Froschkuss (German Edition)
und ich stellte mich in die Reihe der Wartenden, die hier ebenfalls aussteigen wollten. Ich hatte nur eine kleine Reisetasche dabei, deshalb entschied ich mich, zu Fuß zum Hotel zu gehen. Das InSide lag direkt an der Binnenalster in der Nähe vom Gänsemarkt und bot schon beim Eintreten ein Ambiente der Extraklasse. Der Empfang befand sich in einem mindestens zehn Meter hohen Raum, der durch verschiedene Lampen und Lichtquellen futuristisch beleuchtet wurde. Eine zierliche Frau mit perfekt frisierter Hochsteckfrisur und einem makellosen Teint überreichte mir meine Zimmermagnetkarte und wünschte mir einen angenehmen Aufenthalt. Mein Zimmer war der Hammer. Begeistert ließ ich mich auf das Kingsize-Bett fallen, auf dem zwei Decken, zwei Kissen mit beigen Bezügen, zwei braune extra Kissen und eine ebenfalls braune Überdecke drapiert waren. Neben dem Bad stand ein kleiner Esstisch, auf dem sich eine Espressomaschine befand. Ich öffnete meine kleine Reisetasche und holte meine Kulturtasche heraus. Das Badezimmer war durch eine türkisfarbene Milchglaswand vom Schlafzimmer abgetrennt und mit einer Dusche, einem Waschtisch aus dunkelbraunem Holz und einem sehr gut beleuchteten Spiegel ausgestattet. An einem Haken hing sogar ein weißer flauschiger Bademantel: einfach perfekt! Ich drapierte meine Kosmetikartikel auf der Ablage: Zunächst stellte ich – wie gehabt – meine Tages- und Nachcreme nebeneinander, davor meine Blütenfeuchtigkeitslotion und das Serum gegen Falten. In die zweite Reihe platzierte ich meine Körperlotion und das Anti-Cellulite-Gel und etwas schräg versetzt meine kleine schwarze Kosmetiktasche, in der sich Eyeliner, Wimperntusche, Puder, Abdeckstift und eine Wimpernzange befanden. Zahnbürste und -creme kamen – so wie ich es immer handhabte – auf die Ablage unterhalb des Spiegels über dem Waschbecken. Dann breitete ich meine Klamotten auf dem Bett aus und inspizierte den Schrank und die Minibar. Nachdem ich kurz geduscht hatte, zog ich mir meine schwarze Stretchhose und meine neue weiße Carmen-Bluse von Liebeskind über und schlüpfte in meine schwarzen flachen Lederstiefel. Ich sah ein wenig wie eine Piratenbraut aus, aber das Outfit passte zu dem Anlass, fand ich. Auf in den Kampf! Als ich den kleinen Besprechungsraum mit den roten Plastikstühlen betrat, kamen Lars und Bernd Blome gleich auf mich zu. „Schön, Frau Grashorn“, begrüßte mich unser neuer Chef, „Sie sind die Erste. Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?“ Er führte mich zu einem Tisch, der fast vollständig mit Tassen, Thermoskannen und Gläsern sowie Tellern mit Keksen bedeckt war. „Bedienen Sie sich doch bitte.“ Nur wenige Minuten später betraten Sophie, Dominic und Gitti den Raum und gesellten sich zu mir. Wir tranken unseren Kaffee stehend und plauderten über Belangloses. Dann erschien Celine, die auf mich einen abgehetzten und gestressten Eindruck machte. Sie begrüßte uns nur mit einem kurzen Kopfnicken und stöckelte dann zu Lars und Bernd Blome. In ihrem biederen blauen Kostüm sah sie aus wie eine Stewardess der Lufthansa. Endlich bat Lars uns, doch bitte Platz zu nehmen und verdunkelte mit einer Fernbedienung den Raum. Während die Jalousien nach unten fuhren, erklärte er uns, dass er eine Power-Point-Präsentation vorbereitet habe. Es erschien das erste Bild auf der Leinwand: „Aus Citylight wird Live“. Der Vortrag von Lars, der schräg neben der Leinwand stand und hin und wieder auf die Tastatur seines Laptops drückte, um die Präsentation weiterzuführen, brachte nicht viel Neues. Die jetzigen Inhalte von Citylight würden weitestgehend auch in der Live zu finden sein, allerdings in einem komplett neuen Layout. Geplant sei, nicht nur aus Kiel und dem Norden zu berichten, sondern auch einmal „über den Tellerrand“ hinauszuschauen. „Vor allem mehr Reise-, Design- und Modethemen mit internationalem Flair sind geplant“, sagte Lars und drückte erneute die Fernbedienung, um die Jalousien wieder nach oben zu befördern. Das plötzlich in den Raum scheinende Sonnenlicht blendete mich, und ich hielt mir die Hand vor die Augen. „Hat jemand Vorschläge?“, fragte Lars in die Runde. Wir alle rutschten unbehaglich auf unseren Stühlen herum, aber keiner hatte eine Idee. „Ich glaube, wir wissen nicht, was daran jetzt neu sein soll“, platzte es aus mir heraus. „Aber das liegt doch auf der Hand“, erwiderte Lars in diesem belehrenden Tonfall, den ich nicht ausstehen konnte. „Wir
Weitere Kostenlose Bücher