Frontlinien
unbedingt frisch und ausgeschlafen, aber er sah viel besser aus, als sich Chakotay fühlte.
»Warum scheint es Ihnen so gut zu gehen?«
»Ich habe hin und wieder eine Nacht in einer klingonischen Bar verbracht«, erklärte Paris.
»Ich möchte alles über diesen Raum erfahren«, sagte
Chakotay, als sie sich etwas näherten, das nach einer
verriegelten Tür aussah. »Ich möchte über jeden
Belüftungsschlitz Bescheid wissen, über jede Tür und jedes Fenster.«
»Verstanden.«
Chakotay strich mit der Hand über die glatte Metallwand.
»Anschließend überprüfen wir die externen Bereiche, soweit das möglich ist – alle Korridore und Wächter, die wir von den Fenstern aus sehen können. Captain Janeway wird versuchen, zu uns zu gelangen, und ich möchte ihr auf halbem Wege begegnen.«
»Dort hinein.« Der edesianische Wächter – einer von zwei, die Janeway begleiteten, nachdem Lekket sich von ihr
verabschiedet hatte – deutete auf eine Tür. »Sie haben vier Stunden Zeit, um zu schlafen. In dem Zimmer finden Sie frische Kleidung und Gelegenheit zu einem Bad.«
»Ich möchte lieber zu meinem Schiff gebracht werden«,
erwiderte Janeway und blieb stehen, als die Tür beiseite glitt.
Der Wächter schüttelte den Kopf. »Derartige Anweisungen habe ich nicht bekommen.«
Nein, natürlich nicht. Janeway nickte und betrat den Raum.
Hinter ihr schloss sich die Tür.
Ein einfaches Quartier: ein schmales Bett, ein Tisch mit Stuhl, eine Kommode mit drei Schubladen und eine zweite Tür, die ins Bad führte.
»Verwendet ihr eigentlich immer nur graue Farbe?«, fragte Janeway laut.
Sie begann mit einer Untersuchung. Sie sah in die
Schubladen der Kommode, blickte unters Bett, kontrollierte das Bad – nichts deutete auf visuelle oder akustische Sensoren hin. Was nicht bedeutete, dass es keine gab. Vielleicht hatten die Edesianer ihre Überwachungsgeräte nur gut versteckt.
Vier Stunden. Zu viel Zeit, und doch nicht genug.
Janeway schloss die Augen und konzentrierte sich auf die Geräusche um sie herum. Es klang nach Maschinen und
Aggregaten: wiederaufbereitete Luft, künstliche Gravitation, vermutlich auch Ventilations- und Kühlsysteme, außerdem Anlagen, um die Raumstation zu verteidigen. Sie hörte und fühlte es, kategorisierte alles, um Dinge zu bemerken, die nicht in diese Kulisse gehörten. Anschließend brauchte sie den Hintergrundgeräuschen keine Beachtung mehr zu schenken.
Sie versuchte, die Tür zu öffnen. Verriegelt.
Sie tastete die Wände ab, und ihre Hände strichen über kühle Glätte. Eine schmucklose Gefängniszelle.
Janeway sah zum schmalen Bett, das sie an ihre Müdigkeit erinnerte. Sie berührte die weiche Decke und schwor sich, nicht Platz zu nehmen. Wenn sie sich setzte, so befürchtete sie, früher oder später der Versuchung nachzugeben und sich hinzulegen – und dann kam unweigerlich der Schlaf. Schlafen aber bedeutete, dass sie ihre einzige Chance verpasste.
Wenn sie jetzt handelte, gelang es ihr vielleicht, die Voyager zu retten. Sie war allein, zum ersten Mal seit der Übernahme ihres Schiffes, und darin sah sie einen Vorteil. Bestimmt hielt draußen im Korridor jemand Wache und zweifellos gab es weitere Wächter zwischen ihr und der Voyager. Sie hatte keinen Phaser oder Kommunikator, nicht einmal einen
Tricorder. Sie stand im wahrsten Sinne des Wortes mit leeren Händen da, ohne irgendeinen Gegenstand, der sich als Waffe verwenden ließ.
Bei einer genaueren Untersuchung des Quartiers fand sie: ein Kissen; ein Stück Stoff, das vermutlich ein Handtuch war; eine edesianische Uniform, offenbar für sie gedacht; und die dünne graue Decke auf dem Bett. Sie passte zu den Wänden, zu den Uniformen, zu den Schiffen, zur Nahrung und offenbar auch zum edesianischen Wesen.
Graue Leute auf einem blauen Planeten.
Rasch streifte Janeway die eigene Uniform ab und zog die edesianische Kleidung an. Wenn sie fliehen wollte, war es besser, wie eine Edesianerin auszusehen.
Ihre Gedanken rasten – sie musste sich konzentrieren.
Praktisch alles konnte in eine Waffe verwandelt werden, und Janeway richtete einen prüfenden Blick aufs Bett. Sie riss die Decke beiseite und warf die dünne Matratze zu Boden.
Das metallene Gerüst wies Scharniere auf, damit es
zusammengeklappt werden konnte. Janeway lächelte.
Militärische Feldbetten schienen überall gleich beschaffen zu sein…
Sie griff nach der Stange, die vom Kopf- bis zum Fußende reichte, zog versuchsweise an ihr. Dann trat sie
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