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Frösche: Roman (German Edition)

Frösche: Roman (German Edition)

Titel: Frösche: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Yan
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Aber wir befürchten, wenn wir einmal auf eurem Tisch liegen und die Narkose verpasst bekommen haben, dann geht ihr uns nicht nur an die Eier. Wir trauen euch zu, dass ihr uns den Schwanz auch noch mit abschneidet. Dann müssen wir wie die alten Muttchen in der Hocke pissen!«
    Die Sterilisation der Männer, die den Frauen ungemein genützt hätte, die nur einen einfachen, kurzen operativen Eingriff darstellte, der zudem keine großen Nachwirkungen oder Folgekrankheiten befürchten ließ, wurde über die Maßen boykottiert. Die Tante hatte mit ihren Helferinnen alles vorbereitet, aber niemand kam. Die Kommandostelle der Kreisgeburtenregelung rief täglich an und verlangte Zahlen. Sie war mit Gugu sehr unzufrieden. Die Kommuneparteikader hielten extra eine Sitzung ab, auf der zweierlei beschlossen wurde:
    1. Beim Sterilisieren der Männer müssen die Führungskader mit gutem Beispiel vorangehen. Dies muss unter den Kadern und Arbeitenden publik gemacht werden. Im Dorf müssen allen voran die Brigadekader den Anfang machen. Erst dann wird man es in der Bevölkerung propagieren.
    2. Diejenigen, die dagegen sind, dass Männer sterilisiert werden, und die Gerüchte streuen, sollen die Keule der proletarischen Diktatur zu spüren bekommen. Genügen sie den Anforderungen für eine Sterilisation, sperren sich aber dagegen, entzieht ihnen die Brigade als erstes die Arbeitserlaubnis. Fügen sie sich dann immer noch nicht, kürzt man ihnen die Reisration. Wenn sich Kader wehren, wird ihre Stelle gestrichen und ihnen ihre Position aberkannt. Wenn es sich um Angestellte des öffentlichen Dienstes handelt, werden sie entlassen. Wenn Parteimitglieder sich wehren, werden sie aus der Partei ausgeschlossen.
    Der Kommuneparteisekretär Qin Shan sprach höchstpersönlich durch das Megaphon zu den Leuten:
    »Die Geburtenplanung ist eng verknüpft mit unserer Volkswirtschaft, dem Lebensunterhalt für unser Volk. Die den Kommunen direkt unterstellten Abteilungen und die einzelnen Brigaden sind zuerst an der Reihe. Die Kader und Parteimitglieder, die für eine Sterilisation in Frage kommen, müssen den Anfang machen und sich operieren lassen. Sie müssen den Massen mit gutem Beispiel vorangehen.«
    Qin Shans Ton schlug plötzlich um. Mit einer Plauderstimme wie beim Familienplausch erzählte er:
    »Genossen, ich erzähl mal, wie es bei mir läuft. Meiner Frau haben sie, weil sie krank war, schon vor Jahren die Gebärmutter entfernt. Aber weil ich euch Männern die Angst vor diesem Eingriff nehmen will, habe ich mich dazu entschlossen, morgen Vormittag zu unserer Krankenstation zu gehen, um mich sterilisieren zu lassen.«
    Während seiner Rede verlangte er auch vom chinesischen Jugendverband, dem gesamtchinesischen Frauenverband und den Schulen, diesen Eingriff beim Mann mit Feuereifer zu propagieren, damit eine mächtige Sterilisationswelle anrollen könne.
    Wie bei allen bisherigen Kampagnen schrieb unsere Lehrerin Xue einen Sprechgesang, dessen Rhythmus mit dem Schlagholz unterstrichen wurde. Wir lernten ihn auswendig, so dass wir ihn in Höchstgeschwindigkeit hersagen konnten. Dann wurden Vierergruppen gebildet. Jeder bekam eine Flüstertüte aus Pappe oder Blech. Wir stiegen auf die Dächer der Häuser, kletterten auf die Bäume ins Geäst und begannen, lauthals zu schreien:
    »Genossen, macht euch keinen Kopf, in der Kommune fangt damit an! Was wir jetzt mit euch vorhaben, ist einfach, kommt auch nicht dem Sauschneider gleich!
    Ein kleiner Schnitt, nur fünfzehn Millimeter lang, nach einer Viertelstund schon wieder fit vom Bett er sprang.
    Er schwitzte und er blutete nicht, und fing am selben Tag noch zu arbeiten an.«
    In diesem ungewöhnlichen Frühling nahm die Kommune, so sagte mir meine Tante, an 648 Männern eine Sterilisation vor. Bei ihr persönlich kamen 310 unters Messer. Sie erzählte, man brauche den Massen eigentlich nur die Gründe ordentlich zu erklären und die politische Strategie festzulegen. Wenn die leitenden Kader den Anfang machten und Schritt für Schritt alles glatt laufe, könne man auch mit dem Verständnis der Leute rechnen. Sie würden dann mitziehen. Sie habe auf diese Weise viele Eingriffe gemacht. Der Großteil der Männer sei gemeinsam mit dem leitenden Kader seines Dorfes gekommen, der als gutes Beispiel den Anfang gemacht habe. Wirklich frech gewesen seien nur zwei, die hätten Schwierigkeiten gemacht. Da habe man dann geringfügige Zwangsmaßnahmen ergriffen, und gut war’s. Der eine sei unser

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