Frösche, die quaken, töten nicht: Roman (German Edition)
Rückenmassage
reicht mir völlig, Paul, lassen Sie es darauf beschränkt. Ich glaube, da haben Sie
genug zu tun.«
»Ihr Wunsch
ist mir Befehl, Mylady«, brummte Paul. Liv schwieg.
Es lief
keine Musik, kein Kerzenduft inspirierte sie zu abschweifenden Gedanken. Dafür hielt
Paul Monologe über seine derzeitige Arbeit an Livs Rücken.
»Oh ja,
hier sind viele Verspannungen. Das wird schwer, die mit einer kurzen Behandlung
wegzubekommen.«
Ein Fingerdruck
wie ein Messerstich. Liv bäumte sich auf und konnte einen Schmerzensschrei nicht
unterdrücken. Liv biss sich auf die Lippen.
»Nichts
gewohnt, was?«
Von da an
war es nur noch schmerzhaft. Paul bohrte, quetschte und zerrte mit seinen Muskelfingern
in Livs Fleisch, dass sie nur schwerlich gleichmäßig atmen konnte.
»Das tut
weh!«, meckerte Liv unfreundlich.
»Das ist
mir klar, aber da musst du jetzt durch«, kam sein Widerwort und wenige Minuten massierte
er etwas oberflächlicher. Aber dann ging es weiter, an anderen Stellen auf ihrem
Rücken. Sie hatte den Ehrgeiz, ihm nicht mehr die Genugtuung eines Schmerzaufschreies
zu bieten, und hielt durch.
»Schluss,
das reicht!«, entschied Liv nach sieben Minuten. Ohne Widersprüche zu dulden, hielt
sie das Handtuch fest und ging rückwärts zum Raumteiler. Schnell zog sie sich etwas
über. Sie fühlte sich gänzlich verspannt, Kopfschmerzen kündigten sich an. Paul
stand da und guckte mit großen Kuhaugen. Er versuchte, sich noch zu retten, als
er meinte, die angenehme Wirkung einer therapeutischen Massage stelle sich zeitversetzt
ein.
»Das habe
ich sieben Minuten lang gehofft. Nun ist es genug. Quälen Sie bitte jemand anderen.«
»Na, Sie
hatten wohl eine besonders schlechte Nacht. Dass Sie komisch drauf waren, merkte
ich gleich, als Sie hereinkamen. Ich wünsche Ihnen gute Besserung!«, rief er Liv
nach.
Kurz stockte
sie. Aber sie hatte Wichtigeres vor, als sich auf ihn einzulassen. ›Woher weiß er
von meiner Horror-Nacht? Wollen mir hier alle an den Kragen?‹
Liv suchte
nach einem ruhigen Eckchen, in dem sie sich von dieser Strapaze erholen konnte,
und überlegte immerzu, ob die beiden Spender dieser Massage ihr eins auswischen
wollten. Von einem Muskelprotz drangsaliert zu werden, gehörte nicht unbedingt zu
den Erfahrungen, die Liv sich gewünscht hätte. Aber eine Erfahrung war es allemal
und sie war froh, dafür nicht bezahlt zu haben. Wärme und Entspannung waren ihre
einzigen Bedürfnisse. Im warmen Wasser des Schwimmbades legte sie sich auf den Rücken
und paddelte so vor sich hin, dann ging sie in die Sauna und zuallerletzt rieb sie
sich ihren Schulter- und Nackenbereich mit dem dort herumstehenden Franzbranntwein
ein, soweit sie die Stellen erreichte.
›Das müsste
reichen, um mich vor dem Schlimmsten zu bewahren.‹
Ihre Kopfschmerzen
wurden stechend. Sie ging in ihr Zimmer, zog die Vorhänge vor, kroch unter die Decke
und schlief sofort ein. Sie fühlte sich krank – krank von einer Massage?
›Kann eine
Massage solche Wirkungen haben oder steckt mehr dahinter?‹ Liv konnte nichts mehr
denken.
60
Es war dunkel, als Liv aufwachte.
Die Vorhänge konnte sie zugezogen lassen. Ihrem Hunger nach zu urteilen, musste
sie Stunden geschlafen haben. Langsam versuchte sie, ihr Befinden zu erfühlen. Die
Kopfschmerzen waren weg, im Schulter-Nackenbereich fühlte es sich nur noch ein bisschen
an wie Muskelkater. Wiederentdeckte Lebenskräfte erwachten in ihr. Sie machte sich
oberflächlich frisch, ließ die Haare mal offen und stieg in ihre Jeans. Sie ließ
sich vom Hunger ins Restaurant treiben. Das schlechte Gewissen, dass sie ihr heutiges
Fitnesstraining verschlafen hatte, hielt nur kurz an.
»Die Küche
hat leider schon geschlossen. Wir können Ihnen nur noch unsere kleine Karte anbieten«,
vertröstete Liv ein Kellner. Klein, als Nachtmahl, zu dem es ja nun wurde, war genau
das Richtige. Eine Hochzeitssuppe mit Baguette, und vorweg gegen den großen Durst
ein großes Schumacher. Liv rief Dag an.
»Klar passt
es mir.« Dag freute sich wirklich. »Schön, dass du anrufst. Geht es besser?«
»Ich esse
gerade eine Hochzeitssuppe.«
»Aha«, knurrte
Dag, »wenn du auf meiner Hochzeitsfeier gewesen wärst, wüsstest du, wie sie wirklich
schmecken muss. Aber du hattest damals ja etwas Besseres vor.«
»Genau –
damals! Du kennst doch meine Meinung über Hochzeitsfeiern. Sie sind mir zu scheinheilig.
Sogar, wenn du heiratest, sorry, Dag. Aber der Ehealltag ist doch schon am
ersten Tag
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