Frösche, die quaken, töten nicht: Roman (German Edition)
sein Handy? Gab es da nicht
so ein dem Briefgeheimnis vergleichbares Handygeheimnis oder wenigstens eine Art
Ehrenkodex? Und überhaupt, wer war diese Person?
»Hallo,
hier ist Liv Oliver, ist der Kommissar zu sprechen? Sorry, aber es ist wichtig,
sonst würde ich nicht außerhalb seiner Dienstzeit stören.«
»Kein Problem.
Moment bitte.«
Sie rief:
»Schatzi, eine Liv Oliver ist am Apparat, es sei dringend.«
»Liv, hallo,
was gibt es denn?« Frank war außer Atem und hatte wieder etwas von dem genervten
Tonfall drauf.
»Hast du
Besuch?«, fragte Liv. »Ich wollte euch nicht stören.«
»Ja, das
heißt, nein, meine Cousine hat sich eingeladen und nutzt mein Gästebett als billige
Übernachtungsmöglichkeit.«
»Wie auch
immer, Schatzi«, stichelte Liv. »Kennst du die Geschichte von den kleinen, bunten
Fröschen schon?« Diese Neuigkeit kam etwas gelangweilt aus Liv heraus, denn diese
angebliche, nie zuvor erwähnte Cousine hatte Liv gerade die Lust genommen, Frank
die Information freudig zu überbringen.
»Ich verstehe
kein Wort, bitte etwas genauer«, mahnte Frank ungeduldig. Er schien zunehmend genervt
zu sein. Und wenn es um den Beruf ging, verstand er noch nie Spaß.
»Die Pfeilgiftfrösche,
Mensch, hast du denn alles vergessen?« Unwirsch konnte Liv auch sein. Schließlich
tat sie ihm ja gerade einen Gefallen. »Aber wenn meine Berichterstattung nicht zur
rechten Zeit kommt, SCHATZ ! , dann ruf mich während deiner Geschäftszeiten
an. – Falls ich dann Zeit habe.«
›Rüpel,
Idiot, Lügner, Egoist!‹ All diese Beschimpfungen gingen Liv durch den Kopf. Sie
auszusprechen, hätte sie aber nicht gewagt. Ihre Gefühlswelt gegenüber Frank blieb
verborgen. Darin war sie geübt. Sie wusste, dass es besser so für sie war.
»Nu sei
nicht gleich beleidigt. Entschuldige, aber ich bin gereizt. Hier zu Hause fühle
ich mich wie im Hotel und in dem Fall komme ich nicht schnell genug weiter. Sag,
was hast du herausgefunden?«
Livs Froschgeschichte
schien ihm zu gefallen. Er bedankte sich brav und meinte, nun seien sie ja einen
kleinen Schritt weiter. Und falls Liv über Froschgift recherchieren würde, fände
er es sehr gut. Sie verabredeten sich für den nächsten Tag im Hotel. Liv verkündete
ihm ihren Wellness-Terminplan für den morgigen Tag, also vormittags eine Gesichtsmassage
und -packung sowie Ernährungsberatung und nachmittags Fitness. Er lachte kurz etwas
abfällig und meinte, er würde sie zwischendurch schon finden.
Lieber wäre
ihr gewesen, sie könnte sich auf sein Kommen zeitlich besser einstellen. Schließlich
war es völlig unnötig, dass er sie erneut mit fettigem Gesicht und noch fettigerem
Haar anträfe. Aber hatte Frank jemals von einer Cousine gesprochen? Liv konnte sich
jedenfalls nicht daran erinnern.
41
An diesem Abend ließ Liv sich von
den Anpreisungen der ›Wellness-Karte für Genießer‹ überreden, gesunde und regionale
Kost zu sich zu nehmen. Vom Büfett, das im Frühstücksraum aufgebaut war, wählte
sie eine leichte rheinische Kartoffelsuppe, ein kleines Stück rheinischen Aals mit
Löwensenf ›extra‹. Dazu ein echt Düsseldorfer Frankenheimer Alt – köstlich, befand
Liv. Und als Nachtisch ›für die Seele‹, wie Livs Großmutter aus dem Bergischen gern
belehrte, schwarze Kö-Diamanten, exklusiv vom Café Heinemann. Diese Pralinen-Kugeln
mit Nüssen und Zartbitterschokolade erschienen Liv wie immer bei den seltenen Anlässen,
an denen sie sie aß, einzigartig. Von dieser zart schmelzenden Düsseldorfer Spezialität
wollte sie unbedingt Karl von Schenck berichten.
›Das Leben
kann so schön sein …‹
Ihr Blick
schweifte zu dem Tisch, an dem vor zwei Tagen der Seniorchef gestorben war. ›Es
kann aber auch schnell zu Ende sein. Also, lass es uns genießen, Liv!‹, sagte sie
zu sich, prostete sich zu und nahm einen weiteren Schluck des schmackhaften Gebräus.
Irgendwann
verließ sie den Raum, um sich einen der Internet-Plätze zu sichern, die sich neben
dem Empfang in einem kleinen, halb offenen Raum befanden.
Zwei Computer
waren frei. Von ihrem Platz aus sah Liv Karl von Schenck, wie er neben seiner hübschen
Tochter mit Modelfigur und modischem Outfit zur Rezeption schlenderte. Sie bekamen
ihre Zimmerschlüssel ausgehändigt.
Karl von
Schenck entging nicht, dass Liv in ihrer dunklen Ecke saß. Er verabschiedete sich
von seiner Tochter, kam erhabenen Schrittes zu Liv, nahm sich einen freien Drehstuhl,
setzte sich neben sie und schaute auf den
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