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Frostbite

Frostbite

Titel: Frostbite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Wellington
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Powell. Er
warf ihr einen Blick zu und zog einen Mundwinkel hoch, was wohl ein Lächeln
darstellen sollte. »Wenn du natürlich heißes Wasser haben willst, musst du wie
gesagt dafür arbeiten.« Er führte sie um die Hütte herum und zeigte ihr eine
große Zinnwanne, die an einem Haken hing.
»Sie ist groß genug, um sich hineinzusetzen.« Sie war vor Alter weiß
angelaufen, hatte aber keine Löcher. »Ich versuche mindestens einmal in der
Woche zu baden. Obwohl ich für gewöhnlich einfach in einen Teich springe und
mich schrubbe, bis meine Finger taub sind.«
    »Toller Komfort«, sagte Chey und griff nach der Wanne. »Hilfst du
mir?«
    »Das ist nicht nötig.«
    Sie runzelte die Stirn, aber dann nahm sie die Wanne mit einer Hand
vom Haken. Sie fühlte sich wesentlich leichter an als erwartet. Chey hob sie
ein paarmal hoch und erkannte, dass sie tatsächlich ein ziemliches Gewicht
hatte, ihre Armmuskeln aber viel stärker waren als je zuvor. Irgendwie hatte
sie seit der Verwandlung an Kraft gewonnen.
    »Einer der wenigen Vorteile deiner neuen Existenz«, kommentierte
Powell.
    Chey legte sich die Wanne über die Schulter und ging auf den Wald
hinter dem Haus zu.
    »Wohin willst du?«, fragte er.
    »Weit genug weg, um etwas Privatsphäre zu genießen, falls du nichts
dagegen hast. Keine Angst, ich gehe nur so weit, dass ich um Hilfe rufen kann,
falls mir ein Bär begegnet.«
    Er schüttelte den Kopf, machte aber keine Anstalten, sie
aufzuhalten. »Du hast es noch immer nicht kapiert. Wenn dich ein Bär angreift,
dann schrei, und ich helfe dem Bären«, meinte er. Sie hoffte, nun endlich
allein zu sein, aber dann rief er Dzo zu, er solle helfen. Der kleine Mann
trabte herbei und griff nach einem Henkel der Wanne, obwohl sie seine Hilfe
nicht brauchte. Powells Botschaft war eindeutig. Trotzdem war sie froh, dass
Dzo sie beobachtete und nicht der Wolf. Sie hatte befürchtet, Powell wolle sie
im Auge behalten, während sie sich auszog.
    Dzo und sie blieben mit der Wanne am Rand der Lichtung stehen und stellten
sie an einer Stelle ab, die fast kein
Unterholz aufwies. Dann schob Dzo die Maske über den Kopf und grinste
sie an. »Du erwärmst dich langsam für ihn, stimmt’s?«, fragte er. »Monty, meine
ich.« Er kratzte einen Feuerkreis in den Boden, schichtete dicke Zweige aufeinander und achtete auf genügend Abstand für
die Luftzirkulation dazwischen. »Sag mir zumindest, dass du nicht mehr sauer
auf ihn bist.«
    Chey nahm einen Armvoll Zweige und stellte sie zu einem Kegel auf,
wie man es ihr bei den Pfadfinderinnen beigebracht hatte. »Er ist anders als
erwartet«, gestand sie ein. Fast sofort wurde sie sich bewusst, was sie da
gesagt hatte, zwang sich aber, nicht zu Dzo aufzublicken und sich zu
vergewissern, ob er etwas bemerkt hatte.
    Er hatte etwas bemerkt. Er richtete sich auf und sah sie mit
zusammengekniffenen Augen an. »Was meinst du damit? Wie konntest du Erwartungen
an einen Typ haben, den du vor zwei Tagen noch gar nicht kanntest?«
    »Ich meine … als ich ihn zum ersten Mal sah«, erwiderte sie und gab
sich Mühe, möglichst gelassen zu klingen. »Als du mich herbrachtest. Ich hatte
ja keine Ahnung, dass er ein Wolf ist.«
    Das schien zu reichen. Dzo nickte fröhlich und zündete eine
zerknitterte Seite aus einem Kreuzworträtselheft an. Er blies vorsichtig
darauf, schob das Papier in den Holzkegel und fügte ein paar trockene Blätter
hinzu. Das Feuer flackerte sofort auf, erstarb dann aber wieder, als der
Fidibus erschöpft war. Kleine Flammen berührten die Zweige und schwärzten sie.
Schließlich fingen sie Feuer. Dzo holte einen alten Kessel, baute ein paar
Steine um das Feuer herum auf und stellte ihn darauf. »Zwanzig Meter in dieser
Richtung fließt ein Bach, wo du Wasser holen kannst«, sagte er und deutete auf
den Wald. »Oder du sammelst einfach Schnee vom Boden auf, obwohl der meistens
ziemlich schlammig ist.«
    »Schön«, sagte sie und schenkte ihm das herzlichste Lächeln, das sie
aufbringen konnte. Nach einer Minute blinzelte
sie ihn an. »Das ist … toll. Vielleicht gehst du jetzt. Damit ich mich ausziehen kann, ohne dass du zusiehst.«
    Er hob die Schultern und zog sich
die Maske vors Gesicht. »Wenn du noch etwas brauchst, einfach rufen.« Er setzte
sich in Bewegung, blieb aber wieder stehen und wandte sich zu ihr um. Irgendwie
störte es sie nicht, mit ihm zu sprechen, wenn er die Maske trug.
Vielleicht weil sie sich den dazugehörigen Ausdruck darunter vorstellen konnte.
Es war

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