Frisch verliebt - Mallery, S: Frisch verliebt
Internet und Nicoles abfällige Bemerkungen hatten ihn auf Claire nicht vorbereitet. Während sie ihm von ihrem Leben auf Tournee erzählte, wurde ihm klar, dass er eine weltberühmte Pianistin gebeten hatte, sein Babysitter zu sein.
„Wer bist du?“, fragte er, ohne eigentlich beabsichtigt zu haben, die Frage laut auszusprechen.
„Was meinst du?“
„Du gehörst nicht hierher, in die reale Welt.“
„Aber ich mag die reale Welt. Diese andere Welt ist nicht besonders lustig.“
Nicht einmal ansatzweise konnte er ihr Leben begreifen. Wie mochte das sein, von Stadt zu Stadt zu ziehen und auf einer Stufe, die nur eine Handvoll Menschen erreichen konnten, Konzerte zu geben.
„Ich möchte mich anpassen“, fügte sie hinzu. „Ich versuche, wie jeder andere zu sein.“
„Du solltest dein Niveau nicht senken.“
„Ich halte mich nicht für besser. Ich bin nur anders. Und ich möchte weniger anders sein.“
Sie ist wunderschön, dachte er abwesend. Wann ist sie nur so schön geworden? Amy fand, sie sah aus wie Barbie, und er wollte auch gerne zugeben, dass sie das lange blonde Haar hatte, und sogar noch längere Beine. Aber ansonsten besaß sie wenig, das ihn an eine Kinderpuppe erinnerte. Sie war ganz und gar Frau, und das gefiel ihm. Er mochte sie. Wann hatte sie aufgehört, die böse Eisprinzessin zu sein?
„Warum bestellst du den Wein nicht?“, sagte er. „Sei einfach verrückt. Wir wollen beide etwas Neues ausprobieren.“
Sein Vorschlag machte ihr offensichtlich Freude und sie lächelte. „Bist du sicher? Ich kann mit Geld sehr locker sein.“
„Nur zu.“
Marcellin kam zurück und ausführlich erörterten sie die Weine in Französisch. Claire blätterte in der Weinkarte und deutete mit dem Finger. Schließlich einigten sie sich auf eine kleine regionale Weinkellerei, von der Wyatt noch nie etwas gehört hatte. Anschließend erschien der Kellner und sie bestellten ihr Essen. Als sie dann endlich allein waren, beugte sie sich zu ihm vor und lächelte.
„Habe ich dir eigentlich schon dafür gedankt, dass du mich eingeladen hast?“
Da war etwas in ihrem Lächeln, es wirkte so einladend, dass er sie am liebsten über den Tisch hinweg geküsst hätte. Er liebte es, Claire zu küssen. Und er hätte gar nichts dagegen, das sehr viel häufiger zu tun. Aber er hatte noch diese bohrende Stimme im Hinterkopf, die ihn mahnte sicherzustellen, dass sie auch nach denselben Regeln spielen würden.
„Ja, das hast du.“
Der Wein wurde gebracht. Sie zelebrierten das Ritual, ihn zu prüfen und für gut zu befinden, und als der Sommelier wieder gegangen war, fragte Wyatt: „Ist Drew eigentlich noch einmal wiedergekommen?“
„Nicht dass ich wüsste. Ich weiß immer noch nicht so recht, ob ich mich nun schlecht fühlen soll, weil ich ihn verletzt habe, oder nicht.“
„Keine Sorge. Er wird darüber hinwegkommen. Schmerz und Leid könnten helfen, seinen Charakter zu formen.“
„Er ist dein Stiefbruder?“
„Einer von vielen.“
Sie zog die Augenbrauen hoch. „Eine große Familie?“
„Eine, die sich ständig verändert. Ich stamme aus einer langen Linie männlicher Vorfahren, die ihre Beziehungen in den Sand gesetzt haben. Die meisten meiner Onkel haben gar nicht erst geheiratet, und die, die es getan haben, bewerben sich um einen Eintrag in die Liste der schnellsten Scheidungen des Landes. Mein Dad hat erst vor Kurzem wieder geheiratet. Zum fünften Mal. Drew ist mein Stiefbruder aus der zweiten oder dritten Ehe davor. Ich kann mich gar nicht genau erinnern.“
Claire wirkte leicht bestürzt. „Was ist mit deiner Mutter?“
„Sie hat einen anständigen Mann gefunden. Inzwischen sind sie seit über fünfundzwanzig Jahren zusammen. Nicht so mein Dad. Ihm gebe ich diesmal sechs Monate.“ Er beugte sich zu ihr vor. „Das Problem bei ihm ist, dass er es immer wieder versucht, denn er glaubt jemand zu sein, der er nicht ist. Ein Mann, dem es gelingen kann, die richtige Frau zu finden.“
„Das wäre doch möglich.“
„Es wäre eher unwahrscheinlich. Kaputte Beziehungen liegen bei uns im Blut. Ich hatte nie vorgehabt zu heiraten. Meine Idee war, die Katastrophe zu verhindern, bevor sie geschehen konnte.“
„Shanna hast du aber doch geheiratet.“
„Sie wurde schwanger. Da hatte ich keine andere Wahl.“
Claire neigte den Kopf zur Seite. „Eigentlich schon. Du hättest sie nicht heiraten müssen, und doch immer noch an Amys Leben teilhaben können.“
„Damals schien eine Heirat
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