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Frostbite

Frostbite

Titel: Frostbite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Wellington
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ihr. Sie trat näher heran, bückte sich und
schnupperte, als röche sie an einer Rose. Aber der Geruch war bedeutend
schärfer und moschusartiger. Tatsächlich glaubte sie ihn zu kennen. Sie
berührte die Außenkante des Rohrs und wollte hineingreifen. Was war dieser
Geruch? Es roch nach … nach …
    »Nicht für Sie, Schwester!«, rief ein Mann, packte sie am Unterarm
und zog sie von dem Rohr fort. »Es sei denn, Sie wollen sterben.«

40   Die
Hand des Fremden fühlte sich an wie eine Zange, die sich um ihren Arm schloss.
Ihr blieb gar keine andere Wahl, als zurückzuweichen. Chey war erstaunt –
sie hatte nicht die geringste Ahnung gehabt, dass der Mann in ihrer Nähe war,
hatte ihn nicht hinter sich kommen gehört.
    Sie schüttelte den Schmerz aus dem Arm. Warf einen Blick auf das PVC-Rohr
zu ihren Füßen. Sein Geruch reizte sie noch immer. »Was ist das –
Wolfsmoschus?« Jetzt wusste sie es. Es roch genau wie Powells Haar. Wie ein
Lykanthrop.
    Der flinke Kerl starrte sie lange an, bevor er ihre Hand ergriff.
Dann verbeugte er sich langsam und gab ihr einen Handkuss. »Bruce«, sagte er. »Bruce
Pickersgill. Ich glaube, meinen Bruder haben Sie bereits kennengelernt.«
    Er war kleiner als Frank Pickersgill, der fast ein Riese war, sogar
beträchtlich kleiner, und seine Schultern waren dünn und schmal. Aber in seinem
Blick lauerte eine unstete Intelligenz, die Chey bei seinem Bruder nicht
aufgefallen war. Er trug einen bleistiftdünnen Schnurrbart und einen Parka mit
einem Biberpelzkragen, der nach altem Rauch roch. Tief an seinen Hüften hingen
zwei Pistolen, genau wie bei einem Revolvermann. Allerdings waren die Waffen
mattschwarz und kantig, genau wie die, die Bobby ihr gegeben hatte. Sie
zweifelte keinen Augenblick lang daran, dass sie mit Silberkugeln geladen
waren.
    »Nett, Sie kennenzulernen«, erwiderte sie.
    »Wir sind heute Morgen angekommen«, sagte er, »während Sie dort oben
noch herumgeheult haben. Da hatten wir keine Gelegenheit, uns richtig
vorzustellen.« Er nagelte sie mit seinem Blick fest, während er in die Tasche
griff. Fast erwartete sie, dass er ein Messer zog. Stattdessen kamen seine Finger
mit einer Visitenkarte zum Vorschein.
    Western Prairie Canid Managment LLC , las sie. 67 Jahre Berufserfahrung.
    »Caniden sind was … Hunde?«, fragte sie.
    »Hundeartige Säugetiere«, erklärte er. »Raubtiere. Hauptsächlich
erhalten wir Aufträge von Schafzüchtern, die die Kojoten von ihren Herden
fernhalten wollen. Es gibt viele Firmen auf
diesem Gebiet. Mein Bruder und ich spezialisieren uns allerdings auf
größere Schädlinge. Coydogs, Bären und das gelegentliche Wolfsrudel.«
    Chey nickte. Ihr war klar, wie diese Männer solche Tiere managten . Sie töteten sie auf die schnellste und billigste
Art und Weise. »Ich nehme an, Bobby hat Ihnen
erklärt, was aus mir geworden ist, Mister Pickersgill.«
    »Bitte, Bruce.« Er nickte. »Darum wollte ich nicht, dass Sie den
Mechanismus berühren.«
    Sie beugte sich vor und betrachtete das PVC-Rohr näher. Powells
Geruch darin musste künstlich erzeugt worden sein. Er hätte sich diesen Typen
unmöglich so weit genähert, dass sie eine Probe seines Körpergeruchs hätten
nehmen können. »Was ist das?«, fragte sie und deutete auf das Rohr, achtete
aber darauf, nicht damit in Berührung zu kommen.
    »Das«, sagte Bruce Pickersgill mit einem ausgesprochen scharfen
Blick, »bezeichnet man in unserem Handwerk als einen Köder. Einen modifizierten
Kojotenköder, groß genug für jeden durchschnittlichen exotischen Caniden.«
    Chey konnte sich denken, welchen exotischen Caniden er meinte. »Wie
funktioniert das?«
    Ein Lächeln breitete sich so langsam auf seinem Gesicht aus, als
kröche ein Wurm durch das zerfressene Innere eines Apfels. »Auf dem Grund des
Rohrs befindet sich eine Gewehrtreibladung, eine 38er, um genau zu sein. Die
ist mit einer Feder verbunden. Wenn das gewünschte Tier die Nase ins Rohr
steckt, löst es die Treibladung aus, und die feuert ihm dann Kügelchen ins
Gesicht. Mit etwas Glück landen sie genau im Hals des Ziels. Falls nicht,
bohren sie sich in Rachen oder Gesicht.«
    »Nett.« Chey zog eine Grimasse.
»Kügelchen?« Fast fürchtete sie sich schon, dieses Wort auszusprechen.
    Bruce kratzte sich am Schnurrbart. »Nun, für Timberwölfe, für
Kojoten, wilde Hunde, wen auch immer nehmen wir gewöhnlich Natriumfluoracetat,
was man in unserem Handwerk auch als
Tausendachtzig bezeichnet. Das löst Krämpfe und

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