Froschkuss (German Edition)
die Worte von Lars nicht mehr aus dem Kopf. Warum wollte er wissen „was da los“ ist. Und vor allem: Was war da los? Lars hatte nicht sehr überrascht ausgesehen, sondern so, als ob das Umkippen von Celine für ihn etwas Normales war. Zehn Minuten später bekam ich von meinem Chef eine Mail, gesendet von seinem iPhone (na klar!):
Celine muss drei Tage im Krankenhaus bleiben. Geh bitte zum Speed-Dating-Termin morgen Abend. Gruss Lars.
14. Kapitel
„Sonia, schön, dass du dabei bist“, begrüßte mich eine mollige, auf den ersten Blick sympathisch wirkende Frau um die dreißig mit welligen schulterlangen braunen Haaren, die sich als „Ina“ vorstellte und mir gleich mein Namenskärtchen reichte, das ich mir anstecken solle. Wir beide verharrten einen Moment an einem weißen Stehtisch, auf dem eine rote Kerze in Herzform brannte. „Hier ist dein Flirtbogen“, erklärte mir Ina und ich blickte gespannt auf das Papier, auf dem links mehrere Männernamen zu sehen waren und daneben runde Felder zum Ankreuzen:
Weiterer Kontakt erwünscht?: Ja oder Nein!
Sie bat mich, noch meine E-Mail-Adresse und meine Handynummer aufzuschreiben, falls es eine Übereinstimmung geben würde. Sie hätte nur die Kontaktdaten von Celine, die sich ja ursprünglich angemeldet habe. „Warst du schon einmal bei einem Speed-Dating für Singles?“, fragte mich Ina und schob den Ärmel ihrer weißen Bluse zurück, die um die Brüste herum etwas spannte.
„Nö“, antwortete ich wahrheitsgemäß, „muss ich irgendetwas bedenken?“
„Eigentlich nicht“, erwiderte die Veranstalterin, der Sonia zuvor 25 Euro für diesen Abend überwiesen hatte. „Versuch einfach locker zu bleiben!“ Sie nickte mir noch einmal kurz zu, um sich dem nächsten Gast, einem fast zwei Meter großen Burschen in Jeans und Flanellhemd zu widmen. Ich war das erste Mal in der Kneipe, in der das Speed-Dating stattfinden sollte. Ungefähr zwanzig Tische mit jeweils zwei Stühlen, auf denen schon einige Single-Frauen Platz genommen hatten, standen auf der einen Seite des nur schwach beleuchteten Raumes in einer Reihe. Auf jedem Tisch brannte einen Kerze in einem Glas, das mit Sand und Muscheln gefüllt war. Die Wände waren in einem warmen Ockerton gestrichen, was dem Raum eine heimelige Atmosphäre verlieh. Die männlichen Kandidaten befanden sich fast alle an der Bar, ein Glas Bier oder Wein in der Hand. Als ich mich an einen freien Tisch setzte, kam kurze Zeit später eine Kellnerin mit hochtoupierten schwarzen Haaren und perfekt gemaltem schwarzen Eyeliner, bei der ich mir einen Weißwein bestellte. Worauf hatte ich mich da nur eingelassen? Während Lars wahrscheinlich jetzt händchenhaltend an Celines Krankenbett saß (grrr!), musste ich hier den Job meiner Kollegin erledigen, nämlich eine Undercover-Reportage über das Speed-Dating schreiben für Celines Serie: „Blond, jung, probiert.“
Ich war total aufgeregt, obwohl ich gar nicht darauf aus war, hier jemanden kennen zu lernen. Fünf Minuten sollten die Gespräche an einem Tisch dauern. In dieser Zeit galt es, möglichst viel über den jeweiligen Mann zu erfahren, um sich für ein weiteres Kennenlernen zu entscheiden, oder eben „Nein“ anzukreuzen. Die Kandidaten an der Bar sahen eigentlich alle ganz normal aus, die meisten von ihnen waren wohl zwischen zwanzig und dreißig Jahre alt, mal mit mehr, mal mit weniger Haaren gesegnet, und trugen überwiegend Jeans, Hemden oder T-Shirts; also Anzugtypen waren nicht dabei. Ich trank einen Schluck Wein und dann forderte Ina die Herren auf, doch bitte Platz zu nehmen: „Zum Glück ist auch unser letzter Single-Mann eingetroffen“, sagte sie und aus den Augenwinkeln sah ich den Rücken eines Typen im weißen Hemd, der sich schnell an einen Tisch in der hinteren Ecke verzog. Mein erster Gesprächspartner hieß laut Namensschildchen „Oliver“ und erzählte mir, dass dies bereits seine fünfte Speed-Dating-Veranstaltung sei. Er fragte mich nach meinem Alter, was ich beruflich mache und warum ich immer noch Single sei. Als Ina nach fünf Minuten auf den Gong schlug, war ich froh, ihn loszuwerden und kreuzte ohne große Überlegung „Nein“ an. Alle Männer rückten nun einen Tisch weiter und vor mir nahm „Siggi“ Platz, ein IT-Spezialist mit Nickelbrille und unreiner Haut, der „endlich eine Familie gründen wollte“. Er musterte unverhohlen meinen Busen und sagte: „Du hast schöne Augen!“ Nach fünf Minuten kreuzte ich erneut das „Nein“
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