Friss oder stirb
Argentinien oder die Haselnüsse aus Kalifornien. Ein Beispiel: Ein Kilogramm Erdbeeren in der Saison, in Deutschland angebaut, braucht 0,2 Liter Erdöl im Anbau und im Transport. Ein Kilogramm importierter Erdbeeren, zum Beispiel im März gekauft, braucht 5 Liter Öl, also 25 Mal so viel. Deswegen ist die Herkunft mindestens so wichtig wie die Biozertifizierung, wenn nicht sogar wichtiger. Merkwürdigerweise ist die Herkunft von Bioprodukten in Deutschland sehr selten auf den Produkten vermerkt.
4) Weiterhin sind die Profitinteressen für die Bio-Vermarktung heutzutage so groß, dass die Sicherheit von Herkunft und Zertifizierung oft nicht gegeben ist – trotz ansprechender Aufmachung. Freunde, die auf einem Bauernhof in Andalusien Bio-Obst anbauen, haben uns versichert, dass ein großer Teil der spanischen Bio-Avocados trotz offizieller Zertifikate gar nicht aus biologischem Anbau stammt.
5) Das Schlimmste ist vielleicht, dass nur die Hälfte des Gemüses aus dem Großhandel wirklich auf dem Teller der Verbraucher landet. Ein Teil der Waren wird schon im Vorfeld aussortiert (zu groß, zu klein, leichter Makel oder einfach ohne Absatzmarkt), ein weiterer Teil verdirbt beim Transport, bei der Lagerung oder in den Regalen der Supermärkte.
Und was passiert, wenn Ihr Gemüse regional und möglichst vom Bauern kauft?
1) Hier landet der Großteil des Gemüses wirklich auf dem Teller, weil auch „zu großen“, „zu kleinen“ oder „unförmigen“ Wurzeln und Früchten ein Wert zugesprochen wird.
2) Der Betrieb kann besucht werden und man kann den Bauern kennenlernen. Er kann Euch zeigen und erklären, wie er arbeitet und Euch die Erzeugnisse probieren lassen. So bildet sich ein Vertrauensverhältnis zwischen Produzenten und Konsumenten.
3) Der Kontakt zwischen Bauern und Verbrauchern führt dazu, dass man miteinander kommunizieren kann. Durch die kleinteiligen Anbaumethoden und die vielfältigen Kulturen kann der Bauer besser auf die Wünsche seiner Kunden eingehen.
4) In der kleinstrukturierten, bäuerlichen Landwirtschaft gibt es mehr Arbeitsplätze pro Hektar Anbaufläche, die Landschaft wird durch Elemente wie Hecken, Bäume, kleine Felder und große Vielfalt an landwirtschaftlichen Kulturen aufgewertet.
5) Die Erträge pro Hektar sind in dieser Wirtschaftsform höher als in der Industrie und auch die Böden profitieren.
Jean-Philippe Genetier deutete in seinem „Gärtnerbrief“ einige Vorzüge der kleinteiligen und dezentralen Lebensmittelproduktion an. Es ist an der Zeit, die Frage zu stellen, inwiefern die kleinstrukturierte Landwirtschaft als Ausweg aus der Lebensmittelkrise infrage kommt und ob sie als realistische Alternative zur Lebensmittelindustrie geeignet ist.
Bildteil
Abb. 1: Dr. Wolf-Dieter Storl, Kulturanthropologe und Buchautor:
„Wir brauchen wieder mehr Beziehung zur Landwirtschaft und zu unseren Lebensmitteln, dann ist das nichts Abstraktes mehr.“
Abb. 2: Dieses Foto legte ich Wolf-Dieter Storl während unseres Gesprächs vor. Es zeigt Bio-Legehennen in einem Jungtierstall für die Bio-Hennen AG in Bayern.
Abb. 3: Bio-Legehennenhaltung für die Heidegold GmbH in Deutschland. Zu sehen ist die Volierenhaltung, wie sie sowohl in der konventionellen als auch in der biologischen Eierproduktion üblich ist.
Abb. 4: Die 12.000 Bio-Hennen, die auf diesem Betrieb für die Heidegold GmbH gehalten wurden, waren nahezu ausnahmslos nackt und litten unter Entzündungen. In den Herden war Federnkannibalismus ausgebrochen.
Abb. 5: Typische Auslaufsituation in der industrialisierten Bio-Legehennenhaltung, wie hier bei einem Erzeuger für die deutsche Heidegold GmbH. Der Großteil der Tiere, und das sind in jeder Stalleinheit Tausende, hält sich immer im Stall auf, während der Auslauf kaum genutzt wird. Dennoch fällt diese Haltungsform unter „Biohaltung“, die manchmal werbewirksam sogar als „Bio-Freilandhaltung“ bezeichnet wird.
Abb. 6: Bio-Legehennenhaltung in Österreich. In diesem Betrieblegen die Hennen ihre Bio-Eier für Zurück Zum Ursprung (HOFER), Ja!Natürlich (REWE), Natur*pur (SPAR) und andere Bio-Marken des Landes.
Abb. 7: Biologische Hähnchenmast in Österreich für Zurück Zum Ursprung (HOFER).In der Bio-Hühnermast leben entsprechend den EU-Richtlinien für ökologischen Landbau zehn Tiere pro Quadratmeter Stallfläche und der Auslauf ist dort ebenso problematisch wie bei Legehennen.
Abb. 8: Die Haltung von überschaubaren Geflügelherden in mobilen
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