Frohes Fest!
spekulieren. Kommt er vielleicht aus dem Weltraum? Lebt er wirklich mit seinen Elfen irgendwo am Nordpol in einer anderen Dimension? Hat er eigentlich auch eine Familie? Welche Geschenke bringt er uns – nicht nur Puppen und anderes Spielzeug, sondern vielleicht auch einmal den wirklichen Frieden?
Ist er weiß, schwarz, oder vielleicht sogar ein Chinese? Oder ist er einfach nur ein Mensch, der aus einer besonderen Eingebung heraus anderen Menschen hilft?
Solange diese Welle des Glaubens an Weihnachten um die Welt geht, erzeugt sie vielleicht eine Art von Kraftfeld, innerhalb dessen wirklich Magie möglich ist, Geister zum Leben erweckt werden, Wunder geschehen?
Möglicherweise besteht das eigentliche Wunder darin, daß der Geist der Weihnacht über religiöse Strangulierung, kalte Geschäftemacherei und bloßes Besitzstreben hinweg überleben kann, sich niemals unterdrücken läßt.
Wie auch immer – wir haben dieses Buch mit Geschichten begonnen, die wir als ›positive Satiren‹ bezeichnen möchten, gehen dann zu eher klassischen Weihnachtsgeschichten über und enden mit Erzählungen, in deren Inhalt das phantastische Element anscheinend fehlt, doch dafür geht es um die Phantasie als eine menschliche Eigenschaft, die gerade zu Weihnachten – manchmal – zum Tragen kommt.
In diesem Sinne – frohe Weihnachten!
Uwe Luserke & Wolfgang Jeschke
Ian Watson
Wenn Jesus den Schornstein runter kommt
Also Jamie, wenn Pappi dir sagt, du sollst ins Bett gehen und du gehst nicht, dann kommt Jesus nicht durch den Schornstein runter!
Oh, du kannst absolut noch nicht einschlafen?
Was? Ich soll dir die ganze Geschichte von Jesus erzählen und auch vom Nikolaus? Das würde ja mindestens bis neun dauern.
Naja, vielleicht … (Nein, ich verwöhne den Jungen nicht!)
Dann kuschel dich mal schön in deinen Stuhl am Kamin, Jamie, und hör mir zu. Und ich werde dich hinauf ins Bett tragen, bevor du auch nur die Hälfte gehört hast, wetten?
Am besten fange ich mit dem Nikolaus an.
Wir wissen ja alle, daß Nikolaus in einem armseligen Stall zwischen Hühnern und Ziegen geboren wurde. Die meisten seiner Landsleute waren arm und Niks Eltern machten da keine Ausnahme. Keine Schuhe an den Füßen, keine leckere Torte in der Speisekammer. Meistens nicht einmal eine Speisekammer. Eine Menge dieser Leute wohnte in Zelten, und im Winter war es ganz schön kalt! Drei Zauberer waren tausend Meilen weit gewandert, um bei der Geburt Niks dabeizusein. Sie folgten einem strahlenden Kometen am Himmel und als Geschenk brachten sie ihm einen Zaubersack. Aus dem konnte man alles herausholen, was man sich wünschte. Niks Mutter wollte die Nachbarn nicht neidisch machen, also versteckte sie den Sack. Außerdem wurde ihr Land gerade von der römischen Armee besetzt. Sie fürchtete, wenn die Römer von dem Zaubersack hörten, würden sie ihn ihr wegnehmen und ihrem wilden, gierigen Kaiser geben.
Als Nik erwachsen wurde, gab ihm seine Mutter das Geschenk der Zauberer und erklärte ihm alles. Nik entschloß sich augenblicklich, seine Landsleute mit Geschenken zu überhäufen, aber er schwor, daß er nichts für sich selbst aus dem Sack holen würde. Also trampte Nik durch das Land mit dem Sack auf der Schulter und gab den Leuten, was ihr Herz begehrte oder was sie am nötigsten brauchten. Er hielt seinen Schwur, nichts für sich zu nehmen. Trotzdem gab es da eine Witwe, die einen schönen roten Mantel mit einem Besatz aus Angorawolle haben wollte und dann hinterher darauf bestand, daß nicht sie, sondern Nik ihn tragen sollte. Ein Aussätziger, dessen Füße verkrüppelt waren und abfaulten, verlangte nach einem Paar fester, schwarzer Stiefel und drängte sie dann Nik auf.
Das war nicht alles. Eine solche Anzahl dankbarer Leute nötigten Nik Brot und Käse aus ihren mageren Vorräten auf, gar nicht zu reden von den Fischen und dem Obst und Fleisch und Milch und Wein – und er konnte die Sachen nicht gut zurückweisen – daß er innerhalb von ein paar Jahren richtig dick wurde!
Tja, und dann verhafteten ihn schließlich die römischen Soldaten. Alle die schönen Geschenke, die aus Niks Sack kamen, brachten eine sowieso kaum rentable Wirtschaft aus den Fugen. Sie schwächten die Währung. Sie ließen viele Leute die angebotenen Arbeitsplätze ablehnen und brachten den kolonialen Arbeitsmarkt durcheinander.
Die Römer stülpten den Zaubersack über Niks Kopf. Sie ließen ihn damit einen Hügel hinaufmarschieren
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