Frost, Jeaniene
Augenblicke,
bis Denises Zittern sich so weit gelegt hatte, dass sie aus eigener Kraft
stehen konnte.
Dann
versetzte sie ihm einen so heftigen Stoß, dass er einen Schritt rückwärts
machen musste. »Wie konntest du es wagen, mich auszulachen, als du mit mir da
runtergesprungen bist!«
Spade
streckte ihr versöhnlich die Hand entgegen, schien das Ganze aber noch immer
lustig zu finden. »Komm schon, Denise ...«
»Hör bloß
auf mit deinem >Denise<«, fuhr sie ihn an. »Mir doch egal, wie alt,
mächtig und stark du bist. Mach so was noch einmal, und ich stoße dir ein
Messer ins Herz. Mistkerl, ich kann einfach nicht glauben, dass du mich aus
einem Flugzeug geworfen hast!«
Spade
schien noch immer Mühe zu haben, sich das Lachen zu verkneifen. »Ich habe dich
nicht geworfen. Ich bin mit dir gesprungen. Das ist ein gewaltiger
Unterschied.«
Am
liebsten hätte sie ihm eine gelangt, aber der kleine Teil von ihr, der sich
nicht mehr in die Hosen machte, erkannte die Logik seines Handelns. Ging alles
mit rechten Dingen zu, konnte Rom ihnen unmöglich noch auf den Fersen sein,
nachdem Spade mit ihr aus dem Flugzeug gesprungen und ein paar Tausend Meter
über dem Boden dahingebraust war. Denise hatte zwar gewusst, dass Vampire
fliegen konnten, aber wie weit diese Fähigkeit ging, war ihr nicht klar gewesen.
Sie hatte immer angenommen, sie könnten sich höchstens über kleinere Strecken
hinweg in die Luft katapultieren. Dass sie allerdings als Helikopter mit
Reißzähnen fungieren konnten, wäre ihr im Traum nicht eingefallen.
»Also,
wohin jetzt?«, erkundigte sie sich, bemüht, ihr wild pochendes Herz zu
beruhigen.
»Zu deinen
Eltern, natürlich. An dem Denkmal dort habe ich einen Wagen für uns
bereitstellen lassen. Wenn wir alles erledigt haben, fahren wir zu mir.«
»Zu dir
nach Saint Louis?«
Spade
lächelte. »Nein, Denise. Zu mir nach England.«
Fast
vierundzwanzig Stunden später konnte Spade die vertrauten hohen Hecken
erkennen, die sein Anwesen in Durham umgaben. Er stieß Denise an, die neben
ihm saß. Während des Fluges von Virginia nach England - den sie, sehr zu ihrer
Zufriedenheit, in einer Linienmaschine hinter sich gebracht hatten -, war sie
zwar wach gewesen, aber auf der Fahrt vom Flughafen zu Spades Anwesen
irgendwann doch eingenickt. Alten steuerte den Wagen, sodass Spade Denise
angeboten hatte, es sich auf seinem Schoß bequem zu machen; doch bis zu dem
Augenblick, in dem sie eingeschlafen war, hatte sie steif und fest behauptet,
sie wäre gar nicht müde. »Wir sind da«, verkündete er.
Erst
blinzelte Denise nur, aber als sie die Auffahrt sah, in die sie einbogen,
weiteten sich ihre Augen. »Hier wohnst
du?«, fragte sie.
Spade
hörte das Erschrecken in ihrer Stimme und musste sich ein Grinsen verkneifen.
Früher waren seine Ländereien noch viel ausgedehnter gewesen, aber da er so
viel auf Reisen war, hatte er im vorigen Jahrhundert mehrere Hektar Land
verkauft und nur das Herrenhaus aus sentimentalen Gründen behalten. Das
Haupthaus hätte man in seiner Jugend als etwa durchschnittlich groß betrachtet,
gemessen an heutigen Standards musste es allerdings riesig wirken. Der älteste
Teil war im frühen sechzehnten Jahrhundert errichtet und über die folgenden
zwei Jahrhunderte hinweg von mehreren Generationen der DeMortimers mit immer
neuen Anbauten versehen worden. Im frühen achtzehnten Jahrhundert, Spades Zeit
in Australien, hatte es den Besitzer gewechselt, war aber um
achtzehnhundertfünfzig wieder in seine Hände gelangt, und er hatte noch zwei
neue Flügel anfügen lassen. Alle paar Jahrzehnte etwa ließ er es renovieren.
Das Ergebnis war eine Mixtur aus neugotischer Architektur und modernen
Annehmlichkeiten.
Denise
wandte ihre Aufmerksamkeit wieder Spade zu. »Du musst echt unanständig reich sein.«
Er zuckte
mit den Schultern. »Alles geerbt, ursprünglich. Als ich nach Neusüdwales kam,
habe ich natürlich meinen gesamten Besitz verloren, ihn mir mit der Zeit aber
wieder angeeignet.«
Sie schien
ihn immer noch nicht in Einklang mit dem herrschaftlichen Anwesen bringen zu
können, dem sie sich näherten.
»Ich
dachte, Barone wären eher niederer Adel. Hab wohl in Geschichte nicht richtig
aufgepasst.«
»Zu meiner
Zeit war die Baronswürde tatsächlich der niedrigste Adelsrang, die Anrede
>Baron< wurde aber auch als Höflichkeitstitel für den ältesten Sohn
bestimmter Adeliger verwendet. Mein Vater war der Earl von Ashcroft; den Titel
habe ich nach seinem Tod
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