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Fronttheater

Fronttheater

Titel: Fronttheater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Sommerfeld stand wie versteinert, mit hängenden Armen.
    »Weiter!« zischte Garten aus der Kulisse. »Mach weiter!«
    »Lore!« schrie Jupp Doelles verzweifelt und wehrte sich gegen die Landser, die ihn festhielten.
    Der einzige, der kapierte, was da vor sich ging, war Leutnant Kramer.
    »Laßt den Doelles los!« schrie er durch das Toben.
    Lore stand immer noch reglos, mit weitaufgerissenen Augen, totenblaß unter der Schminke.
    »Lore!«
    Sie griff sich an den Hals, taumelte.
    Fritz Garten ließ den Bühnenvorhang fallen und konnte Lore gerade noch auffangen.
    »Loslassen!« schrie Doelles und schlug auf die Landser ein. »Loslassen, ihr Idioten!«
    »Lassen Sie den Mann los.« Leutnant Kramer stand plötzlich neben ihnen. Er sah Hauptfeldwebel Müller strafend an. »Sie hätten doch eigentlich kapieren müssen, was los ist, Müller.«
    »Kommen Sie, Doelles«, sagte Kramer dann und faßte den Obergefreiten am Arm. »Wir gehen hinter die Bühne.«
    Fritz Garten schleppte die ohnmächtige Lore in die provisorische Umkleidekabine. »Der Jupp – der Jupp«, murmelte er und strahlte.
    Lore kam wieder zu sich und sah sich mit großen, fragenden Augen um.
    Fritz Garten setzte sie auf eine Kiste. Und dann fiel ihm die unterbrochene Vorstellung wieder ein.
    »Wir müssen weitermachen«, sagte er. »Ich erzähle vor dem Vorhang schnell einen Witz und dann … Tja, was dann?« Er war restlos durcheinander.
    »Ich mach das schon«, sagte Sonja Deppe kameradschaftlich. »Ich zieh mir das kurze, grüne Kostüm an und hopse ein bißchen rum …«
    »Aber nicht in dem Grünen«, protestierte Walter Meyer. »Du weißt genau, daß ich den kurzen Fummel nicht leiden kann. Und du hast versprochen …«
    »Walter«, sagte Sonja hoheitsvoll. »Heute abend gelten Ausnahmegesetze.«
    Lore und Doelles standen sich gegenüber. Schweigend, sprachlos völlig überwältigt von dem Wiedersehen. Alle anderen hatten sich diskret verkrümelt.
    »Lore«, flüsterte Doelles. Sein Hals war rauh und wie zugewachsen. Er trat zaghaft einen Schritt näher.
    Lore versuchte ein Lächeln. Sie hatte nie gewußt, daß Lächeln so anstrengend sein kann.
    »Wie geht es dir, Jupp?«
    Mein Gott, was ich für ein dummes Zeug rede. Als wenn ich auf der Bühne stünde, zitternd vor Lampenfieber, dachte sie.
    »Nun bist du wieder da …« Doelles stockte. Es kam ihm plötzlich zu Bewußtsein, wie dumm und hölzern er sich benahm. »Ach, Lore.« Er riß sie in seine Arme, hielt sie fest, als ob er sie nie wieder loslassen wollte.
    »… und sie sagten alle, du wärst gefallen. Aber ich wußte doch …«
    Es war, als wenn plötzlich ein Damm gebrochen wäre, als ob alle angestaute Zärtlichkeit mit einemmal nach draußen drängte.
    »… ich habe ihn Juppi genannt – nach dir«, stammelte Lore und grub ihr Gesicht in seine Schulter.
    »Ein Junge?« sagte Jupp fassungslos. »Ich habe einen Jungen?«
    Lore nickte. »Er sieht genauso aus wie du. Und frech kann er sein …« Sie brach ab, bog den Kopf zurück und sah Jupp an. In ihren Augen standen Tränen. »Ach, Jupp, daß ich dich wiederhabe …« Ihre Hände schlangen sich um seinen Hals.
    Draußen auf der Bühne verneigte sich Sonja vor den wild applaudierenden Landsern.
    »Na, Jungs? Was wollt ihr jetzt hören?« Sie trat dich an die Rampe und sah herausfordernd in die Zuschauerreihen.
    »Tanzen! – Tanzen!« grölten die Männer.
    »Machen wir«, nickte Sonja gnädig. Sie wandte sich an Walter Meyer, der am Klavier saß. »Also einen Swing, wenn ich bitten darf, Herr Kapellmeister!«
    »Du bist ein Biest«, flüsterte Meyer.
    Leutnant Kramer und Irene Berthold hatten sich nach draußen hinter den Autobus zurückgezogen.
    »Ich hätte nie geglaubt, daß wir uns wiedersehen«, sagte Kramer stockend und streichelte Irenes volles dunkles Haar.
    Irene nickte. »Ich freue mich ja so für Lore«, sagte sie. »Keiner von uns hat daran geglaubt, daß ihr Jupp noch lebt.«
    »Und an uns hast du nicht gedacht?« Es lag kein Vorwurf in Kramers Stimme. Nur etwas Trauer.
    »Aber natürlich.« Irene hob sein Gesicht empor und sah ihn lächelnd an. »Aber wir konnten uns doch wenigstens schreiben, während Lore …« Sie unterbrach sich, ihr Blick prüfte nachdenklich das Gesicht des jungen Offiziers. »Du bist anders geworden«, stellte sie fest, »erwachsener. Damals …«
    »Es ist viel Zeit vergangen«, sagte Kramer lächelnd. »Aber hier drinnen«, er legte ihre Hand auf sein Herz, »hier drinnen hat sich nichts

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