Fritz Neuhaus 03 - Nichtwisser
zerklepperte in einem Unterteller Eier und stellte eine Pfanne auf den Ofen. Er tat Öl in die Pfanne. Dann schälte er eine Zwiebel, würfelte sie, hackte sie auf einem Brett klein und schob die zerhackten Zwiebeln mit dem Messer in die Pfanne. Als die Zwiebeln leicht braun waren, goss er die zerklepperten Eier dazu und verteilte sie mit einem Holzlöffel gleichmäßig in der Pfanne. Es zischte. Mit einer Schere schnitt er Schnittlauch auf die gelbe Eimasse, die Schlieren bildete. Das Ganze pfefferte und salzte er.
Ich stellte die Teller auf den Küchentisch und legte Messer und Gabel dazu. Daneben stellte ich die Kaffeetassen samt den Untertassen und den kleinen Löffeln zum Umrühren. Das Wasser kochte. Ich schüttete gemahlenen Kaffee in die French Press, goss das Wasser auf, rührte die Melange mit einem Löffel um, wartete einen Augenblick und drückte dann die French Press langsam nieder. Wenn man zu schnell drückt, spritzt nämlich Kaffee aus der Kanne.
Die Rühreier waren fertig. Er teilte den Eierkuchen in genau zwei Hälften und schob sie jeweils auf eine Scheibe Brot, die er auf den Teller gelegt hatte. Es war perfekt. Ich goss den Kaffee ein.
»Milch?«
»Nee.«
»Zucker?«
»Ja, klar.«
Ich schob ihm die Zuckerdose rüber. Er nahm sich einen gehäuften Kaffeelöffel voll und rührte um. Messer und Gabel benutzte er nicht. Er faltete das Rührei auf dem Brot einmal zusammen, damit es nicht so über den Brotrand hing, nahm das Brot mit dem Rührei auf und biss einen Happen ab. Beim Kauen schloss er die Augen.
»Schmeckt.«
Er hielt die Augen immer noch geschlossen.
»Schau mir gerade ein paar Laufbänder an. Immer mehrere gleichzeitig. Du stürmst in die Tankstelle, fuchtelst mit der Pistole herum, brüllst laut, ein Griff in die Kasse und ab die Post.«
Er lachte laut und behielt die Augen geschlossen.
»Ich kann die Laufbänder ganz neu montieren. Ich spreche einfach neue Texte auf die Laufbänder. Die neuen Texte haben mit den Bildern erst mal nichts zu tun. Es entsteht was ganz anderes. Oder ich male neue Comics zu alten Texten. Oder ich tausche einfach die Personen aus. Dich gegen mich. Du machst, was ich mache. Alles ist neu. Nichts ist, wie es war. Laufbänder lesen und Comics gucken. Das ist spannend. Alle werden gleich und bauen die gleiche Scheiße. Nicht nur immer ich. Nemec hatte keine Chance.«
»Wieso hatte er keine Chance?«
Er schien mich nicht zu hören. Er wirkte wie abwesend. Dann nahm er den Gesprächsfaden wieder auf.
»Ein Laufband darf ich nicht angucken. Mlasec ist der Stärkste. Viel stärker als ich. Ich bin nicht stark.«
Er öffnete die Augen und biss wieder ein Stück von seinem Brot ab, das er die ganze Zeit in der linken Hand gehalten hatte. Er schien verstört, als bekäme ihm das Betrachten seiner Laufbänder nicht.
»Da ist einer, der sagt, ich soll dich entführen. Dich und deine Schwester.«
»Die werden doch alle entführt. Habe ich jede Menge Laufbänder drüber. Meine Schwester auch?«
»Ja.«
Das schien ihn zu bekümmern. Er lehnte sich in dem Stuhl zurück und schaute an die Küchendecke. In der Haltung stopfte er sich den Rest des Rühreis in den Mund und kaute. Sein Kehlkopf sprang auf und nieder im Rhythmus des Kauens. Dann schluckte er und beugte sich wieder vor.
»Kennst du den Priester?«
»Ja.«
»Der und Nemec waren Freunde. Ein Paar. Wie Mann und Frau. Verstehst du?«
»Nein.«
»Der Priester weiß alles. Das weiß Mlasec. Der Priester nimmt ihm die Beichte ab. Reden darf der nicht! Sie haben sich gefangen. Einer den anderen.«
Er lachte.
»Wo wohnst du?«
»Nirgends. Mal hier, mal da. Ich schicke mich nicht nach Hause.«
Er machte ein paar ruckartige Armbewegungen, die er sich anscheinend amerikanischen Hip-Hop-Rockern abgeschaut hatte. Gleichzeitig lief ein Zucken über sein Gesicht, als wollte die Gesichtshaut wegflattern. Er zog das Gesicht zu einer Grimasse zusammen, als wollte er das Zucken bändigen. Dann entspannten sich seine Züge wieder. Das Zucken war verschwunden.
»Wo ist denn meine Schwester?«
»Weiß ich noch nicht.«
»Passt du auf sie auf, wenn du es weißt?«
»Werde ich tun.«
»Du sollst mich entführen, weil sie das Laufband haben wollen. Das eine. Sie sind wie wild dahinter her.«
Er lächelte mit einem Anflug von Triumph.
»Ich würde es gerne mal sehen, dieses eine Laufband.«
»Manche meinen, ich bin bekloppt. Ich bin nicht bekloppt. Nemec hat gesagt, Laufbänder sind gut. Da funktioniere ich
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