Frost, Jeaniene
Tatoos.
Spade
führte sie durch die dicht gedrängte Menge der Tanzenden. In der Hoffnung,
Nathanial zu finden, musterte sie aufmerksam jeden, an dem sie vorbeikamen.
Auf die Fangzähne, die einer der Tänzer lächelnd entblößte, als sie ihn
streifte, war sie allerdings nicht gefasst gewesen. Seine Haut war so warm wie
ihre eigene.
Überrascht
berührte Denise noch einmal seinen Arm. Tatsächlich, der Körper des Mannes war
warm und lebendig. Sein Lächeln wurde breiter, sodass seine Fangzähne noch
besser zur Geltung kamen.
»Tänzchen
mit einem Vampir gefällig, Schönste?«, säuselte er und wiegte sich in den
Hüften.
»Du bist
kein Vampir.«
Sein
Lächeln verschwand. »Doch, bin ich.«
Denise
besah sich den Mann, seine falschen Reißzähne und die Menge um ihn herum. Genauso,
wie man sich einen Vampirclub vorstellt, wenn man nicht an Vampire glaubt. Spade
hatte recht gehabt. Hier war wirklich kein billiges Klischee ausgelassen
worden. Auf der Bühne im hinteren Teil des Clubs, wo die Band spielte, hatte
man sogar ein paar Särge aufgestellt.
»Verzeihung«,
murmelte sie und drängte sich an dem Mann mit den Fangzähnen vorbei.
Ein paar
Meter weiter wartete Spade auf sie, ein schiefes Grinsen im Gesicht. »Und, was
meinst du?«
»Dass du
einen kranken Sinn für Humor hast, wenn du Ians Leute ausgerechnet hier
antanzen lässt«, antwortete sie. »Und dass du auch falsch angezogen bist.«
Auch an
Spade waren weder Leder noch Vinyl zu sehen. Er trug ein langärmliges
kremfarbenes Seidenhemd und Hosen aus irgendeinem festen, teuer aussehenden
Stoff. Sein bodenlanger Mantel ließ ihn noch eleganter wirken. Und all die
ledergewandeten Möchtegernvampire im Club hatten keine Ahnung, dass der gut
gekleidete Herr in ihrer Mitte genau die Kreatur war, die sie so gern sein
wollten.
Er beugte
sich vor, seine Lippen berührten fast ihr Ohr. »Das ist der perfekte
Treffpunkt. Wer würde schon vermuten, dass echte Vampire sich in ein solches
Etablissement verirren?«
Spade trat
nicht wieder zurück, nachdem er gesprochen hatte. Denise war sich nicht sicher,
ob er auf eine Antwort von ihr wartete, aber in ihrem Kopf herrschte plötzlich
Leere. Sein Haar kitzelte ihre Wange, dunkel und seidig, und seine Lippen waren
so nah an ihrem Ohr, dass die kleinste Bewegung eine Berührung herbeigeführt
hätte. Er war so groß, dass sie nicht einmal über seine Schulter sehen konnte,
und so wie sein geöffneter Mantel sie umhüllte, hatte sie das Gefühl, sie würde
von ihm aufgesogen, wenn sie noch einen Schritt näher trat.
Der
Gedanke hatte etwas Verlockendes an sich.
Denise
fuhr zurück, Verwirrung, Gewissensbisse und Angst kämpften um die Oberhand in
ihr. Waren ihre verwegenen Träumereien auf die Essenz des Dämons zurückzuführen,
die langsam Macht über sie gewann? Fühlte sich das Nichtmenschliche in ihr zu
dem Nichtmenschlichen in ihm hingezogen? So musste es sein. Spade war ein Vampir,
eine Kreatur, die normalerweise Panikattacken bei ihr auslöste, und außerdem
war Randy erst ein knappes Jahr tot ...
Spade
starrte Denise an, bis sie wegsehen musste. Sein Blick war zu wissend, zu
durchdringend. Aus dem Augenwinkel wirkte es fast, als hätte er gerade tief
eingeatmet, aber das war natürlich unmöglich. Vampire atmeten nicht.
»Ian sitzt
da drüben«, verkündete er und drehte sich weg. Seine Stimme hatte auf einmal
tiefer geklungen. Kehliger.
Sie folgte
ihm, den Blick auf seine Schultern geheftet, während er sich seinen Weg durch
die Menge bahnte.
Ian saß in
einem offenen Separee, je zwei Frauen rechts und links von sich. Denise spürte,
wie ihre anfängliche Furcht in Unglauben umschlug. Selbst in einem Saal voller
Möchtegernvampire stach Ian heraus.
Schwarze
Stiefel mit kreuz und quer verlaufenden Kettchen zierten seine Beine, dazu
trug er ebenfalls schwarze, tief auf den Hüften sitzende Lederhosen. Und von
dem nietenbesetzten Halsband und den Piercings in den Brustwarzen einmal
abgesehen war das auch schon alles, was er am Leib hatte.
Ian
schenkte ihr ein Grinsen und fuhr sich mit der bleichen Hand über die Brust.
»Knackig, nicht wahr, Schätzchen? Sieh nur hin. Mich stört's nicht.«
Denise
musste sich regelrecht zwingen, den Blick von Ian abzuwenden, was allerdings
nicht daran lag, dass sie ihn so toll fand. Klar, Ians Bauch hätte als
Waschbrett herhalten können, und sein Gesicht wirkte auf bedrohliche Weise attraktiv,
aber alles an ihm schrie Monster. Spürten
diese Frauen denn die Gefahr
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