Hatte es ihn so niedergeworfen, dass seine Frau ihn verlassen hatte? Claire wollte nicht, dass das der Grund war. Und dann war es ja schließlich auch nicht so, dass ein Mann wirklich einen besonderen Grund haben musste, um all diese Jahre allein zu bleiben. Immerhin war es durchaus möglich, dass er sich mit Frauen traf, von denen Amy nichts wusste. Genau genommen könnte das gerade im Augenblick der Fall sein.
Ein weiterer Punkt, über den Claire lieber nicht nachdenken wollte.
„Du könntest doch mit meinem Daddy ausgehen“, meinte Amy.
Claire öffnete den Mund und schloss ihn wieder.
„Magst du Daddy?“
„Er ist, mhm, sehr nett.“
Dankbar nahm Claire zur Kenntnis, dass das offensichtlich die richtige Antwort war. Amy legte das Bild der schönen Shanna zurück in die Schublade und griff nach Claires Hand.
„Komm mit.“
Claire folgte Amy nach unten in ein großes Wohnzimmer mit Fenstern, die vom Boden bis zur Decke reichten. Was ihre Aufmerksamkeit fesselte, war dann allerdings weder die Aussicht noch die geschmackvolle Einrichtung oder der Umstand, dass es sich hier offensichtlich um einen Raum handelte, den die Leute in der Regel nur dann nutzten, wenn besonderer Besuch kam. Was ihr
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