Frost, Jeaniene
möglichst vielen Untoten und ihren Leibeigenen gleichzeitig
konfrontierten. Die Methode war effizient, aber bei ihrer psychischen Verfassung
auch ein Risiko.
Ein
vermeidbares Risiko allerdings. Spade wählte seine Worte sorgfältig. »Ich weiß,
dass dir das nicht leichtfallen wird, Denise, aber ich könnte dir helfen. Dazu
müsste ich dich nicht einmal beißen. Ich müsste dir bloß unter Hypnose
befehlen, in Gegenwart von Vampiren und Ghulen gelassener zu sein ...«
»Definitiv
nein.« Sie funkelte ihn an. »Versprich mir, dass du mir keine Gehirnwäsche
verpassen wirst. Ich meine es ernst, Spade.«
Stures
Frauenzimmer. Er zuckte mit den Schultern. »Wenn du es so
willst.«
»Ich will
es so«, antwortete sie, ihn noch immer wütend anblickend.
Der
strenge Geruch von Angst, Wut und Misstrauen umgab sie. Ganz langsam zog Spade
eines seiner Silbermesser unter dem Mantel hervor. Denise wurde noch ein
bisschen blasser, aber er beachtete sie gar nicht und ritzte sich mit dem
Messer die Handfläche auf.
»Du weißt,
was ein Bluteid unter meinesgleichen bedeutet, nicht wahr?«, fragte er sie,
ihrem Blick standhaltend. »Bei meinem Blut, Denise, schwöre ich, dass ich
deinen Verstand nicht manipulieren werde.«
Ein
Streifchen Karmesinrot haftete noch an der Klinge, als Spades Wunde sich schon
wieder geschlossen hatte. Seine Hand befand sich ein gutes Stück unterhalb des
Fensters, das die Rückbank von den Vordersitzen trennte. Nur Denise konnte
sehen, was Spade getan hatte, und ihr Geruch veränderte sich, während sie
wieder Farbe bekam.
»Ich
glaube dir.«
Spade
steckte das Messer weg. Zuvor hatte er es an seiner Hose abgewischt. Der Stoff
war so dunkel, dass es niemandem auffallen würde. Naja, zumindest keinem
Sterblichen; Vampire und Ghule würden das Blut zwar riechen können, sich aber
nicht daran stören.
Mit einem
Rucken hielt das Taxi an. Spade gab dem Fahrer einen Zwanziger, stieg aus und
öffnete Denise die Tür, bevor sie auch nur den Griff zu fassen bekam.
»Du
brauchst das nicht dauernd zu machen, das kann ich doch selbst«, murmelte sie,
offenbar verlegen. Sie strich sich eine Haarsträhne zurück, ihre Wangen färbten
sich ein kleines bisschen intensiver. Die Reaktion hatte etwas wundervoll
Weibliches an sich, unterschied sich so sehr von der Wachsamkeit, mit der sie
ihn sonst beäugte. Er hätte zwar bei jeder Frau so gehandelt - keine noch so
lange Zeitspanne konnte die strikten Benimmregeln auslöschen, die ihm in
seiner Jugend eingebläut worden waren -, aber Spade stellte fest, dass ihm die
Wirkung gefiel, die er auf Denise hatte.
»Dass eine
Dame etwas selbst tun kann, bedeutet nicht, dass sie es auch tun sollte«,
neckte er sie und beobachtete amüsiert, wie ihre Wangen noch rosiger wurden,
bevor sie das Gesicht abwenden konnte. Gott, sie war einfach hinreißend.
Er konnte
nicht anders, er musste sie ansehen. Unter ihrem Mantel trug Denise einen
Kapuzensweater und einen langen schwarzen Rock. Darunter schauten ihre Stiefel
hervor. Ihre Hände waren von Handschuhen bedeckt. Nackte Haut war nur an
Gesicht und Hals zu sehen. Spade ertappte sich dabei, wie er ihre Kehle mit
einer Begehrlichkeit anstarrte, die nichts mit Blutgier zu tun hatte. Wie
würde sie schmecken, wenn er seinen Mund an ihren Hals legte?
Und wie
würde sie an all den anderen Stellen schmecken, die seine Lippen gern berührt
hätten?
Denise
schauderte, wodurch ihm wieder bewusst wurde, dass sie draußen auf dem
Bürgersteig herumstanden, während sie eigentlich drinnen nach Nathanial hätten
suchen sollen.
»Hier
entlang«, sagte er und bot ihr den Arm.
Sie hakte
sich unter, schauderte erneut, erwiderte aber seinen Blick nicht. Was auch gut
so war, weil seine Augen vor Leidenschaft vermutlich ganz grün geworden waren.
»Wie ist
denn der Club so?«, erkundigte sie sich, den Blick noch immer von ihm
abgewandt.
Spade
zwang sich zur Selbstdisziplin. »Genauso, wie man sich einen Vampirclub
vorstellt, wenn man nicht an Vampire glaubt.«
Jetzt sah
sie ihn an. »Häh?«
Er
schnaubte. »Wirst schon sehen.«
8
Ich bin
völlig falsch angezogen, dachte Denise, als sie die
Nachtschwärmer im Crimson Fountain sah. Gruftie-Chic war angesagt, schwarze
Kleidung anscheinend ein Muss. In ihrem blauen Sweatshirt kam sie sich sehr
fehl am Platze vor. Na ja, wenigstens ihr Rock und ihre Stiefel waren schwarz.
Auch Leder und Vinyl sah man an jeder Ecke, dazu die szenetypischen
Halsketten, Ohrringe, Piercings und
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