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Frohes Fest!

Frohes Fest!

Titel: Frohes Fest! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Jeschke (Hrsg)
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Kopf, hat sieben Himmel hier oben in Betrieb, aber der Weltraum gehört Big Tony nicht, und es gibt nichts, was jemanden daran hindern könnte, selbst ein paar Weltraumclubs in die Erdumlaufbahn zu bringen. Nun, vielleicht ist dieser Typ ein milliardenschwerer Unternehmer, der sich ein bißchen umsieht und den Plan hat, selbst in das Himmelsgeschäft einzusteigen. Wenn dem so ist, finde ich es besser rechtzeitig heraus.
    Ich gehe also an der Theke entlang bis dorthin, wo er sitzt, stelle mich vor und begrüße ihn: »Willkommen im Club Der Siebte Himmel. Erweisen Sir mir die Ehre und nehmen Sie einen Drink auf Kosten des Hauses, da Sie zum ersten Mal überhaupt unser himmlisches Etablissement besuchen und auch, weil es nur noch zwei Tage bis Weihnachten sind?«
    Er antwortet, sein Name sei Mike und nein danke, er wolle jetzt keinen weiteren Sarsaparilla haben. Er hat eine weiche, traurig klingende Stimme, und seine Worte sind fast so klar wie Glockenschläge. Aus irgendwelchen Gründen kann ich ihn sofort leiden. »Haben Sie schon einen anderen unserer Himmel besucht?« frage ich höflich.
    »Nein«, gibt er zurück und schüttelt den Kopf, »dieser ist der erste, den ich je betreten habe.«
    »Nun, Sie werden keinen besseren finden«, sage ich ihm. »Dieser ist von allen der beste, weil er zuletzt gebaut worden ist. Wenn etwas zuletzt gebaut wird, dann kann man aus den vorherigen Fehlern lernen und eine Menge Verbesserungen durchführen, an die man sonst nicht gedacht hätte.«
    »Ja, das ist absolut richtig.«
    Ich bin jetzt völlig davon überzeugt, daß der Gedanke, ein paar eigene Himmel in die Umlaufbahn zu bringen, Mike so fern liegt, wie der Andromeda-Nebel von Timbuktu entfernt ist, und daß er den Siebten Himmel aus keinem anderen Grund besucht, als seine Sorgen zu vergessen. Also frage ich ihn: »Soll ich Sie mit den Örtlichkeiten vertraut machen?«
    »Nun ja«, gab er zurück, »es würde mich freuen.«
    Ich führe ihn zuerst in den Wiesen-Raum. Es ist die zweitgrößte Abteilung im Weltraumclub, und wenn man ihn betritt, ist der erste Eindruck der, wirklich im Himmel zu sein. Der Boden ist mit einem Teppichbelag ausgelegt, der genau wie grünes Gras aussieht und auch so riecht. Die Decke ist perspektivisch so angelegt, daß sie wie ein blauer Himmel wirkt, und kleine weiße Wolken bewegen sich an unsichtbaren Drähten in einem imaginären Wind dahin. Es gibt auch eine künstliche Sonne, die so geschickt angebracht ist, daß es aussieht, als ob sie Millionen von Kilometern entfernt wäre, anstatt nur fünfzehn Meter. Alle vier Wände sind mit dreidimensionalen, elektronisch gesteuerten Bildern ausgestattet, die mit dem Boden und der Decke zusammenwirken und den Eindruck erwecken, der grüne Rasen und der blaue Himmel würden sich Kilometer um Kilometer nach allen Seiten erstrecken. Weit entfernt kann man grüne Hügel erkennen, auf denen Kühe weiden. Einmal habe ich Big Tony wegen der Kühe gefragt, ich sagte, wenn ich mich richtig erinnere, dann kommen Kühe nicht in den Himmel, worauf er antwortete: »Vielleicht nicht, aber dies ist zufälligerweise mein Himmel, und wenn ich Kühe darin haben will, dann kriege ich sie auch.«
    Die Roulettetische und die Cocktailbars sind in Grün gehalten und sehen wie ein Teil der Natur aus. Alle Bars sind besetzt, als Mike und ich hereinkommen, und wie üblich machen die Roulettetische ein Spitzengeschäft. Die Stimmen der Croupiers und die der Besucher werden auf angenehme Art von Tonbandmusik untermalt, und die Engel laufen mit Tabletts voller Drinks hin und her. Es sind keine richtigen Engel, natürlich nicht, aber Big Tonys 100-70-95 Mädchen tragen künstliche goldene Flügel und nicht viel mehr.
    Mike schaut nach oben. Dann betrachtet er den grünen Rasen, der sich kilometerweit in jede Richtung auszudehnen scheint. Er blickt zur Seite auf die Engel. Er staunt über all die Männer und Frauen, die sich in den Bars aufhalten. Er starrt auf die überfüllten Roulettetische. »Meine Güte!« stöhnt er und dann: »Kein Wunder.«
    »Kein Wunder, warum?« frage ich.
    Er schaut mich mit seinen traurigen blauen Augen an und wendet dann seinen Blick ab. »Ich … ich glaube, daß ich lieber nicht darüber sprechen will.«
    Doch ich merke, daß er trotzdem darüber sprechen will, was immer es auch ist, aber ich zwinge ihn nicht dazu. Ich merke, wie ich ihn von Minute zu Minute besser leiden kann. »Kommen Sie!« fordere ich ihn auf. »Ich werde Ihnen den See-Raum

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