Frösche: Roman (German Edition)
keine Stelle, an der er seine Zähne ansetzen kann.
Während ich mir darüber Gedanken mache, geschehen in meinem realen Leben immer wieder Dinge, die mit der Handlung des Theaterstücks verknüpft sind, die übersteigerte Theatralik macht meine Gedankengänge immer wieder zunichte. Warum ich mich nun ganz und gar geniere, ist, dass ich in eine Falle getappt bin und mich aus der vertrackten Lage, in die ich mich gebracht habe, nicht mehr zu befreien weiß. Oder wie soll ich sagen: Ich weiß nicht, wie ich mit meiner neuen Rolle umgehen soll, wie ich das schultern soll.
Treuer Freund! Sie wissen, was mir das Herz schwer macht. Meine Befürchtungen, von denen ich Ihnen bereits schrieb, waren nicht unbegründet. Es ist wahr, unverrückbare Realität.
Kleiner Löwe hat es zuletzt doch zugegeben. Sie hat mir tatsächlich meine kleinen Kaulquappen gestohlen! Und Augenbraue damit künstlich befruchten lassen. Das Blut schoss mir bis in die Haarwurzeln, als ich es hörte. Ich rastete aus vor Wut. Wie von Sinnen schlug ich ihr mit aller Gewalt ins Gesicht.
Ich weiß, dass man nicht handgreiflich werden darf. Besonders jemandem wie mir, einem den Lorbeerkranz tragenden Dichter von Tragödien, von Dramen, steht eine solche Barbarei nicht an. Liebster Freund, ich war aber wirklich völlig außer mir vor Wut.
Als ich von der Floßfahrt mit dem kleinen Plattschädel zurückgekommen war, hatte ich begonnen, Nachforschungen anzustellen. Doch jedes Mal, wenn ich die Froschzuchtfarm betreten wollte, war ich von den Wachposten abgefangen worden. Ich versuchte, Yuan Backe und meinen kleinen Cousin per Telefon zu erreichen, doch sie hatten längst neue Handynummern. Ich versuchte, aus meiner Frau etwas herauszubekommen. Sie verhöhnte mich, ich wäre geisteskrank. Ich druckte mir alle Informationen aus, die die Froschzuchtfirma über ihr Leihmütterangebot und die Abwicklung der Schwangerschaft bei Bestellung eines Kindes auf ihrer Internetseite gab, ging damit zur Stadtverwaltung und erstattete gegen die Firma Anzeige beim Komitee zur Geburtenplanung. Das Komitee behielt zwar das von mir mitgebrachte Material, unternahm aber nichts. Ich ging daraufhin zur Polizei, um dort Anzeige zu erstatten. Aber die Sachbearbeiter am Tresen erklärten mir, dass diese Art von Anzeigen nicht in ihren Zuständigkeitsbereich fielen. Ich rief bei der Hotline des Bürgermeisters an. Der Telefondienst versprach, alle Informationen an den Bürgermeister weiterzugeben ...
Inzwischen sind bereits einige Monate verstrichen, Sugitani san. Als ich endlich aus dem Mund meiner Frau die Wahrheit erfuhr, war das Baby in Chen Augenbraues Bauch schon sechs Monate alt. Ich bin fünfundfünfzig Jahre alt, und nun soll ich mir nichts dir nichts noch einmal Vater werden.
Es gibt keinen Weg zurück, es sei denn, man wollte Risiken eingehen, brutale Medikamente verabreichen und auf diese Weise die Schwangerschaft beenden.
Als ich jung war, habe ich so meiner Frau das Leben genommen. Das ist der größte Schmerz in meinem Herzen und mein am schwersten zu sühnendes Verbrechen.
Obwohl ich jetzt schweren Herzens mit allem einverstanden bin, ist mein Entschluss doch sinnlos, Sugitani san, denn ich werde in diese Froschaufzuchtfarm nicht hineingelassen, und bekäme ich dort Zutritt, dürfte ich nicht einmal Augenbraues Gesicht sehen. Ich vermute, dass es dort viele geheime Kanäle und auch ein unterirdisches Labyrinth gibt, und von meiner Frau weiß ich, dass Yuan Backe und mein Cousin Mittelsmänner der eigentlichen Bande sind. Wenn die es mit der Angst zu tun kriegen, würden sie noch die eigene Mutter ans Messer liefern, denen ist alles zuzutrauen.
Kleiner Löwe bekam von mir eine Backpfeife, sie wich einige Schritte zurück und landete mit dem Hintern auf dem Boden. Ihre Nase blutete in Strömen. Sie gab lange keinen Ton von sich. Sie weinte nicht, sondern grinste böse und sagte dann: »Da hast du ja richtig zugehauen! Kleiner Renner, du bist ein Verbrecher! Dass du mich schlägst, beweist, dass dein Gewissen längst die Hunde gefressen haben. Ich habe es nur für dich getan. Du hast eine Tochter, aber keinen Sohn. Wenn du keinen Sohn hast, dann wird es keinen Stammhalter mit Namen Wan geben und die Familie stirbt aus. Es tut mir leid, dass ich dir keinen Sohn gebären kann. Um das wiedergutzumachen, habe ich jemanden gesucht, der dein Kind austrägt und für dich einen Sohn zu Welt bringt. Du bist mir aber nicht dankbar, sondern schlägst mich auch noch. Du
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