Froschkuss (German Edition)
wollen weg von unserem Provinzimage und den urbanen, hippen und konsumaffinen Großstädter ansprechen.“
„Aber Kiel ist nicht Hamburg!“, widersprach ich und meine Kollegen, bis auf Celine, murmelten etwas Zustimmendes. „Ich weiß auch nicht, warum sich unsere Leser für ein Designhotel in Timbuktu interessieren sollen. Ich meine, wir haben doch genügend tolle Hotels, zum Beispiel auf Sylt oder in St-Peter-Ording.“
„Genau“, stimmte Dominic zu und verschränkte seine Oberarme vor der Brust. Bernd Blome, der bis jetzt still auf einem Stuhl in der ersten Reihe gesessen hatte, stand auf und meldete sich zu Wort: „Sie dürfen unsere Pläne nicht missverstehen“, sagte er mit lauter, kräftiger Stimme, „wir wollen Ihr Magazin doch gar nicht komplett ummodeln. Aber der Wettbewerb auf dem Printmarkt hat sich in den vergangenen Jahren immer weiter zugespitzt. Dazu kommt noch das aktuelle Angebot aus dem Internet, das sich die Leser größtenteils kostenlos herunterladen können! Das alles zwingt uns dazu, unser Profil perfekt zu justieren, glauben Sie mir.“
„Hauptsache, wir behalten unsere Jobs“, seufzte Gitti, die in einem schwarzen Walle-Walle-Kleid hinter mir saß. Bernd Blome öffnete einen Knopf seines blauen Jacketts: „In dieser Hinsicht kann ich Sie beruhigen: Ihre Arbeitsplätze sind gesichert!“
Es kam mir so vor, als hätte ich Sätze wie diesen schon tausendmal gehört: „Die Renten sind gesichert“, „Die Benzinpreise bleiben stabil!“ oder: „Die Zahl der Arbeitslosen ist erneut gesunken“. Aber was sollten wir schon dagegen unternehmen? Wir mussten darauf vertrauen, dass Bernd Blome sein Wort hielt.
Als wir am frühen Abend, nachdem wir doch noch einige Ideen in Arbeitsgruppen erarbeitet hatten, im Restaurant an einem langen Tisch mit lindgrünen Stühlen saßen und unsere Pastinakensuppe löffelten, wurde ich das Gefühl nicht los, dass Bernd Blome uns zum Abschied eingeladen hatte. Vielleicht, um sein Gewissen zu beruhigen? Freundlich lächelnde Kellnerinnen servierten uns Steaks sowie Kartoffeln, Bohnen, geschmorte Tomaten und Pilze, die sich in kleinen runden Steinguttöpfen befanden. Nach dem Dessert schlug Blome vor, den Abend in der Bar ausklingen zu lassen, die sich in einem schmalen Raum mit hellgrünen Vorhängen befand, in dem das Designkonzept des Hauses konsequent fortgeführt wurde. Eine lange Theke mit Barhockern dominierte den Raum. Ich setzte mich mit Sophie auf eine mit silbernen Leder bezogene Bank, während die anderen an der Bar ihre Drinks bestellten. Lars brachte uns zwei Hugos: „Bitte sehr die Damen“ und gesellte sich dann gleich zu Celine, die seitlich auf einem Barhocker saß und ihre langen schlanken Beine präsentierte. Eifersüchtig beobachtete ich, wie die beiden sich angeregt unterhielten. Lars stand ganz dicht neben ihr (zu dicht!), lächelte charmant und berührte dabei ihren Oberarm. Sophie nippte an ihrem Hugo. „Meinst du, die sind zusammen?“, wisperte sie mir ins Ohr. „Keine Ahnung!“, antwortete ich etwas zu heftig, „geht mich ja auch nichts an.“
Sophie ließ sich von meiner Reaktion nicht beirren, sondern stieß mir ihren Ellenbogen in die Seite: „Guck doch mal! Sonia. Der ist doch total heiß auf die, wenn du mich fragst.“
Dich fragt aber keiner, hätte ich am liebsten geantwortet. „Warum auch nicht?“, sagte ich stattdessen betont gleichgültig und schlug meine Beine übereinander. Dominic ließ sich neben uns auf die Sitzbank fallen: „Na, Mädels, ordentlich am lästern?“
„Wie kommst du denn darauf?“, entfuhr es mir peinlich berührt, und ich spürte, wie ich rot wurde. Zum Glück war die Bar nur schwach beleuchtet. Während Dominic sich mit Sophie über einen aktuellen Bestseller unterhielt, richtete ich meinen Blick weiterhin auf Lars und Celine. Neben den beiden saßen Gitti und Bernd Blome, die sich offensichtlich nicht so viel zu sagen hatten. Als unsere Empfangsdame sich schließlich vom Barhocker hinabgleiten ließ und ihren weit schwingenden schwarzen Rock glatt strich, atmete unser Chef in spe erleichtert aus. Ich überlegte kurz, ob ich nicht auch hoch ins Hotelzimmer gehen sollte, aber in diesem Moment kam Blome auf mich zu und reichte mir seine Hand: „Ich würde mich gern auch mit Ihnen kurz unterhalten“, sagte er und zog mich, ohne eine Antwort abzuwarten, an seine Seite. Die zwei Barhocker direkt neben Lars und Celine waren in der Zwischenzeit von zwei Businesstypen in Beschlag
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