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Frösche, die quaken, töten nicht: Roman (German Edition)

Frösche, die quaken, töten nicht: Roman (German Edition)

Titel: Frösche, die quaken, töten nicht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vera Sieben
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Tal, in dem unsere
Vorfahren gefunden wurden. Ich mixe vor Ihren Augen die Pflege zusammen. Ganz auf
Ihre Haut abgestimmt, keine Konservierung, keine Farbstoffe, nur Natur pur. Sie
werden gleich merken, wie gut es tut.«
    ›Eine Creme
nur für mich? Na, das hört sich klasse an.‹ Die Optik war allerdings anders, als
es das Auge gewöhnt war. Sehr natürlich, sehr neandertalig, fand Liv. Das Pulver
matschig braun, auch der Duft war recht natürlich, staubig-muffig. Julia stellte
prompt ein Duftlämpchen mit Orangenduft näher zu Liv heran. Dieser Duft überdeckte
den der Cremezutaten.
    »Solange
Sie kein Giftsüppchen für mich zusammenmixen, lasse ich es geschehen«, warnte Liv
vor. Ihrem Blick wich die Kosmetikerin weiter aus.
    Liv blieb
hellwach und ließ sich alles detailliert erklären. Den drei Zutaten mixte Julia
später noch eine vierte hinzu, gab durch Messlöffel genau bestimmte Mengen in ein
Tontöpfchen und rührte es mit einer helleren Grundcreme zusammen. Die gesamte Prozedur
von Massage, Dampfbad, dem Auftragen der Pflege, dem Einwirken, Abnehmen, weitere
Crememischung, Maske – alles in allem vergingen die Minuten wie im Nu. Wie nach
jeder Gesichtsbehandlung sah die Gesichtshaut etwas fettig, mitgenommen und gut
durchblutet aus, dadurch passte sich die rote Nasenspitze den Wangen an, beide Verfärbungen
ließen aber nach einiger Zeit nach.
    »Das war
wirklich toll, Julia, vielen Dank«, lobte Liv die junge Kosmetikerin. Die wurde
etwas rot und bedankte sich, verlegen auf den Boden schauend.
    Mit einem
guten Gefühl ging es direkt zur Massage, denn die Verspätung und die ausführliche
Gesichtsbehandlung ließen nun keine Pause mehr zu.

59
     
    »Hallo, ich bin Paul.«
    »Oh«, entfleuchte
es Liv, »ein Mann!«
    Dies nahm
er als Kompliment. »Wir können gleich beginnen.« Er zeigte auf die Umkleide.
    ›Verdammt,
wieder eine Überraschung‹, dachte Liv. Von fremden Männern hatte sie gerade eine
ungute Meinung. Sie fixierte ihn. Seine Stimme, seine Silhouette ähnelten ihrem
nächtlichen Besucher.
    Auf seine
tätowierten überdimensionierten Muskeln an den Oberarmen war er sichtlich stolz,
sonst würde er nicht dieses enge T-Shirt tragen, dessen bereits kurze Ärmel er noch
höher gekrempelt hatte. Weiter unter die Gürtellinie wollte Liv heute gar nicht
schauen, der obere Teil reichte. Er erfüllte damit bereits sämtliche Klischees eines
Mannes, der mehr seine körperliche Erscheinung pflegte als seine intellektuelle.
Sein Äußeres richtete er an Maßstäben aus, die der Türsteher-Branche entstammten:
Er war kleiner als Liv, das beruhigte sie, mit muskulösem Stiernacken und solariumgebräunt.
Vom eben noch getragenen gepiercten Gesichtsschmuck zeugten die Löcher am Rand der
linken Augenbraue, am rechten Nasenflügel und an den oberen Knorpelrundungen beider
Ohren. Lediglich mit seinen kleinen Brillanten auf dem Eckzahn konnte er bei diesem
breiten Lächeln mit gebleichten Zähnen noch auftrumpfen.
    »Arbeiten
Sie zusätzlich abends in der Altstadt?«, fragte Liv, die die Antwort schon kannte.
    »Ja, kennen
Sie das Flux? Dort gehöre ich zum Sicherheitspersonal«, sagte er nicht ohne Stolz.
    »Also doch,
ein Türsteher«, murmelte Liv. Von einem Flux hatte sie noch nicht gehört.
    Diesem von
den Geschwistern geschenkten Gaul wollte Liv nicht noch weiter ins Maul schauen
und ließ sich darauf ein, dass dieser Muskelprotz Hand an sie legte. Die sich aufbäumenden
Zweifel im Glauben an ihre gute Menschenkenntnis erstickte sie im Keim. Hinter dem
kleinen Raumteiler zog sie sich bis auf die Unterhose aus, wickelte sich in ein
großes, gelbes Handtuch, das für sie bereitlag, und hievte sich in Rückenlage auf
die Liege.
    Die Augen
wollte sie nicht schließen, ebenso wenig wollte sie, dass Paul die visuelle Fixierung
seines Körpers falsch deutete. So schaute sie im Raum herum, bis ihr Blick letztlich
doch wieder an seinem gedrungenen Oberkörper in V-Form hängen blieb. Diesen Rücken
züchtete er offensichtlich in einem Fitnessstudio an schwerem Gerät und mit einer
Menge Eiweiß-Futter.
    »Willst
du dein Handtuch nicht ablegen? Das wird eine Ganzkörpermassage, oder soll ich nur
deine Schienbeine massieren?«
    »Kennen
wir uns schon länger? Wusste ich gar nicht«, sagte Liv. Dass sie damit auf sein
ihr unangebracht erscheinendes Duzen anspielte, merkte er nicht. Sie rollte sich
in dem Handtuch herum in die Bauchlage und ersuchte ihn höflich, ihre Beine abzudecken.
    »Eine

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