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Froschkuss (German Edition)

Froschkuss (German Edition)

Titel: Froschkuss (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Berlin
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endlich nach Hause zu fahren und mich in mein Bett zu legen, aber als ich die Ostsee am Horizont glitzern sah, war ich wieder putzmunter. Jetzt im Sommer war am Hafen von Strande eine Menge los. Urlauber mit Kindern spazierten am Wasser entlang, ein große Yacht wurde mit Hilfe eines blauen Kranes zu Wasser gelassen und Möwen segelten kreischend über den an mehreren Kais angetauten Yachten und Jollen. Ich stellte mein Rad ab und ließ meinen Blick über das Hafenbecken gleiten. Meine Eltern hatten seit Jahren den gleichen Liegeplatz, und ich stiefelte den Kai entlang, bis zum Boot meiner Eltern, auf dem mein Vater gerade damit beschäftigt war, das Segel zu befestigen. „Sonia!“, begrüßte er mich lächelnd: „Das ist aber eine Überraschung.“
    Er reichte mir die Hand, damit ich an Bord kommen konnte: „Dich habe ich aber lange nicht mehr gesehen.“
    Mein Vater ist ein Frauentyp, wenn auch nicht auf den ersten Blick. Er ist drei Jahre jünger als meine Mutter und nur einen halben Kopf größer als sie, hat ein längliches weiches Gesicht und freundliche hellblaue Augen. Er trägt seine silbergrauen Haare immer millimeterkurz geschnitten, denn lange Haare bei Männern findet er „abartig“. Durch das Segeln ist er fast das ganze Jahr gebräunt und er hat jede Menge Falten, die ihm ein verschmitztes Aussehen verleihen. Er ist sehr charmant, verteilt gern Komplimente und hat einen entwaffnenden Humor. Kein Wunder, dass viele Frauen auf ihn fliegen, ganz zum Leidwesen meiner Mutter.
    Mein Vater und ich umarmten uns und ich gab ihm ein Küsschen auf die Wange. „Ihr macht aber auch Sachen!“, sagte ich vorwurfvoll, „und das in eurem Alter.“
    „Deine Mutter spinnt mal wieder“, erwiderte mein Vater fröhlich und verschwand unter Deck. „Ich mach uns mal einen Tee.“
    Die „Irma“, so heißt das Segelboot meiner Eltern, ist wunderschön. Es ist eine Vinetta II, gebaut im Jahr 1976, 8,40 Meter lang und 2,70 Meter breit. Vor zwei Jahren hatte mein Vater das Boot in der Werft generalüberholen lassen. Es gibt vier gemütliche Kojen an Bord, einen Sitzplatz und eine kleine Küche. Besonders gefallen mir das rötlich schimmernde Teakdeck und die ebenfalls hölzernen Sitze an Deck.
    „Was hat denn deine Mutter dir alles erzählt?“, fragte mein Vater, als er wieder nach oben kam. Er hielt zwei dampfende Becher mit Möwenaufdruck in der Hand und grinste mich an. Offensichtlich war ihm der Ernst der Lage gar nicht bewusst. „Sie hat gesagt, dass ihr euch trennen wollt.“
    Mein Vater grinste noch breiter: „Papperlapapp“, sagte er und setzte sich neben mich. „Inge kriegt sich schon wieder ein.“
    Ich trank einen Schluck Tee, der sehr heiß und stark war. „Friesentee?“
    Mein Vater nickte und umfasste mit beiden Händen seinen Becher, als wolle er seine Finger erwärmen. „Ich finde, du solltest Mutti etwas ernster nehmen.“
    Er stöhnte. „Mein Gott, so ein Theater. Nur weil ich nicht auf diesen blöden Gartenmarkt mit wollte.“
    Er runzelte die Stirn und starrte aufs Meer.
    Ich rückte ein Stück an ihn heran, sodass sich unsere Schultern berührten: „Aber sie kommt doch auch immer mit zum Segeln, obwohl das nun auch nicht ihr Ding ist.“
    „Mmm, vielleicht.“
    „Hast du hier heute übernachtet?“, fragte ich vorsichtig.
    „Ja, warum auch nicht“, antwortete er trotzig. „ich brauchte einfach mal meine Ruhe. Immer dieses Gemecker, das hält ja kein Mensch aus.“
    Einen Moment saßen wir still da und blickten zum Horizont. Es dämmerte bereits, und auf einmal spürte ich, wie sich eine bleierne Müdigkeit in mir ausbreitete.
    „Ich muss los, Papa“, sagte ich und reichte ihm meine leere Tasse. „Ruf Mutti an, sie macht sich Sorgen, okay?“
    „Mal sehen“, erwiderte er, aber ich wusste, er würde sofort zum Handy greifen, wenn ich außer Sichtweite war. Alte Liebe rostet eben nicht. Schon gar nicht die meiner Eltern. Etwas anderes wollte ich einfach nicht hören.

 24. Kapitel
    Als ich am nächsten Tag ins Büro kam, fühlte ich mich gar nicht gut. Mein Vater hatte noch eine Nacht auf seinem Boot verbracht und meine Mutter hatte mich überredet, bis zum nächsten Morgen zu bleiben. Wir hatten uns jede Menge Fotoalben angeguckt und dazu Eierlikör getrunken. Leider hatte ich auf meinem alten Bett gar nicht gut geschlafen, meine Schulter schmerzte und mir war übel, wahrscheinlich von diesem super süßen Eierlikörzeug. Ich gähnte, als ich die Tür zu unserer Redaktion

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