Frischluftkur: Roman (German Edition)
spirituell verbinden. Das ist viel besser als heiraten!«, preist Tina.
Petra und Hanna grinsen breit. Sogar Marlies wagt ein vorsichtiges Lächeln.
»Ja, das könnte Spaß machen«, sagt Romeo.
»Spaß? Das wird genial!«, unterstreicht Tina. »Das wird die Krönung!«
»Jetzt musst du sie nur noch fragen.« Hanna behält wie immer den Überblick.
»Ach ja«, seufzt Romeo.
»Wir könnten das sofort machen. Die Vorbereitungen dauern nur knapp eine halbe Stunde, die richtigen Muscheln habe ich zuhause. Der Mond steht perfekt. Und am Badeteich ist gerade frisch neuer Sand aufgeschüttet worden. Das ist doch ideal!« Tina ist Feuer und Flamme. Und sie hat Romeo mitgerissen.
»Okay, ich frag sie«, sagt er. »Kann ich mal kurz aussteigen?« Hanna hält an, Romeo steigt aus und geht ein paar Schritte, um sich Mut zu machen. Dann holt er sein Handy raus. Er zögert. Soll er sie anrufen? Nein, er entscheidet sich für die einfache Variante und schreibt Jule eine SMS: Willst du mit mir Muscheln tauschen? Dann sei in zwei Stunden am Badeteich! Romeo
Im Auto warten die Landfrauen gespannt. »So ist's richtig«, sägt Hanna zufrieden. »Das wird toll!«
»Aber könnten wir uns damit nicht eine Menge Ärger einhandeln? Die Montags und die Kappels sind doch verfeindet. Und beide Familien sind mächtig! Wenn das rauskommt, zerquirlen die uns doch mit dem Stabmixer zu Salatdressing!«, befürchtet Petra.
»Oder verschleppen uns in eins der Kappelschen Bordelle!«, bemerkt Tina.
Interessante Vorstellung , denkt Marlies.
»Quatsch, das wird ganz wundervoll – und nachher sind alle glücklich! Wir müssen auch mal etwas wagen!«, sagt Hanna. Sie hat keinerlei Bedenken.
Draußen starrt Romeo auf sein Handydisplay. Er hat so ein komisches Geräusch gehört, so ein Krek-Krek, von dem er erst dachte, das sei der Signalton für eine eingehende SMS. Aber das war es nicht. Das Geräusch hört er noch fünfmal, bis er endlich durch den leisen Bliep -Ton seines Mobiltelefons erlöst wird: Ich würde alles mit dir tauschen! Bin in zwei Stunden am Badeteich. Love, Jule
Romeo macht einen Luftsprung, dann noch einen. Wie ein mageres Ziegenböckchen hopst er am Straßenrand entlang und fällt fast in den Graben.
Die Landfrauen fangen Romeo ein und setzen ihn schon mal am Badeteich ab, damit er sich dort ein wenig beruhigt. Dann fahren sie zu Tina und holen alle notwendigen Accessoires für die Zeremonie: Die Muscheln (zwei kleine und eine große), künstliche Blumenkränze, drei Yucca-Palmen in Töpfen, einen Ghettoblaster, eine CD mit traditioneller Hochzeitsmusik von den Cookinseln und den neuseeländischen Maori und ein großes, geheimnisvoll aussehendes Buch. Zurück am Badeteich befreien Marlies und Petra den winzigen Sandstrand von den von Kleinkindern zurückgelassenen Backförmchen. Tina zieht Kreise in den Sand, Hanna arrangiert auf ihre Anweisungen die Yucca-Palmen und Romeo grinst selig. Er sieht leicht weggetreten aus.
Und dann kommt endlich Jule. Seine Jule! Pünktlich auf die Minute. Ihre über hundert Kilo schweben leicht durch den Tau der ersten Morgendämmerung.
»Ahhh, die Braut!«, hauchen die Landfrauen.
»Braut?«, fragt Jule erstaunt. »Und was macht ihr denn hier?«
»Sie werden die Zeremonie durchführen. Du wirst sehen: Das ist so gut wie heiraten, sogar noch besser. Es wird uns spiritusmäßig verbinden«, erklärt Romeo.
»Spirituell, meint er«, korrigiert Tina und befiehlt dann: »Schuhe ausziehen!«
»Na, mir soll's recht sein«, sagt Jule und himmelt Romeo ein wenig an.
Tina platziert das Paar zwischen den Palmen und schaltet den Ghettoblaster an, der leise, fremdartige Töne von sich gibt, die nach ausgehöhlten Baumstämmen, farbenfrohen Vögeln und Meeresrauschen klingen. Dann nimmt sie die große Muschel, tutet hinein, schlägt das Buch auf, murmelt ein paar unverständliche Laute und überreicht Romeo und Jule die beiden kleinen Muscheln. »Tauschen!«, sagt Tina.
Romeo und Jule tauschen die Muscheln. Dann sehen sie Tina ratlos an.
»Ihr dürft euch jetzt küssen!«, sagt die Zeremonienmeisterin.
Romeo zögert.
»Na los!«, ermuntert ihn Tina.
Romeo öffnet den Mund leicht, wendet sich dann Jule zu, die die Lippen gespitzt hat. Sie nähern sich an, es sieht ein wenig aus, als wollte er sie einatmen, aber dann wird es doch noch ein richtiger Kuss – allerdings einer, dem man ansieht, dass beide keine Übung darin haben.
»Das wird schon noch«, macht Tina ihnen Mut. Doch das ist gar
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