Fröhliche Ferien am Meer
lächelte. Offensichtlich hatte sich Shelagh nicht verändert.
Sie hielten an einem verbogenen Tor, nahmen ihr Gepäck und gingen durch wildwachsendes Gras, das einmal Rasen gewesen war. Shelagh kam zu ihrer Begrüßung herausgeeilt. In den zwei Jahren, die ihre Schwestern sie nicht gesehen hatten, schien sie noch ruhiger geworden zu sein, und sie sah müde und ziemlich blaß aus. Aber ihre Begrüßung war herzlich; sie legte sogar einen Augenblick lang den Arm um Angela und Freddie, als sie sagte: »Ihr müßt ja nach der Bahnfahrt todmüde sein. Der Tee ist schon fertig.«
Bill kam den Weg herauf, und Angela sagte schnell: »Er hinkt aber ziemlich stark. Ob das wohl gut geht?«
»Er behauptet, ja. Er schwimmt viel. Man hat ihm auch Gymnastik verschrieben. Die Ärzte sagen, die Krankheit würde jetzt zum Stillstand kommen.«
»Gut! O Shelagh, was für ein sonderbares altes Haus. Wir wollen es schnell erforschen, ehe wir unseren Tee trinken. Erinnerst du dich noch daran?«
»Ziemlich gut. Ich war damals schon zwölf, weißt du. Es ist verwildert, aber solide und jetzt auch ziemlich sauber. Der Garten war einmal herrlich; jetzt allerdings ist er hoffnungslos. Ich werde mich gar nicht erst um ihn kümmern.«
Die Mädchen gingen von Zimmer zu Zimmer. Freddie bummelte hinterher; sie fühlte sich als Außenseiter. Shelagh war für sie fast eine Fremde, und mit ihren achtzehn Jahren schien ihr vierundzwanzig ungeheuer alt.
»Möbel sind genug da«, sagte Shelagh. »Dies muß Mutters Zimmer gewesen sein. In diesem Riesenschrank hier sind noch immer ihre Hüte und Kleider, und der Schreibtisch ist vollgestopft mit Briefen und Papieren.«
»Ist sie einfach abgereist und hat sie vergessen?«
»Das Zimmer wurde verschlossen gehalten, während das Haus vermietet war. Wer wird hier schlafen? Ich dachte, dir würde es vielleicht gefallen, Angela.«
»Nein danke, das möchte ich lieber nicht. Wie ist es mit dir?«
Sie merkte, daß sie zu hart reagiert hatte, aber sie wollte an ihre Mutter so wenig wie möglich erinnert werden. Freddie hatte keine derartigen Bedenken.
»Gut«, sagte sie schüchtern, wobei sie den großen alten Schrank öffnete. »Mir machen Gespenster nichts aus. Schau, Angela, wieviele Kleider Mutter gehabt haben muß, wenn sie diese einfach hierlassen konnte! Ein wundervolles blaues Samtkleid. Es ist kaum getragen. Das würde mir stehen. Bah, es riecht nach Kampfer!«
»Häng es zurück. Das ist mir unheimlich. Komm, wir wollen Tee trinken. Shelagh hat ihn schon gekocht.«
Das Haus war ein großes Rechteck, mit einer Seite dem Meer zugewandt. Es befand sich genau auf dem Gipfel des Hügels. Da das Gelände steil abfiel, hatte man nach drei Seiten eine herrliche Aussicht. Durch die Fülle der hohen Bäume und der wuchernden Sträucher waren keine Nachbarn zu sehen. Das Haus war auf allen vier Seiten von einer breiten Veranda umgeben, und auf der Meerseite hatte Shelagh einige Korbstühle, einen Tisch und ein Sofa aufgebaut. Von hier aus glaubte man, einen Stein ins Wasser werfen zu können, denn das Ufer unterhalb des Hauses war steil und führte direkt zu einem schmalen Sandstrand. Dahinter kam gleich das Meer.
»Ein herrlicher Ort zum Schwimmen«, sagte Bill. »Wir waren jeden Morgen im Wasser und abends noch einmal. Es scheinen nicht viele Leute an diesen kleinen Strand zu kommen. Vielleicht halten sie ihn für einen Privatstrand, weil er durch den alten Zaun begrenzt wird.«
Gelegentlich kam Schweigen auf, denn sie fühlten sich alle noch etwas fremd. Freddie fiel nichts ein, was sie hätte sagen können, und sie ertappte sich bei dem Wunsch, nicht gekommen zu sein. Die Leute hatten gut von Familie reden, aber wie konnte man erwarten, Menschen zu mögen, die man kaum kannte? Ihre alten Schulfreunde waren ihr viel vertrauter als Bill und Shelagh. Was das anbetraf, so kannte sie auch Angela nicht genau; während ihrer Schulzeit hatte sie nur die Wochenenden in Angelas Wohnung verbracht, und normalerweise war das Apartment mit Leuten gefüllt, die sonderbare, aber geistreiche Reden führten. Sie hatte sich immer etwas wie ein Eindringling gefühlt, und Angela war oft in Vorlesungen oder auf Parties gewesen. Jetzt hatte sie das Gefühl, das Haus mit drei Fremden zu teilen, die alle viel älter und viel erfahrener als sie selbst waren.
Plötzlich sagte Bill: »Ihr habt euch beide verändert. Angela nicht so sehr, aber Freddie ist nicht wiederzuerkennen. Sie hat sich zu ihrem Vorteil verändert«,
Weitere Kostenlose Bücher