Froschkuss (German Edition)
genommen worden, deshalb schob mich Blome ein Stück weiter. „Was trinken Sie?“, fragte er, nachdem ich Platz genommen hatte. „Ein Glas Weißwein“, erwiderte ich und blickte ihn erwartungsvoll an. Er bestellte sich ein Bier und als der Barkeeper unsere Getränke abgestellt hatte, prostete er mir zu: „Auf eine gute Zusammenarbeit!“
Er musterte mich kurz, als müsse er meine Person erst einmal einordnen. „Ihr Artikel über das Speed-Dating hat mir gut gefallen!“
„Das freut mich“, erwiderte ich geschmeichelt.
„Erzählen Sie mir doch einmal, was Sie bei Citylight bisher so alles gemacht haben.“ Nichts lieber als das, dachte ich, denn ich rede gern über meine Arbeit. Normalerweise halte ich mich allerdings zurück, da sich die meisten nicht besonders für meinen Job interessieren. Für viele ist es schon einmal unverständlich, dass man mit Schreiben Geld verdienen kann, denn Schreiben könne doch eigentlich jeder, so die allgemeine Einschätzung. Bernd Blome verfolgte meinen Redefluss aufmerksam und unterbrach mich nur, wenn er eine Frage hatte. Ich nannte ihm mein gesamtes Aufgabengebiet, also Reportagen, Berichte und Nachrichten schreiben, Fotos aussuchen, Texte redigieren und Termine in ganz Norddeutschland wahrnehmen. Ein bisschen hörte sich das so an, als ob ich täglich von morgens bis abends im Stress war, was genau genommen nicht ganz der Wahrheit entsprach, aber Blome sollte schon wissen, dass ich eine Mitarbeiterin war, auf die man nicht so ohne weiteres verzichten konnte. „Dann sind Sie ja eine wichtige Säule des Magazins!“, resümierte Blome dann auch am Ende meiner Rede folgerichtig und nickte anerkennend. Er verlor kein Wort zum Ende meines Zeitvertrages, deshalb keimte in mir die Hoffnung auf, doch bei Citylight oder von mir aus auch bei Live bleiben zu können. Lars kam zu uns herüber, tippte Blome auf die Schulter und die beiden zogen ab, sodass ich plötzlich ohne Gesprächspartner war. Dominic und Sophie saßen immer noch eng nebeneinander auf der Sitzbank und unterhielten sich. Gerade flüsterte Dominic meiner Kollegin etwas ins Ohr, woraufhin sie mit vorgehaltener Hand loskicherte. Ich winkte den beiden Turteltäubchen zu und suchte meine Zimmerkarte, die sich in meiner Handtasche befand. Nachdem ich noch kurz auf dem Klo war, fuhr ich mit dem Aufzug nach oben. Plötzlich spürte ich, wie müde ich war. Außerdem war ich auch nicht mehr ganz nüchtern. Ich freute mich darauf, gleich in mein frisch gemachtes Hotelbett zu hüpfen und mich noch ein wenig durch die TV-Programme zu zappen. Die Tür des Aufzuges öffnete sich und ich stieg in den Flur hinaus. Waren das nicht ...? Tatsächlich: Celine und Lars verschwanden in diesem Augenblick gemeinsam im Zimmer von Celine, das sich fast am Ende des Flurs befand. Frustriert steckte ich meine Zimmerkarte in den Schlitz, aber nichts passierte. Diese Dinger machen mich wahnsinnig. In jedem Hotel funktionieren sie anders. Mal muss man die Karten reinstecken und warten, bis das grüne Licht erscheint, in anderen Hotels muss man die Karte reinstecken, wieder herausziehen und warten, bis das grüne Licht erscheint und so weiter. Da lobe ich mir den guten alten Hotelschlüssel mit Nummer. Endlich klappte es, und ich konnte in mein Zimmer rein. Als ich mich auf mein Bett fallen ließ, liefen mir bereits die Tränen die Wangen runter. Ich war nicht wirklich traurig, sondern eigentlich in erster Linie sauer auf mich selbst. Warum konnte ich mir Lars nicht endlich aus dem Kopf schlagen? Er war schließlich nicht der einzige Mann auf der Welt! Nachdem ich heiß geduscht hatte, hüllte ich mich in den weißen Hotelbademantel und zwirbelte mein nasses Haar mit einem Handtuch zum Turban. Ich holte mir eine eiskalte Cola-Light aus der Minibar und schaltete die Glotze an. Sollte er doch mit seiner Celine glücklich werden. Das war mir so etwas von egal, jawohl. Alles nur eine Frage der Einstellung. Es wurde endlich Zeit, dass ich mich den wichtigen Dingen meines Lebens widmete, zum Beispiel meiner Karriere. Vielleicht bekam ich bei Live endlich die Chance, groß herauszukommen. Blome war mir gegenüber jedenfalls sehr viel wohlwollender als Lars, der immer etwas zu meckern hatte. Wer weiß, vielleicht hatte ich sogar das Zeug dazu, irgendwann Chefredakteurin zu werden. Das wäre doch cool! Endlich hatte ich einen Film gefunden, der mir gefiel. Eine junge etwas pummelige blonde Frau mit großer Brille stieß gerade in einem hippen
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