Frost, Jeaniene
Herablassung ertragen hatten,
machte Ian den Versuch, mich aus der Reserve zu locken. Er hat mich als
unehelichen Sohn eines Fischhändlers ohne Zunge beschimpft - oder so etwas in
der Art. Schließlich habe ich die anderen ziemlich überheblich davon in
Kenntnis gesetzt, dass ich Baron Charles Thomas DeMortimer wäre, ein Mann von
Adel und völlig unschuldig an meiner misslichen Lage. Ich dachte, Crispin hätte
geschlafen, aber auf meine Rede hin hat er ein Auge aufgemacht und gesagt:
>DeMortimer, hm? Blaues Schlafgemach mit purpurnen Draperien. Was sollten
denn die dämlichen Pfauenfedern überall?<«
Denise
begriff nicht gleich, worauf er hinauswollte, aber dann machte sie große Augen.
»Deine Frau war eine von Bones' Kundinnen?«
Spade
lachte. »Ich war natürlich furchtbar beleidigt, aber die Überfahrt war so
schrecklich, dass ich mich nicht lange grämen konnte. Wir wären fast gestorben,
bevor wir überhaupt in den Kolonien ankamen. Und unter dem Aufseher dort fast
noch einmal. Wir konnten uns nur aufeinander verlassen, und ich habe
angefangen, für die anderen zu sorgen, als wären sie meine Familie.«
»Was ist
aus Timothy geworden? Ich glaube, bei Bones und Cat bin ich ihm noch nicht
begegnet.«
»Vor
Langem schon hat er eine Auszeit genommen, um den Beweis zu erbringen, dass
Kain, der Vater aller Vampire, noch am Leben ist. Dabei hat er wohl den Tod
gefunden. Wir haben schon seit über achtzig Jahren nichts mehr von ihm gehört.«
Sie machte
ein trauriges Gesicht. »Das tut mir leid, aber wenigstens sind Ian, Bones und
du all die Jahre über Freunde geblieben.«
»Alles
Schlechte hat eben auch sein Gutes«, antwortete Spade ruhig.
Denise
wandte den Blick ab. Erst dachte sie, er hätte sich auf die Sache mit Randy
bezogen, aber Spade wäre der Letzte gewesen, der ihr irgendeinen Mist über den
tieferen Sinn des Verlusts eines geliebten Menschen aufgetischt hätte. Er hatte
die Dämonenzeichen gemeint, die Denise zu ihm geführt hatten. Sie beide hatten
ihre Verluste aus dem einfachen Grund erlitten, dass das Leben manchmal
grausam war, und vielleicht konnten sie beide miteinander auch wieder
glücklich werden.
Spade
erstarrte. Er hatte das nahende Energiefeld schon gespürt, bevor eine Hand ihm
leicht auf die Schulter klopfte.
»Darf ich
kurz unterbrechen?«, fragte Web freundlich.
Denise
zwang sich zu einem höflichen Lächeln, während Spade sie aus seinen Armen
entließ, damit sie mit Web tanzen konnte. Er war nicht so groß wie Spade,
sodass sie den Kopf nicht jedes Mal in den Nacken legen musste, wenn sie ihm in
die kühlen topasfarbenen Augen sehen wollte.
»Genießen
Sie den Abend?«, erkundigte sich Denise, ganz die aufmerksame Gastgeberin.
»Er ist
interessant«, antwortete Web. Ein Lächeln spielte um seine Lippen. »Kommt
schließlich nicht jeden Tag vor, dass ein bekannter Meistervampir einfach so mir
nichts, dir nichts beschließt, nebenan einzuziehen ... und seine sterbliche
Freundin gleich mitzubringen.«
Denise
hatte zwar nicht vor, weiter nach Nathanial zu suchen, aber sie wollte Web
trotzdem nicht misstrauisch machen. Pärchen trennten sich andauernd. Wenn sie
Spade morgen verließ, sollte niemand etwas anderes vermuten als eine
missglückte Beziehung.
»Könnte es
einen schöneren Ort geben als Monaco?«, fragte sie achselzuckend, so gut es ihr
beim Tanzen eben gelingen wollte. »Und jeder fängt schließlich als Mensch an,
bevor er etwas anderes wird«, fügte sie noch mit einem vielsagenden Blick
hinzu.
Webs
leises Lachen trug nicht dazu bei, ihre Anspannung zu lindern. »Sie sind ein
kluges Köpfchen, was? Jetzt haben Sie mich sogar noch neugieriger gemacht.«
Das
entwickelte sich ja nun in eine völlig falsche Richtung. Okay, einmal
einfältiges Frauchen gefällig, kommt sofort.
»Die
Handtasche Ihrer Freundin ist einfach umwerfend«, schwärmte Denise. »Ist sie
von Versace? Ich stehe ja so auf Versace. Na ja, Gucci ist auch toll, aber in
letzter Zeit kommt von denen einfach nichts Gescheites mehr, wissen Sie? Und, oh, Sie müssen mir unbedingt verraten, wo die
Dame ihre Schuhe herhat. Meine sind von Escada, aber ich hätte mir vielleicht
besser welche von Stuart Weitzman holen sollen. Das Preis-Leistungs-Verhältnis
stimmt einfach ...«
Ein müder
Ausdruck trat in Webs halb von der Maske verdecktes Gesicht, während Denise
weiter und weiter über die Unzulänglichkeiten verschiedener Designer plapperte,
ihm erzählte, wo sie gern oder weniger gern ihre
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