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Frohes Fest!

Frohes Fest!

Titel: Frohes Fest! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Jeschke (Hrsg)
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bereitstellen, zu mir und stelle ihn ihr vor, denn ich denke, ein Engel ist genau das, was er braucht, um sich zu entspannen. Dann entschuldige ich mich mit der Begründung, daß ich noch die Bücher durchsehen müsse, und ziehe mich in mein Büro zurück.
    Als ich einige Stunden später in die automatische Bar zurückkehre, ist Mike verschwunden. Natürlich bin ich der Ansicht, daß er und Pinky einige gemeinsame Interessen gefunden und sich in eins der Separees begeben haben. Doch wer kommt da auf mich zu, wenn nicht Pinky selbst und zwar alleine, mit einem Gesicht wie sieben Tage Regenwetter. »Du hast vielleicht Nerven«, legt sie los, »hängst mir einen Langweiler wie diesen an den Hals! Wo hast du den denn aufgegabelt – auf einem Asteroiden?«
    Ich werde wütend. »Ist das der Dank dafür, daß ich dich zur Abwechslung einmal einem wirklichen Gentleman vorgestellt habe und dir Gelegenheit gebe, deinen Horizont zu erweitern?« will ich wissen. »Wo ist er jetzt?«
    »Ich weiß nicht, wo er ist«, antwortet Pinky, »und es ist mir auch egal. Er hat mir noch nicht einmal einen Drink spendiert – er saß einfach da und nippte an seinem blöden Sarsaparilla und starrte meine Flügel an. Und als ich fragte: ›Was ist los – gefallen Ihnen meine Flügel nicht?‹ sagte er: ›Tut mir leid, Miss MacFarlane, ich wollte nicht unhöflich sein. Es ist nur so, daß es mir schwerfällt, mich an einige mehr prosaische Aspekte der neuen Ordnung der Dinge zu gewöhnen.‹ Also frage ich ihn: ›Was ist denn neu daran, daß ein Mädchen Flügel trägt? Wir Mädchen von Big Tony tragen diese Dinger, seit der Himmel Nummer 1 eröffnet wurde, und …‹«
    »Schon gut, kümmere dich nicht darum«, unterbreche ich sie. »Sag mir nur, wo er hingegangen ist.«
    »Ich habe dir schon gesagt, daß ich es nicht weiß. Ich habe ihn überredet, in den Wiesen-Raum zu gehen, ich dachte, er würde vielleicht dort etwas lockerer werden, doch wir kamen nicht bis dorthin. Als wir durch die Himmelspforte traten, fiel er hinter mir zurück, und als ich mich umsah, war er verschwunden.«
    »Wahrscheinlich hat er eine der frühen Raumfähren zurück zur Erde genommen«, überlege ich laut. »Er sah irgendwie müde aus.«
    »Aber im Dock lag nicht eine Raumfähre. Das weiß ich genau, denn ich habe nachgesehen.«
    »Wahrscheinlich hatte die, auf der er war, schon abgelegt.«
    So muß es gewesen sein, denn in dieser Nacht habe ich nichts mehr von ihm gesehen. Zu der Zeit, als ich mich um fünf Uhr morgens zurückziehe, hatte ich ihn schon ganz vergessen, aber ich erinnere mich sofort wieder an alles, als Big Tony am späten Nachmittag in meine Suite kommt, wo ich gerade am Frühstücken bin. »Big Tony«, sage ich, »ich habe einen Mann für Nummer 5 gefunden«, und erzähle ihm die ganze Geschichte.
    »Natürlich, Peter«, erklärt er, nachdem ich geendet habe. »Ich werde mit ihm reden. Bring ihn in meine Suite, sobald er auftaucht!«
    Mike kommt mit der 20.15 Uhr-Fähre, doch es ist genauso wie am Abend vorher; obwohl ich an der Himmelspforte stehe, um die Kunden zu begrüßen, sehe ich ihn nicht, bevor er in die automatische Bar kommt. Ich stelle fest, daß er ganz schön nervös ist, denn bei jedem Schritt blickt er über die Schulter. »Was hat Big Tony dazu gemeint, Peter?« fragt er mich mit leiser Stimme, als er sich zu mir an der Bar gesellt, wo ich mit einem großen, blonden Engel namens Doris stehe. »Will er mich sehen?«
    »Bleiben Sie ganz ruhig, Mike«, antworte ich. »Sie haben sich viel zu viel überflüssige Sorgen gemacht. Kommen Sie, ich bringe Sie zu ihm!«
    Big Tony ist in seinem Speisezimmer beim Abendessen. Er bedeutet uns mit etwas, das wie der Rest einer Lammkeule aussieht, auf zwei Stühlen Platz zu nehmen. Der Tisch ist überladen mit Täubchen, Hummer, Fasan, Ente, Spanferkel, Kalbsbries, Kalbskoteletts, geräuchertem Fisch, Trauben, Orangen, Äpfeln, Mandarinen, Spargel, gerösteten Maiskolben, Brötchen, Butter und diversen anderen Dingen. Es ist ein großer Tisch, doch Big Tony läßt ihn klein erscheinen. Das liegt daran, daß er ein voluminöser Mann ist. Nach einem Essen erreicht seine Masse manchmal 260 Kilo. Er hat ein wirklich breites Gesicht, doch das Fleisch ist nicht schlaff, wie man erwarten könnte, denn Big Tony ist noch jung.
    Immer, wenn er redet, erscheint auf seinem Gesicht ein Glänzen. Einige Leute behaupten, das käme von einem Schweißfilm, der es bedeckt. Doch ich weiß es besser; das Glänzen

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