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Fröhliche Zeiten

Fröhliche Zeiten

Titel: Fröhliche Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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martialisch-klerikalen Accessoirs stammten aus einem aufgelassenen Heereszeugamt. In der für Notzeiten typischen Denkweise hatte der Erwerber wohl gehofft, mit dem Zelluloid irgend etwas anfangen zu können. Nun war es zu spät.
    Ohne Hartmetall und ohne Schoner für Pfarrerhälse brachte Ralph-Maria in seiner Verzweiflung am 19. Juni 1948, dem letzten Tag vor dem Gelduntergang, 10 000,- R-Mark bei seinem Bruder unter. In Tüten zu je einem Pfund verpackt, kaufte er dafür 2 Tonnen Purit.
    Was tun mit dem Geld? fragte sich Bruno, der Jüngere. Doch noch in die Gräber einsteigen? Zu spät. Die Friedhofsverwaltung hatte den Aktensarg bereits geschlossen.
    Dann geschah es. Vom Wetter her als ein Tag wie jeder andere getarnt, kam die große Zäsur. Die Schaufenster der Geschäfte quollen, wie gesagt, von Waren über. Es gab wieder alles. Auch Seife und Scheuerpulver. Ersatzstoffe wie Purit und Savon Romadur mit dem Emmentaler Camembertduft waren nicht mehr gefragt. Im Theater von Göggingen gähnten hochgeklappte Sitze die Schauspieler an. Keine noch so ingeniöse Idee half am Konkurs vorbei. Ende des Jahres war das Ende perfekt.
    Oh hätten sie doch Gräber gekauft!
    Die Brüder Siegel machten sich Vorwürfe. Dann könnten sie wenigstens das Purit auf eigenem Grund und Boden lagern.
    Um die Miete für das Depot loszuwerden, unternahm die Kompensations- und Warenverkehrs-Gesellschaft eine letzte Fahrt. Mit dem eigenen Lastwagen transportierte sie die Purit -Tonnen in den Gögginger Musentempel. Auch dort fand das Scheuerpulver keine letzte Ruhe. Die Idee, jedem Besucher auf die Eintrittskarte ein Päckchen Purit zu schenken, konnte nicht mehr verwirklicht werden. Die Zuschauer kamen, statt abends, jetzt bei Tag. Als Gläubiger.
    Neue Unkosten wurden unvermeidlich. Um sie klein zu halten, dingten die Brüder einen Mann, der einen Leiterwagen besaß. Im Schutz der Dunkelheit karrte der die Tonnen von Pfundpäckchen aus dem Theater und warf sie in die Wertach, die bekanntlich in die Donau mündet. Umweltverschmutzung war in jener Trümmerepoche noch nicht strafbar. Schon gar nicht in dieser ambulanten Form. Die Fluten nahmen das Purit mit und brachten es, ohne daß der russische Geheimdienst die Unterspülung bemerkt hätte, in den Ostblock. Messungen zufolge haben sich beide Gewässer mittlerweile von dem Reinigungsmittel erholt.
    Die Brüder Siegel konnten ihre Verluste ausgleichen. Um etliche Mark ärmer, waren sie doch um eine wesentliche Erfahrung reicher: In Krisenzeiten mag manch brillante Idee den Bach hinuntergehen. Aber auch, wenn sie allzu plötzlich enden.

Schwank im Freien

    Nach überkommener Vorstellung muß einer, der Künstler werden will, hungern und sich plagen, ohne zu verzagen. Hat er die Leidensstrecke durchgehalten und es stellt sich kein Erfolg ein, muß er, um zu überleben, sterben. Als bildender Künstler jedenfalls.
    Zu diesem Schluß ist das Autorengespann Just Scheu und Ernst Nebhut in einem Schwank gekommen. Er spielt im Malermilieu und trägt den konsequenten Titel Wer leben will, muss tot sein.
    Ich war gerade »zufallsfrei«, wie man den Zustand der Arbeitslosigkeit beim Theater umschreibt. Um festzustellen, ob aus einem schlechten Regieassistenten, der ich gewesen, nicht vielleicht ein brauchbarer Regisseur werden könnte, hatte ich mich an eine private Bühne, an das Dramatische Theater gewandt, das im großzügigen Haus einer Studentenverbindung untergekommen war. Es lag zentral. Nicht allzu weit vom Odeonsplatz und nur fünf Minuten von meinem Zimmer entfernt. Möglicherweise der tiefere Grund für meine Wahl.
    An einem kalten Wintertag ging ich hin. Bis ins Zimmer des Intendanten. Dort faßte ich meine bisherige künstlerische Laufbahn in einem Satz zusammen und fragte, ob ich nicht ein Stück inszenieren könnte.
    Martin Hellberg, der Leiter, ein temperamentvoller Theatermann von genialischer Zerfahrenheit, kam von der Bayerischen Landesbühne und hatte sich nun verselbständigt. Im Jahr der Währungsreform eine tollkühne Tat. Hellberg spielte alles. Klassisch, modern, ernst, heiter und als kaufmännischer Leiter verrückt. Neben dem Ensemble betrieb er ein Studio für den Nachwuchs. Ohne lange zu zögern, bestätigte er sich seinen sicheren Instinkt für Menschen. Er traute meinen dunklen Augen, vertraute mir Schwank und Nachwuchs an.
    »Inszenieren Sie das !«
    Hilfreich war wohl, daß ich von der gerade verblichenen Schaubude kam. Über Gage redeten wir beide vorsichtshalber

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