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Fronttheater

Fronttheater

Titel: Fronttheater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Schreibtischkante festhalten, um nicht umzusinken.
    Der Sturmführer nickte.
    »Ich fahre selber nach Rußland. Ich werde Ihnen alle Unterlagen beschaffen. Ich will Ihnen beweisen, daß ich das Opfer einer planmäßigen Verleumdungskampagne bin. Es gibt gewisse Kreise, die jetzt im Kampf um den Endsieg unseres Volkes bewußt Mißtrauen säen …«
    Der SD-Mann unterbrach ihn mit einer gelangweilten Handbewegung.
    Nachdenklich sah er eine Weile vor sich hin. Planitz fühlte sich hundeelend.
    »Also gut. Fahren Sie«, hörte er endlich die Stimme des Sturmführers. »Ich lasse Ihnen die Papiere ausstellen. Sie werden sich auf der Reise täglich bei den lokalen SD-Dienststellen melden, verstanden? Ich verlange Kontrollstempel für jeden Tag!«
    »Vielen Dank, Herr Sturmführer«, stammelte Planitz mit einer servilen Verbeugung. »Ich werde das Vertrauen …«
    »Gehen Sie. Sie reisen morgen früh.«
    Er wartete, bis Planitz die Tür hinter sich geschlossen hatte. Dann nahm er das Telefon ab und wählte eine Nummer.
    »Beschatten lassen«, sagte er in den Hörer. »Setzen Sie ihm einen Mann auf die Spur, der ihn Tag und Nacht bewacht. Täglich Berichte. Aber was er auch tut, greifen Sie nicht ein.« Er hob den Blick zur Decke. »Auch nicht, wenn er einen Mord begeht …«
    Die Kompanie wurde für ein paar Tage aus der Front gezogen. Kurz nach Mittag erreichte sie ihre Ruhestellung in einer Kolchose.
    Der Kolchosleiter war ein älterer, spitzbäuchiger Sonderführer.
    »Sind Sie der Spieß von diesem Haufen?« wandte er sich an Hauptfeldwebel Müller.
    Müller nickte und musterte gelangweilt den wohlgenährten Etappensoldaten.
    »Bjelkino hat eben angerufen«, sagte der Sonderführer. »Da gastiert heute abend so 'ne Theatergruppe. Schicken Sie Ihre Leute hin, damit die Bude voll wird.«
    »Danke«, sagte Müller kurz. Dann ging er in die Scheune, wo seine Männer schon auf dem Stroh lagen.
    »Mal herhören! – Wer heute abend nach Bjelkino ins Theater gehen will – in einer halben Stunde antreten! – Aber rasiert und mit gewaschenem Hals, wenn ich bitten darf.«
    »Kommste mit?« wandte er sich dann an Doelles.
    Der Obergefreite verzog das Gesicht. »Wenn ich an die letzte Truppe denke … Die alte Oma …« Er rieb sich das stoppelige Kinn. »Vorher rasieren – hast du gesagt?«
    Die Vorstellung hatte schon angefangen, als Leutnant Kramer mit zwanzig Mann seiner Kompanie anrückte.
    Walter Meyer stand mit Morgenrock und angeklebtem Bart auf der Bühne und quittierte den Applaus für seine Zauberkunststücke mit einer tiefen Verbeugung.
    »Und jetzt komme ich zum Höhepunkt meiner Darbietung, zum Zersägen einer lebenden Jungfrau.«
    »Det is jut«, sagte der Unteroffizier Pumpe, als er sich mit Doelles und dem Spieß in eine der hinteren Sitzreihen zwängte.
    Kramers Leute bekamen von Meyers Glanznummer nicht viel mit. Als sie endlich saßen, war schon alles vorbei. Der Sarg war durchgesägt, und Sonja, die ›Jungfrau‹, stand wieder heil und in voller Lebensgröße auf der Bühne.
    »Menschenskind«, flüsterte Doelles und erhob sich halb von seinem Sitz.
    Pumpe zog ihn zurück. »Nu dreh nicht gleich durch«, sagte er grinsend. »Da kommste nich ran.«
    »Die kenn ich doch!« murmelte Doelles und schüttelte Pumpes Hand ab. »Die war doch damals auch dabei, als ich Lore …«
    »Schnauze!« zischte ein Landser hinter Doelles.
    »Ich könnte wetten …«, murmelte Doelles. Er richtete sich sehr gerade auf, um keinesfalls etwas zu übersehen, was nun auf der Bühne geschehen würde. Wenn jetzt noch ein bekanntes Gesicht auftaucht …
    Hinter einem Rupfenvorhang, der die Bühne von den Umkleideräumen trennte, stand Lore Sommerfeld und wartete auf ihren Auftritt.
    Sie trug ein kurzes Kleidchen mit Puffärmeln. Ihre blonden Haare waren zu Zöpfen geflochten.
    Meyer riß seinen falschen Bart ab und setzte sich an das alte Klavier. »Na, dann wollen wir mal wieder«, sagte er gemütlich und nickte Lore zu.
    Nach den ersten Klavierakkorden trat Lore als Schulmädchen auf die Bühne, einen Finger im Mund. Sie machte einen kindlichen Knicks und spielte dann mit ihren Zöpfen.
    Die Landser applaudierten freundlich; Walter Meyer hämmerte auf dem verstimmten Klavier herum.
    Da gellte aus dem dunklen Zuschauerraum ein Schrei bis zur Bühne herauf.
    »Lore! – Lore!«
    Doelles war aufgesprungen und auf die Bank gestiegen.
    »Lore!«
    Er stieß Müller und Pumpe zurück, die ihn festhalten wollten.
    »Lore!«
    Lore

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