Froschkuss (German Edition)
der Schulter ziehen würde wie zuvor meinen Trenchcoat im Flur. Er war für mich, ehrlich gesagt, nicht gerade der Traumprinz, sondern eher ein Froschkönig, aber ...
„Warum hast du eigentlich geweint?“, fragte er mich plötzlich und riss mich damit aus meinen Gedanken.
„Mir ging’s halt nicht so gut“, antwortete ich ausweichend.
Er stellte seine Teetasse ab und berührte mich leicht am Oberarm: „Ist es wegen Lars?“
„Wie kommst du denn darauf?“, erwiderte ich mürrisch und zog meinen Bademantel zusammen, der sich beim Sitzen geöffnet hatte.
„So wie du den immer anguckst!“
„Ich weiß gar nicht, was du meinst“, giftete ich zurück, woraufhin Leon kaum merklich die Schultern hängen ließ. „Ich dachte nur“, stammelte er, „ist aber auch egal. Geht mich ja nichts an.“ Die Stimmung war im Eimer, und das war allein meine Schuld. Kurze Zeit später verabschiedete er sich, er müsse noch arbeiten. Ich wollte ihm noch irgendetwas Versöhnliches nachrufen, aber mir fiel spontan nichts ein. Später im Bett nahm ich meinen Mac zur Hand, um meine Mails zu checken. Es war eine Nachricht von Ina im Postkasten:
Liebe Sonia,
herzlichen Glückwunsch! Beim Speed-Dating hast du Bens Namen angekreuzt, und er hat deinen Namen ebenfalls ausgewählt! Ich wünsche euch beiden viel Spaß, vielleicht ist dies ja der Anfang einer großen Liebe! Ich würde es euch wünschen!
Mit besten Grüßen
Deine Ina
Etwas weiter unten hatte sie Bens Mail-Adresse und seine Handy-Nummer notiert. Ich überlegte kurz, dann schrieb ich meiner Speed-Dating-Bekanntschaft schnell eine Mail, denn unangenehme Angelegenheiten soll man nicht auf die lange Bank schieben:
Lieber Ben,
ich habe soeben von Ina eine Mail bekommen, dass auch du meinen Namen angekreuzt hast; das freut mich sehr. Leider können wir uns nicht wiedersehen, da ich mich in einen anderen Mann verliebt habe – sorry. Ich wünsche dir alles Gute, hoffentlich findest du bald die Frau deines Lebens! War nett, dich kennen zu lernen ...
Liebe Grüße
Sonia
Ich surfte kurz im Internet, als das „Pling“ für meinen Mail-Eingang ertönte:
Hi Sonia,
kein Problem! Sechs Frauen wollen mich wiedersehen, schon morgen besucht mich eine auf unserem Hof. Ich habe mich auch gefreut, dich kennen zu lernen und wünsche dir viel Glück mit deiner neuen Liebe!
Gruss Ben :D
15. Kapitel
Es regnete und regnete. „Warum ist zur Kieler Woche eigentlich immer schlechtes Wetter?“, maulte Karla und lehnte sich im Strandkorb zurück, um nicht noch nasser zu werden. Wir beide saßen dicht beieinander, zwei Sektgläser in der Hand, und beobachteten die vielen Menschen, die an der Kiellinie entlang Richtung Innenstadt unterwegs waren oder zur NDR-Bühne oder dem Bootshafen wollten. In der ganzen Stadt herrschte Ausnahmezustand. Schon seit Tagen waren sämtliche Zufahrtstraßen ins Zentrum gesperrt worden, damit die Veranstalter in Ruhe ihre Buden, Stände und Musikzelte aufbauen konnten. Der Duft von frisch gebrannten Mandeln drang mir in die Nase und Musik dröhnte aus verschiedenen Lautsprechern – von Hip Hop bis zur Volksmusik aus dem Bayernzelt. Karla und ich saßen auf der Terrasse vom Louf , denn von hier aus konnte man alles super beobachten. Schräg gegenüber von uns hockte eine Gruppe von jungen Typen an einem Holztisch, die ein Bier nach dem anderen bestellten und auf ihren Smartphones herumtippten. „Simsen die sich gegenseitig?“, flüsterte mir Karla zu und ich prustete los: „Sieht fast so aus!“ Wir kicherten und blickten auf die Förde, die dunkel vor uns lag, nur von den Lichterketten der Segelschiffe und Boote erleuchtet. Karla trug eine Röhrenjeans und Gummistiefel mit Blumen und dazu ein rotes Regencape mit Kapuze. Ihre schwarzen Haare klebten feucht an ihrem Kopf und ihr Gesicht war vom Sekt etwas gerötet. „Wann wollt ihr eigentlich heiraten?“, fragte ich sie schließlich und bemühte mich, meiner Stimme einen neutralen Ton zu geben. Die Nacht in der Wohnung von Karim hatten wir beide noch nicht zur Sprache gebracht. „Noch in diesem Jahr“, erwiderte sie und ihre Stimme klang gar nicht begeistert. Oder bildete ich mir das nur ein? „Karim will noch die Steuervorteile nutzen“, fuhr meine Freundin fort und blickte gedankenverloren in die Ferne. Wie romantisch, dachte ich, fehlt nur noch die Ausformulierung eines Ehevertrages, um das Glück perfekt zu machen. „Karim will auch noch, dass wir uns über einen Ehevertrag einigen. Du
Weitere Kostenlose Bücher