Frösche, die quaken, töten nicht: Roman (German Edition)
Bildschirm. »Darf ich?«, fragte er zwar
noch, aber wartete Livs »Na klar, gerne« gar nicht mehr ab.
»Aha, ›Juwelen
des Regenwaldes‹ werden die Pfeilgiftfrösche genannt, eine schöne Bezeichnung. Sie
kommen im tropischen Feuchtregenwald in Kolumbien vor«, stellte er nach kurzer Lesezeit
fest.
»Da gehören
sie auch ausschließlich hin!«, posaunte Liv ihre Meinung hinaus und las weiter mit.
›Als einzige Verteidigungswaffe haben die zwei Zentimeter kleinen Tiere tödlich
wirkendes Gift. Bei Stress, Bedrohung oder Berührung stoßen sie aus kleinen Hautdrüsen
am Rücken ihr starkes Gift mit einem speziellen Geruch und bitter brennendem Geschmack
aus.
Um an dieses
Gift zu kommen, halten die südamerikanischen Indianer die Frösche eine kurze Zeit
lang eingesperrt. Wenn sie zur Jagd gehen, versetzen sie die Frösche in Todesangst,
indem sie sie aufspießen oder über Feuer halten.‹
Liv stockte,
sah von Schenck an und sagte mit gerümpfter Nase: »Wie grausam.«
In Erwartung
von Verständnis entgegnete er: »Aber nur so können sie ihre Kinder und Familien
ernähren.« Liv reagierte nicht. Weiter lasen sie: ›Mit dem gewonnenen Schleim bestreichen
die Indianer die Pfeile, die sie durch ein Blasrohr abschießen. Die amerikanischen
Naturforscher John Dely und Bernard Witcap nannten dieses Gift Batrachotoxin. Es
stammt aus dem Altgriechischen und bedeutet Frosch, also Batrachos, und Gift, sprich
Toxin. Die Wissenschaftler stellten fest, dass dieses Gift die Funktion des Nervensystems
im menschlichen Körper stört. Ein einziger Tropfen Batrachotoxin im Körper des Opfers
stört den Ionenaustausch und die Durchlässigkeit der Nervenimpulszellen, das bringt
in kurzer Zeit die Herztätigkeit zum Stillstand.‹
»Faszinierend«,
sprach er auch Livs Gedanken aus.
»Schauen
Sie, welche Farbenpracht diese kleinen Frösche aufweisen: Rote, gelbe, sogar blaue
sind dabei. Sie sehen fast ein wenig unecht aus«, beschrieb er seinen Eindruck von
den Tieren.
Nun teilte
Liv von Schenck mit, was sie über dieses Thema von den Mitarbeitern wusste: »In
Gefangenschaft sind sie nicht leicht zu halten. Wenn das Klima in ihren Terrarien
nicht stimmt, sterben sie. Natürlich ist auch die richtige Ernährung wichtig.«
Karl von
Schenck wies mit einem Kopfnicken in Richtung Foyer. Was war das? Der Kellner Jörg
Olsson und die Rezeptionistin Margit Jung gingen betont unauffällig hintereinander
her. Er kniff ihr in den Arm, sie kicherte im Gehen und wandte sich kokett. Liv
verstand. Karl von Schenck blieb am Computer, sie folgte dem Paar.
Die beiden
verschwanden in einem kleinen Wirtschaftsraum. Die Tür blieb halb offen. Zum Glück,
denn so konnte Liv sie hören und durch den einfallenden Lichtschein schemenhaft
sehen.
Die Händen
tief in den Hosentaschen ihrer bequemen Stretchjeans vergraben, ging Liv betont
unauffällig an der Tür auf und ab. Ihr Blick richtete sich auf die Wände des Foyers,
an denen die üblichen Fotos von so genannten Prominenten hingen, die sich herabließen
zu beschreiben, wie schön der Aufenthalt gerade in diesem einen Hotel für sie gewesen
sei. Heidi Kabel war auch dabei, eine Frau, die Liv vom Alter her gerade noch kannte.
Konzentriert auf das Gespräch im Innern des Raumes, lehnte sie nun an einer Wand,
nahm sich einen Hotel-Prospekt, der auf einem Regal lag, und blätterte wieder einmal
interessiert darin herum.
Anscheinend
fühlten sich die beiden Turteltauben völlig ungestört. Sie hatten Augen und Ohren
nur füreinander.
»Wie viel
war es bei dir?«, flüsterte Jörg und näherte sich Margit auf Tuchfühlung.
»Die Woche
Mallorca für zwei Personen habe ich bald zusammen«, lachte sie und zog ihn noch
dichter an sich heran. Sie küsste ihn.
»In welcher
Jahreszeit?«, fragte er. »Wir sollten unseren Urlaub rechtzeitig beantragen. Aber
nicht am selben Tag, das würde sogar den Blödmännern hier auffallen.«
»Das merkt
niemand«, sagte die Rezeptionistin in abfälligem Ton. »Die sind doch alle zu sehr
mit sich beschäftigt.«
Sie kicherten.
»Und sie
sind damit beschäftigt, den Geldfluss zu kontrollieren«, ergänzte er. Nun küssten
sie sich innig. Das Abzweigen von Geld schien eine erotisierende Wirkung auf sie
zu haben. Es waren keine Worte mehr zu hören.
Aha, die
zwei zwackten Geld ab. Falsche Bestellungen bonieren oder gar nicht bonieren, was
bestellt wurde, da konnte schon einiges zusammenkommen, wenn es keine direkte Kontrolle
gab. Immerhin, eine Woche Mallorca für
Weitere Kostenlose Bücher