Frost
von Kain und Abel.
«Die senden ungefähr jede Stunde einmal Nachrichten und den Wetterbericht. Wir lassen das Radio einfach hier stehen, wenn keiner etwas dagegen hat, dem Pfarrer zuzuhören.»
Niemand antwortete.
Ich bat Butch um noch ein Stück Alufolie.
«Nimm, so viel du brauchst.»
Ich riss ein Stück ab und sagte: «Ich habe heute Morgen Ihren Neffen getroffen.»
Butch hörte auf, an der Antenne herumzuhantieren, und sah mich an. «Zack? Wo?»
«Beim Schneeschippen», sagte ich. «Er unterhielt sich gerade mit meiner Verlobten, als ich zurückkam.»
«War er in eurem Zimmer?»
«Davor, er stand in der Tür.»
Butch runzelte die Stirn. «Da muss ich wohl mal ein Wörtchen mit ihm reden.»
«Das macht doch nichts», sagte ich. «Ich wollte ihm keine Probleme machen.»
«Er weiß, dass er sich nicht mit den Gästen unterhalten soll», sagte Butch. «Wenn er nochmal vorbeikommt, sagt mir Bescheid.»
Irgendetwas an seinem Tonfall gefiel mir nicht. Ich musste an den Schuppen und das Labor darin denken.
«Wieso, gibt es da ein Problem?»
«Womit?»
«Na, wie Sie über ihn reden. Es klingt fast, als wäre er gefährlich.»
«Zack?» Butch lächelte, aber es war nicht überzeugend. «Nein, natürlich nicht. Er hat nur manchmal etwas spezielle Ansichten, und nicht alle Menschen teilen die.»
«Was meinen Sie denn damit?»
Butch winkte ab. «Ist nicht wichtig. Sagt mir einfach, wenn er euch auf die Nerven fällt, dann kümmere ich mich darum.» Er klopfte mir zweimal auf die Schulter. «Keine Sorge.»
Ich wollte gerade noch etwas sagen, aber Butch hatte sich an Caroline und Marcus gewandt. «Habt ihr zwei noch Platz für einen Dritten?»
«Setz dich», sagte Caroline. «Frisches Blut ist immer willkommen.»
Butch ging um den Tisch herum und setzte sich.
Im Radio sprach immer noch der Pfarrer. Seine Stimme wurde mit jedem Wort lauter.
«Und der HERR machte ein Zeichen an Kain, dass ihn niemand erschlüge, wer ihn fände. Also ging Kain von dem Angesicht des HERRN und wohnte im Lande Nod, jenseit Eden, gegen Morgen.»
Megan stand auf, nahm ihren Mantel vom Stuhl und ging zur Tür.
Gute Idee.
Ich hatte den Teller inzwischen verpackt und ging hinter ihr her, nicht ohne Caroline zu versichern, dass ich sicher bald auf ein Spiel zurück sein würde.
«Wir sind hier», sagte sie. «Bring deine Freundin nächstes Mal mit, wenn sie Lust hat.»
Ich nickte und ging zur Rezeption. Am Tresen blieb ich kurz stehen und stellte den Teller ab, um den Reißverschluss meinesMantels zuzuziehen. Ich hörte die Stimmen im Speisesaal, und als ich mich sicher fühlte, glitt ich hinter den Tresen.
Das Erste, was ich sah, war ein doppelläufiges Gewehr, das an der Wand lehnte.
Ich zögerte.
Der Anblick des Gewehrs ließ mich innehalten, ohne dass ich hätte sagen können, warum. Es war eigentlich ganz logisch, dass Butch eine Waffe hatte, hier am Ende der Welt. Man wusste ja nie, wer sich da draußen auf der Straße herumtrieb.
Ich begann zu suchen.
Zwei Fächer waren unter dem Tresen. Das obere war mit Papierhandtüchern vollgestopft, daneben stand eine Sprühflasche mit einer hellgrünen Flüssigkeit. Im anderen Fach lagen ein paar Quittungsblöcke, Zeitschriften und Kreuzworträtselhefte.
Ich nahm ein paar Zeitschriften und sah mir die Titelblätter an. Die meisten kannte ich,
Waffen und Munition
,
Glücksritter
.
Einige kannte ich nicht.
Ich blieb an einem Cover mit drei jungen Männern darauf hängen. Sie standen Arm in Arm in Unterwäsche da und lächelten in die Kamera.
Darüber stand in großen Lettern «Twinks».
Zuerst dachte ich, es wäre ein Katalog.
Ich blätterte durch die Zeitschrift.
Ich lag völlig falsch.
Hinter mir hörte ich Caroline lachen und Butch sagen: «Den Teufel werd ich tun.» Dann das Klappern von Chips, die über den Tisch geworfen wurden.
Ich schaute auf, um zu sehen, ob jemand kam, dann stopfte ich die Zeitschriften zurück ins Fach. Da sah ich das Notizbuch direkt neben den Papierhandtüchern.
Im Frühstücksraum wurde ein Stuhl gerückt.
Hastig griff ich das Notizbuch, suchte die Seite mit meinem Namen, riss sie heraus und stopfte sie in die Tasche.
Ich stellte das Notizbuch zurück und richtete mich auf.
Butch stand in der Tür.
«Kann ich helfen, Minnesota?»
Ich bekam kaum noch Luft, aber ich schaffte es trotzdem zu sprechen.
«Streichhölzer», sagte ich. «Wir haben keine mehr.»
Butch sah mich streng an, dann deutete er auf eine Schale mit
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