Froschkuss (German Edition)
füllige Frau mit perfekt gestylter blonder Föhnfrisur präsentierte gerade eine Leoparden-Tunika aus Mikrofaser: „Mit dieser Tunika werden Sie sich wie eine Göttin fühlen“, flötete sie und griff in den Stoff. „So weich und anschmiegsam – wie eine zweite Haut! Bestellen Sie jetzt zum einmaligen Einführungspreis von 99 Euro. Lassen Sie sich dieses Schnäppchen nicht entgehen!“ Mikrofaser? War das nicht der Stoff, aus dem diese Putzlappen hergestellt werden? Unten im Bild wurde nun eine Hotline-Nummer eingeblendet und die Anzahl der noch vorhandenen Artikel in der jeweiligen Größe. Offensichtlich war die Leoparden-Tunika ein absoluter Verkaufsschlager, denn während die Moderatorin weiterredete, sank die Anzahl der zu verkaufenden Teile quasi von Sekunde zu Sekunde. „In Größe 38 sind wir bereits ausverkauft“, bestätigte dann auch die Dame und lächelte haifischartig in die Kamera. „Leider ist unser Kontingent begrenzt, deshalb bestellen Sie jetzt sofort!“
Das ist doch ein ganz mieser Verkaufstrick, dachte ich und gähnte. Einfach das Angebot reduzieren und schon stellt sich dieser Krabbeltischeffekt ein: Wer zuerst zugreift, sichert sich den Hüftslip zum Schnäppchenpreis. Nicht doof gemacht, das muss man diesen Fernsehleuten lassen. Ich griff zum Telefon und bestellte mir eine Tunika in Größe 36. Eigentlich hatte ich Größe 38, aber das Teil sah ganz schön groß aus. Dann schlief ich auf dem Sofa ein. Als ich mitten in der Nacht aufwachte, hatte mich jemand zugedeckt. Leon? Fahles Mondlicht drang durch die Balkontür ins Zimmer und ich erkannte Oskar, der lang gestreckt auf dem Teppich lag. Ich war zu faul aufzustehen und in mein Bett zu gehen, deshalb drehte ich mich einfach um und zog die Decke über den Kopf.
Am nächsten Tag im Büro stieß ich fast mit Celine zusammen, die mit geröteten Wangen und einem grünen Apfel in der Hand aus dem Büro von Lars kam, gerade als ich in die Küche wollte, um mir den ersten Kaffee des Tages zu holen. „Oh, sorry“, sagte sie und hielt ihre Hand schützend vor ihren Bauch. Sie trug, ganz ungewohnt für mich, ein schillerndes und gar nicht figurbetontes Hängerkleidchen aus grüner Wildseide und eine Strähne ihres sonst immer perfekt gestylten rotblonden Haares stand kringelig zur Seite ab.
„Schon okay“, erwiderte ich, aber da hatte sie sich schon umgedreht und trippelte auf flachen Ballerinas in Richtung Redaktionsräume. Nachdem ich meinen Kaffee geholt hatte, stieß ich mit der Schulter die Tür auf und setzte mich an meinen Computer. Ich begrüßte kurz Sophie und Dominic, die bereits in ihre Arbeit vertieft waren, pfefferte meine Tasche unter den Tisch und stellte meine Kaffeetasse ab. In dem Moment, als ich mich seufzend auf meinen Bürodrehstuhl fallen lassen wollte, rumste es hinter mir und dieses Geräusch ging mir durch Mark und Bein. Erschrocken drehte ich mich um und hörte Sophie schreien: „Oh Gott, Celine!“ . Meine Lieblingskollegin lag auf dem Boden, ihr Haar wie ein Fächer auf dem Boden verteilt. Der grüne Apfel war ihr aus der Hand gefallen und rollte mir vor die Füße. Für einen Augenblick hatte ich das Gefühl, als ob sich das Märchen Schneewittchen und die sieben Zwerge vor meinen Augen abspielte: Ich hab den Apfel nicht vergiftet!
„Sophie, was stehst du da rum, hilf mir doch mal!“
Ich kniete mich neben Sophie, die Celines Wangen tätschelte: „He, Celine, was ist los?“
Dominic, der heute einen gruseligen schwarzweißen Rautenpulli trug, brachte ein Glas Wasser und hielt es uns entgegen.
Sophie nahm es, und ich hob Celines Kopf etwas an und legte mir ihn auf den Schoß. „Sollten wir sie nicht in die stabile Seitenlage bringen?“, fragte Dominic besorgt.
„Ne, ruf’ mal lieber den Notarzt“, erwiderte ich, „vielleicht ist es was Schlimmes!“
In diesem Moment flatterten Celines Augenlider: „Was ist passiert?“, murmelte sie und richtete sich abrupt auf. „Alles klar?“, fragte Sophie und hielt ihr das Glas Wasser vor die Nase. Sie nahm es und trank es in einem Zuge aus. „Danke, das tat gut.“ Von einem Moment auf den anderen ging es ihr viel besser, auch wenn sie bleich aussah und sich auf ihrer Stirn Schweißtropfen gebildet hatten. In der Zwischenzeit hatte Dominic Lars Bescheid gesagt, der darauf bestand, Celine in die Klinik zu fahren. „Komm“, forderte er sie auf und reichte ihr seine Hand, „ich will wissen, was da los ist!“
Als die beiden weg waren, gingen mir
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