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Frostbite

Frostbite

Titel: Frostbite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Wellington
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nicht für
Werwölfe. Aber vielleicht haben wir Glück. Andererseits haben wir ja einen
anderen Köder für ihn. Wir haben dich.«
    Beinahe hätte sich Chey an einem Bissen verschluckt. »Was?«, stieß
sie mit Mühe hervor. Genau daran hatte sie zuvor gedacht. Es war der
schlimmstmögliche Gedanke gewesen, und hier stand Bobby und sprach ihn laut
aus. Plötzlich war das Gebäck in ihrem Mund trocken und zäh.
    »Chey, er will dich. Er will dir die Kehle herausreißen. Vergangene
Nacht … vermutlich weißt du das nicht mehr. Du warst zwölf Stunden lang oben in
diesem Turm eingesperrt und hast geheult wie ein Schlosshund. Wir hörten dich
bis hierher. Wir hörten dich in der Hütte. Lester hat einfach geschlafen, aber
ich bekam kein Auge zu. Also wanderte ich zum Turm und wollte mit dir
reden – obwohl Gott allein weiß, wie ich auf
den Gedanken kam, das könnte helfen. Meine Anwesenheit hätte dich
vermutlich zu noch lauterem Heulen herausgefordert. Und da sah ich es.«
    »Es? Was hast du gesehen? Sag mir nicht, es war Powell«, flüsterte
Chey. Sie warf einen Blick auf die Bäume hinter ihr.
    »Ich entdeckte seine Fährte in
einer Schneewehe. Wie Wolfsspuren, nur größer. Breiter. Ich sah mich um und
entdeckte sie auch auf der anderen Seite des Turms. Ich fand sie
überall. Während du die ganze Nacht geheult
hast, umkreiste er dich und versuchte dich um jeden Preis zu erwischen. Dein
Heulen rief ihn herbei.«
    »Oh.«
    »Komm schon, nicht gleich blass werden!«, rief er und schlug ihr auf
die Schulter. »Dir konnte nichts passieren. Ich habe dich sogar eingeschlossen,
nur für den Fall, dass er die Falltür zu öffnen versuchte. Begreifst du nicht,
was das bedeutet? Ich hatte Angst, dass er einfach wegläuft und uns entkommt.
Das ist zuvor schon passiert. Aber diesmal nicht. Nein, er wird sich nicht
davonmachen, bevor er dich erwischt hat. Oder bis wir ihn töten. Und mithilfe
der Jungs werden wir ihn vermutlich endlich haben. Es ist so gut wie erledigt.«
    Chey schluckte die dicke Masse Gebäck hinunter. Als sie sprach,
staubte Zucker aus ihrem Mund. »Wenn du glaubst, dass sie etwas taugen. Die
Pickersgills, meine ich.«
    »Ich setze mein Geld auf Balfour.
Ich habe zusammen mit ihm gejagt. Der Typ ist eine Bedrohung für jedes
Ungeziefer.« Seine Miene wurde weicher. »Du stehst doch noch auf meiner Seite,
Chey, richtig? Ich meine, du willst mir doch helfen, das Arschloch zu
erwischen, das deinen Vater gefressen hat. Aber vielleicht hast du dich auch
verändert. Vielleicht hat die Verwandlung in einen Werwolf deine Einstellung
geändert.«
    Chey nickte. »Genauso ist es. Seitdem verstehe ich, wie gefährlich
Powell ist.«
    »Also hilfst du mir«, sagte er und musterte sie über die
Sonnenbrillengläser hinweg.
    »Klar. Aber Bobby … ich habe da eine Frage.«
    »Natürlich.« Er zog den Deckel der Kiste zur Seite. Sie war mit
Munitionsschachteln gefüllt – Kugeln, Schrotpatronen, Gewehrpatronen.
Alles in Silber. Er hatte ihr erzählt, dass sein Waffenschmied allein schon für eine Handvoll Silberkugeln Tage brauchte. Sie
fragte sich, wann er wohl den Auftrag für diese Menge erteilt hatte.
    »Wenn Powell tot ist, was geschieht dann mit mir?«
    Sanft legte er die Brechstange ab. »Ich schätze, das hängt davon ab,
wie du dich dann fühlst. Was du willst. Welche Art Leben du dir wünschst.«
    Das war nicht unbedingt die Antwort, die sie gern gehört hätte.

42   Die
sechs Stunden zwischen Monduntergang und Mondaufgang vergingen wie im Flug.
Nicht zuletzt deshalb, weil Chey genau wusste, dass der nächste Tag noch kürzer
wäre. Und dann – nun, vielleicht wäre dann alles vorbei.
    Bobby brachte sie zurück in den Feuerturm. In der Hand hielt er ein
Vorhängeschloss, damit er sie einschließen konnte. Sie versuchte nicht darüber
nachzudenken, wozu ihre Wölfin wohl fähig war, wenn sie sich wieder eingesperrt
fand.
    Lucie, die französische Lykanthropin, die den Fluch an Powell
weitergegeben hatte, war verrückt geworden, weil man sie während der Mondphase
eingesperrt hatte. Natürlich hatte sie das jahrhundertelang ertragen müssen.
Chey war sich nicht sicher, ob sie ein so langes Leben überhaupt aushalten
würde, ohne den Verstand zu verlieren.
    Andererseits hatte sie keine großen Erfahrungen gesammelt, was das
Leben anging. Was wusste sie denn schon?
    Bobby hatte genaue Informationen darüber, wann der Mond aufging. Er
bot sich an, ihr bis zur letzten Minute Gesellschaft zu leisten. Sie wollte

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