Friss oder stirb
Lebensmittelhandels betrieben.
Die Bio-Kiste in der bäuerlichen Direktvermarktung
Wenn ein Produzent die eigene Ware in Form von Bio-Kisten an die Verbraucher zustellt, ist diese Vermarktungsform als Direktvermarktung anzusehen.
Die Bio-Kiste aus einem regionalen Bauernnetzwerk
Bio-Bauern schließen sich zu einem regionalen Kollektiv zusammen, über das sie ihre Ware gemeinsam durch die Zustellung von Bio-Kisten vermarkten.
Wer sichergehen will, mit dem Bezug einer Bio-Kiste regionale Bauern zu unterstützen und aus dem Großhandel zugekaufte Ware ausschließen möchte, ist gut beraten, sich an einen bäuerlichen Direktvermarkter zu wenden, der seine Ware vor die Haustüre zustellt. „Ich liefere zweimal pro Woche an meine Kunden im Wiener Raum“, erzählte mir der österreichische Bio-Bauer Helmut Butolen im Waldviertel. „Handelsware hat in meinen Bio-Kisten aber nichts verloren. Die Nachfrage nach regionalen, bäuerlichen Zustelldiensten ist so groß, dass darin noch ein weites Betätigungsfeld für viele regionale Bauern bestünde.“
Auf eine ungewöhnliche Form der Bio-Kistenzustellung – eigentlich eher eine Bio-Paketzustellung per Post – stieß ich auf dem Betrieb der Familie Langerhorst im oberösterreichischen Hausruckviertel, von wo Kunden in ganz Österreich beliefert werden. Margarete Langerhorst gilt als eine der Vorreiterinnen der landwirtschaftlichen Mischkultur in Österreich. Zu dieser Anbaumethode hat sie bereits ein Fachbuch geschrieben. Dementsprechend groß ist auch die Vielfalt an verschiedenen Kulturpflanzenarten und -sorten auf dem Hof von Margarete und Jakobus Langerhorst, wo neben allerlei Wurzel-, Blatt- und Fruchtgemüse auch Obstbäume und Beerensträucher gedeihen. [ Abb. 24 ] Die Langerhorsts kultivieren unter anderem eine hoch ertragreiche biologische Kiwi-Plantage im Freiland, auf der sie jeden Herbst reichlich Früchte verschiedener Kiwisorten ernten – von groß bis klein, süß bis säuerlich, behaart bis glattschalig.
In Steyerberg in Niedersachsen besuchte ich den biologisch wirtschaftenden Kleingemüsebauern Jean-Philippe Genetier, der aus Frankreich nach Deutschland ausgewandert ist. Auch er vermarktet sein Gemüse direkt über die Zustellung in Bio-Kisten. Der begeisterte Gemüsebauer ist ein Neueinsteiger in die Landwirtschaft, ein sogenannter „Neo-Bauer“.
„Als ich 1987 in Frankreich mein Ingenieurdiplom für Energietechnik erhielt – für mich nur ein Stück Papier –, hatte ich ein schreckliches Gefühl“, erinnerte sich Jean-Philippe Genetier. „Im Grunde konnte ich nichts Praktisches, ich hatte nur gelernt, in meinem Kopf Wissen anzusammeln. Zum Glück hatte ich nie aufgehört, handwerklich tätig zu sein, indem ich mein Brennholz stets selber hackte und meine Musikinstrumente regelmäßig spielte. Nach meinem Studium arbeitete ich in einem Büro für erneuerbare Energien, doch es machte mich nicht glücklich, den ganzen Tag über am Schreibtisch zu sitzen und auf dem Hin- und Rückweg auch noch im Auto. Ich verspürte die Sehnsucht, mit meinen Händen zu arbeiten und dabei in Kontakt mit der Natur zu sein. Als ich dann beruflich ein Projekt für Fotovoltaik in den Hochalmen des Nationalparks Vanoise in den Grajischen Alpen im Südosten Frankreichs umsetzen musste und dabei Bekanntschaften mit Bergbäuerinnen und Bergbauern machte und deren Art zu wirtschaften kennenlernte, entschloss ich mich, ein Jahr lang das Leben auf einem Bergbauernhof auszuprobieren: 1989 begann für mich in den Pyrenäen ein neues Leben. Ich lebte bei einer Bergbauernfamilie, erlernte den Umgang mit den Tieren und den Pflanzen und vollbrachte alle Arbeiten von Hand, ohne Maschinen. Ich war so begeistert, dass ich gleich zwei Jahre dranhing, in denen ich viel Nützliches über den Anbau von Gemüse, Getreide und Obst, über die Haltung von Ziegen, Rindern und Pferden sowie über die Käseherstellung und die Direktvermarktung lernte.“
Jean-Philippe Genetier wollte nach diesen Erfahrungen auf keinen Fall mehr in ein Büro zurückkehren. Stattdessen erwarb er ein landwirtschaftliches Diplom.
„Im September 1993 war ich dann bereit, als Bauer durchzustarten“, fuhr er fort. „Ich begab mich auf die Suche nach einem eigenen Bauernhof und wurde innerhalb von nur zwei Monaten auf 800 Meter Seehöhe in den Pyrenäen fündig. Es war genau, wie ich es mir erträumt hatte.“
Im Frühjahr 1994 nahm Jean-Philippe Genetier auf steilen Bergwiesen von 25 Hektar seine Arbeit als
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