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Frostbite

Frostbite

Titel: Frostbite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Wellington
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Kameraden
suchte. Wir waren so lange weg, dass sich die Front wohl ohne uns weiterbewegt
hatte und man uns für vermisst oder tot hielt. Als ich Soldaten das zur Hälfte
zerstörte Schloss durchsuchen hörte, glaubte
ich mich schon fast gerettet. Keinen Augenblick lang dachte ich darüber
nach, was das bedeuten würde. Lucie hielt mir den Mund zu, als ich schreien
wollte. Ich versuchte zu beißen, sogar ihre Finger durchzubeißen, aber sie gab
nicht den geringsten Laut von sich. Schließlich verschwanden die Soldaten
wieder. Da wusste ich, dass für mich keine Hoffnung mehr bestand. Ich würde
niemals entfliehen.«
    »Also hast du den Versuch aufgegeben, stimmt’s?« Das Gefühl war Chey
bekannt.
    Er hob die Schultern. »Hass ist ein merkwürdiges Gefühl. Es fällt
schwer, ihn im Herzen heiß und lebendig zu
halten, wenn man sich mit Alltäglichkeiten herumschlagen muss. Ich
musste mich Realitäten stellen, die dem Hass auf meine Gefangenenwärter in die
Quere kamen. Ich verlangte nach gekochtem Essen, ich wollte mich rasieren. Ich
wollte meine Kleidung waschen. Das alles sei kein Problem, versprachen sie,
aber zuerst müsse ich mich benehmen. Schließlich gab ich nach. Ich schwor von
ganzem Herzen, brav zu sein. Sie ließen mich aus dem Käfig, zuerst nur dann,
wenn mein Wolf da war. Später durfte ich mich auch im Schloss bewegen, aber nur unter Beobachtung. Allmählich vertrauten
sie mir. Und zu diesem Zeitpunkt … da war ich schon durch und durch ein Wolf.
Ich bejahte die Kreatur, zu der ich geworden war, und wusste, dass es keinen
Rückweg mehr gab. Die Frauen mussten mich nicht mehr im Auge behalten. Ich konnte
nicht entkommen, denn die größte Freiheit,
die ich je erleben würde, war das Leben bei ihnen, weit abseits anderer
menschlicher Wesen. Und da … da sprachen sie mit mir darüber, warum sie
mich ausgesucht hatten. Was sie von mir erwarteten.«
    »Sie suchten nach einem Gefährten.«
    Powell wurde tatsächlich rot. Er warf ihr einen wilden Blick zu, als
würde ihre Unterbrechung ihn ärgern. Dann glitt sein Blick weiter, über ihr
Haar. Kurz nach unten über ihre Brüste und ihre Hüften. Mein Gott, dachte Chey.
Er … er checkt mich ab.
    »Das muss schwierig gewesen sein«, sagte sie. »Ich meine … sie zu
hassen, wenn sie … du weißt schon. Dich anmachten.«
    Er wand sich, und sein Blick löste sich von ihrem Körper. »Das war
schwierig, ja. Zwei schöne Frauen als Gefängniswärter zu haben … Nun, ich will
es nicht abstreiten. Die Vorstellung hatte einen gewissen Reiz. Wären sie
Männer gewesen, hätte ich mich vielleicht eher gewehrt.«
    »Hattest du Sex mit ihnen?«, fragte sie geradeheraus.
    »Mein Gott, klingt das scheußlich, wenn du das so sagst!« Er setzte
sich ganz gerade hin und betrachtete die Bäume, die am Wagen vorbeihuschten.
»Ja«, gab er zu und wandte das Gesicht ab.
    »Mit beiden?«
    »Ja!«
    Chey beobachtete fasziniert, wie
er die Fassung zurückzugewinnen suchte. Sein Unbehagen entzückte sie.
Zum ersten Mal fragte sie sich, wie viel sexuelle Erfahrung er haben mochte.
Vermutlich war er noch unschuldig gewesen, bevor ihn der Fluch ereilt hatte.
Lucie und die Baronin waren womöglich die einzigen Geliebten gewesen, die er je
gehabt hatte.
    Er hatte sich gerade wieder beruhigt und sah entspannt genug aus,
als sie die nächste Frage stellte. »Wie waren sie denn so? Waren sie gut?«
    Er sah wieder zur Seite und stieß die Luft aus. Veränderte seine
Lage auf der Ladefläche, als wären seine Beine eingeschlafen. Schließlich
blickte er auf und richtete seine kalten Augen auf sie. Das Unbehagen war
verschwunden. Er würde darüber sprechen, und sie würde ihn nicht länger quälen
können. Seine überwältigende Willenskraft machte ihr ein wenig Angst.
    »Unersättlich waren sie. Aber tief in mir fand ich die Kraft, sie zu
befriedigen. Zumindest körperlich. Aufrichtig lieben konnte ich sie nicht,
nicht auf die Weise, die sie wollten – sobald es um Liebe ging, waren sie
wie Vampire. Sie leerten mich bei jeder Gelegenheit und verlangten immer noch
mehr. Es gab endlosen Streit, schwelende Eifersucht und ziemlich viel Verrat
untereinander. Aber wir hatten Sex, ja. Wir …
fickten, um es ohne Umschweife zu
sagen. Wir fickten ständig. Manchmal als Menschen und manchmal als
Wölfe. Echte Wölfe werden genau wie Hunde läufig, nur ein paar Tage im Jahr.
Den Rest der Zeit hat Lust für sie keine Bedeutung. Aber wie Menschen befinden
sich Werwölfe ständig in der

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