Fronttheater
Abendessens und anderer Freizeitgestaltung zu treffen.
Diesmal wurde es auch dem leidgewohnten Walter Meyer zuviel. Mit einem Fluch riß er Sonja die Pralinen aus der Hand und warf sie aus dem Fenster.
Wütend starrte Sonja ihn an. »Wenn du jetzt auch noch anfängst, auf Bonbons eifersüchtig zu sein«, schrie sie, »dann hast du mich die längste Zeit gesehen!«
Sie ging zur Tür. Bevor sie sie zuwarf, drehte sie sich noch einmal um. »Und damit du es weißt, ich werde mit dem Kerl ausgehen. Zum Abendessen!«
»Ich werde sie eines Tages noch umbringen!« knirschte Meyer in hilfloser Wut.
»Geht das mit euch schon wieder los?« Fritz Garten sah Walter Meyer strafend an. »Du führst dich auf wie ein Idiot, Walter!«
Meyer knirschte mit den Zähnen.
Garten nickte nachdenklich und musterte einen kräftigen Knüppel, der in der Zimmerecke lehnte. Er nahm ihn und wog ihn in der Hand. Dann wandte er sich zur Tür. »Ich werde mal ein ernstes Wort mit deiner Dame sprechen.«
Walter sprang erschrocken auf und starrte auf den Knüppel. »Aber Fritz …« Er versuchte, Garten zurückzuhalten.
»Du bleibst gefälligst hier!« Garten stieß ihn zurück und schloß die Tür hinter sich.
»Hat der gute Walter dich geschickt, um sich zu entschuldigen?« Böses ahnend, sah Sonja auf den wippenden Knüppel.
»Nein.« Fritz Garten spielte immer deutlicher mit dem Stock. »Du wirst heute abend nicht mit diesem Zahlmops ausgehen, verstehst du? Von heute an wirst du dich überhaupt so benehmen, daß Walter nicht jeden Tag einen kleinen Nervenzusammenbruch bekommt. Halt den Mund! Jetzt rede ich«, sagte er schroff, als Sonja ihn unterbrechen wollte. »Und bei der nächstbesten Gelegenheit wirst du Walter heiraten, verstanden?« Er hielt ihr den Stock unter die Nase.
»Ich weiche der Gewalt.«
»Und du wirst nicht mit diesem Kerl ausgehen?«
Sonja grinste ihn an. »Wieso denn? Ich wollte den Walter bloß ein bißchen auf die Palme bringen.«
»Es hat sich ausgepalmt, verstanden?«
»Brutaler Kerl«, sagte Sonja, als Garten das Zimmer wieder verließ. Aber sie lächelte dabei.
Walter Meyer sah Garten ängstlich an, als der wieder zurückkam und den Knüppel in die Ecke stellte.
»Ihr werdet demnächst heiraten«, erklärte Garten kategorisch. »Ich habe dir eben Sonjas Ja-Wort geholt.«
Der Onkel Kreisleiter hatte prächtig vorgearbeitet. Die Prinz-Albrecht-Straße griff zu. Jetzt schwitzte ›Kurti‹.
»Sie wollen uns doch nicht weismachen, daß alle Anschuldigungen aus der Luft gegriffen sind! Halten Sie uns für blöd?«
Der SD-Mann starrte wütend auf Kurt Planitz, der mit bleichem Gesicht vor ihm saß und nervös mit seinem Taschentuch spielte.
»Sie sehen die Dinge völlig falsch«, verteidigte sich Planitz. »Ich kann mir wirklich nicht vorstellen, daß Garten jemals einen Einsatzbefehl für das Partisanengebiet hatte.«
»Ach, der ist dann zu seinem reinen Vergnügen in die Wildnis gefahren, was?« Der Sturmführer sah Planitz mit einem zynischen Lächeln an. »Und wahrscheinlich haben Sie auch damals in Posen nie Gartens Frau umgebracht, was?«
Planitz fuhr sich mit dem Taschentuch über die feuchte Glatze. »Ein Mißverständnis«, stammelte er.
»Ein Mißverständnis. Sieh mal an.« Der Sturmführer trommelte mit den Fingern auf die Akte, die vor ihm auf der Tischplatte lag.
Planitz setzte zu neuer Verteidigung an:
»Sie glauben diesem Schmierenkomödianten mehr als mir? Ich bin alter Parteigenosse, Herr Sturmführer.«
Der SD-Mann blätterte in der Akte. »So alt nun auch wieder nicht, mein Lieber. Sie haben nur rechtzeitig aufs richtige Pferd gesetzt.« Wieder schlug er die Seiten um.
Planitz sagte nichts. Mit einem leisen Schaudern starrte er auf die dicke Akte.
Wie viele Seiten? dachte er verzweifelt. Wo die Kerle das wohl alles herhaben?
Ein kaltes Kribbeln zog ihm die Schultern empor.
»Man darf nicht alles glauben, was einem so zugetragen wird«, sagte er. »Es gibt eine Menge Neider …«
»Quatschen Sie nicht!« fuhr ihn der Sturmführer an. »Wir werden diesen Herrn Garten holen lassen und Ihnen gegenüberstellen.«
»Ja.« Es klang heiser und gepreßt.
»Und die anderen Zeugen natürlich auch …«
Planitz nickte.
Vor seinen Augen begann das Zimmer sich zu drehen.
Aus, dachte er. Endgültig aus.
Nur eins kann mich noch retten. Garten darf nie nach Berlin kommen! Garten darf nie aussagen!
»Darf ich Ihnen einen Vorschlag machen, Sturmführer?« Planitz mußte sich an der
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