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Froschkuss (German Edition)

Froschkuss (German Edition)

Titel: Froschkuss (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Berlin
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öffnete. Zum Glück hatte ich mir meine Hand vor den Mund gehalten, denn im Flur stand ein bestimmt ein Meter neunzig großer, blonder Typ im dunkelblauen Anzug, weißem Hemd und lachsfarbener Krawatte und blickte mich erwartungsvoll an. „Sie müssen Frau Grashorn sein“, begrüßte er mich energiegeladen und drückte meine Hand, bis es wehtat.
    „Mein Name ist Finn Kruse von LAC“.
    „Von LA was?“, fragte ich irritiert.
    „Los Angeles Consulting. Mein Kollege und ich sind im Auftrag von Herrn Blome hier, um das Commitment der Mitarbeiter zu analysieren.“
    „Commitment?“ Ich verstand nur Bahnhof.
    Finn Kruse verschränkte die Arme vor seinem muskulösen Oberkörper und schob seine Goldrandbrille mit dem gestreckten Zeigefinger zurück.
    „Commitment kommt aus dem Englischen (ach was!) und bezeichnet das Ausmaß der Identifikation einer Person mit einer Organisation oder Firma.“
    Abrupt ließ er seine langen Arme wieder hängen, als sei ihm in diesem Moment seine abwehrende Körperhaltung bewusst geworden. „Mein Kollege Sven Johannsen unterhält sich gerade mit ihren Kollegen.“
    Er nickte mir aufmunternd zu: „Ich würde Ihnen ebenfalls gleich gern über die Schulter blicken.“ Er hielt einen Moment inne und blickte mir selbstbewusst in die Augen. „Natürlich nur, wenn sie nichts dagegen haben.“
    „Ich brauche erst einmal einen Kaffee“, erwiderte ich überrumpelt und schob mich an ihm vorbei. „In zwanzig Minuten können sie meinetwegen kommen.“
    Ich ging kurz in unseren Redaktionsraum, um meine Tasche abzustellen. „Guten Morgen“, begrüßte ich Sophie, die auf ihrem Gymnastikball an ihrem Schreibtisch saß und irgendwie genervt aussah. Kein Wunder, denn neben ihr hockte auf einem Schemel dieser Johannsen, der wie ein Doppelgänger von Finn Kruse aussah, nur dunkelhaarig und mit schwarz umrandeter Brille. Als er mich sah, stürzte er mir gleich mit vorgestreckter Hand entgegen, um sich vorzustellen. Auch sein Händedruck war dermaßen fest, dass ich froh war, als er mich wieder losließ. Johannsen war nur weniger Zentimeter kleiner als sein Kollege, trug aber ebenfalls einen dunkelblauen Anzug, ein weißes Hemd und eine lachsfarbene Krawatte. Seine Haare waren akkurat kurz und stufig geschnitten und mit etwas Gel nach hinten frisiert. „Nice, Sie kennen zu lernen.“
    In der Küche traf ich Dominic, der sich gerade einen Tee aufbrühte. „Was sind das denn nur für Typen“, stöhnte ich und fingerte mir eine schmutzige Tasse aus der Spüle, um sie unter fließend heißem Wasser zu reinigen. „Das sind unsere Men in Black“, witzelte mein Kollege, „Agent K und Agent J“. Fing er jetzt auch an, mit Anglizismen um sich zu werfen? Heute war ich nicht ganz auf Draht, deshalb checkte ich nicht, was er mit seiner Anspielung meinte. Dominic nippte an seine Tasse. „Mensch Sonia: Agent Kruse und Agent Johannsen, Agent K und Agent J, klingelt da was bei dir?“
    „Ach so, alles klar.“ Ich kicherte. Manchmal konnte Dominic richtig lustig sein. „Kruse war schon bei mir“, fuhr er schmunzelnd fort, „er hat mich aufgefordert, ich zitiere: mehr outside the box zu thinken.“
    „Das kann ja heiter werden“, erwiderte ich und trocknete meine Tasse mit unserem einzigen löcherigen Geschirrhandtuch ab. „Solche Typen haben uns hier gerade noch gefehlt.“
    „Da stimme ich dir zu“, sagte Dominic und puhlte an dem Kragen seines dunkelgrauen Hemdes, das wie immer bis oben hin zugeknöpft war. „Kaum zu glauben, dass diese Beraterheinis tausend Euro am Tag kosten.“ Er stellte seine Teetasse auf die Ablage: „Pro Mann, versteht sich.“
    „Tausend Euro?“, schrie ich, „das glaube ich nicht!“
    „Stimmt aber“, sagte Dominic, „das habe ich in einem Managermagazin gelesen. Auf jeden Fall bekommen die Senior Consultants so viel.“
     
    Ob dieser Kruse ein Senior Consultant war? Ich schätzte sein Alter auf höchstens Anfang dreißig. Wenn er studiert hatte, also BWL oder Volkswirtschaft, konnte er eigentlich noch gar nicht so lange im Job sein. Er saß auf einem Stuhl neben mir, beobachtete wie ich meinen Artikel schrieb und machte sich in einem stinknormalen Schreibblock von Rossmann Notizen. „Was machen Sie denn gerade?“, fragte mich Kruse aufmerksam.
    Ich spürte seinen Atem, was mir unangenehm war, und rückte deshalb ein Stück von ihm weg. „Herr Krause ...“, begann ich.
    „Kruse!“
    „Dann eben Kruse. Was glauben sie denn, was wir hier in der Redaktion

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