Frostblüte (German Edition)
Steinturm mit mehreren Wehrplattformen. An der Stirnwand des Bauwerks gab es, genau wie bei den Außenmauern, Zeichen, dass sie schon einmal untergraben und niedergerissen worden war. Man hatte die Löcher mit Lehmziegeln geflickt, um das Gebäude wieder sicher zu machen.
Am Ostrand des Hofes stand ein einstöckiger Holzschuppen mit einem Spitzdach, er war ungefähr doppelt so groß wie das Verpflegungszelt der Bergwächter. Die Schlafbaracke der Gourdin.
»Trupp eins und zwei, umzingelt die Baracke!«, hörte ich Luca rufen, es klang nicht viel lauter als seine normale Sprechstimme. Er war am Ende des Hofs, sein verbundenes Gesicht leuchtete weiß, in der Hand hielt er ein blutiges Schwert. »Sichert die Eingänge!«
Arian und ich wechselten Blicke. Wir waren keiner Gruppe zugeteilt. Mit einem Achselzucken stopfte ich meine Axt in ihre Hülle, kippte ein schweres Fass um und rollte es auf den nächstgelegenen Eingang zu. Wenn wir die Ausgänge blockieren konnten, säßen die besten Krieger der Aufrührer im Inneren fest. Die Mitglieder des ersten und zweiten Trupps schienen denselben Gedanken zu haben. Sie rannten zu den Vorräten, die an den Wänden aufgestapelt waren, und schleppten schwere Säcke und Holzbalken vor die Türen.
»Idioten!«, zischte Arian. »Wir haben keine Zeit für so etwas. Ihr sollt die Türen sichern , nicht verbarrikadieren!« Er rannte mit gezogenem Schwert an uns vorbei und streckte die Hand nach dem Türgriff aus. Bevor er ihn herunterdrücken konnte, flog die Tür auf.
Ein Gourdin kam herausgestürzt. Sein Schwert blitzte auf. Eine junge Bergwächterin, die ihr Schwert weggesteckt hatte, um eine Holzkiste zu schleppen, stürzte mit einem Schrei zu Boden und umklammerte ihren Hals.
»Aufgepasst! Achtung!«, brüllte der Gourdin. »Männer, zu mir!«
Der Mann ging unter Arians Schwert zu Boden, doch zwei andere Türen waren bereits aufgestoßen worden. Noch mehr aufständische Kämpfer drängten auf den Innenhof. Einige waren in voller Montur, andere trugen nur Hemden und Hosen, doch alle waren schwer bewaffnet. Ich fluchte, als mir klar wurde, dass wir unsere Chance auf einen nahezu unblutigen Sieg verspielt hatten. Ein Blick die Festung hoch zeigte mir, dass in den kleinen Fenstern Licht zu flackern begann, die Schreie des Gourdin weckten die Bewohner. Die Zeit des lautlosen Anschleichens war vorbei.
Die Bergwächter stürmten mit Kampfgeschrei auf die Aufrührer zu. Ich zog meine Axt heraus und stürzte mich in die Schlacht. Die Übungsstunden zahlten sich aus, ohne zu überlegen hob und senkte sich meine Waffe, mein Körper wirbelte herum und trat zu. Arian kämpfte hinter mir, in einer Hand das Schwert, in der anderen eine mit Blei beschwerte Holzkeule. Wir schlugen eine Schneise durch die aufständischen Krieger. Ich sah die wild entschlossene Hoffnung auf den Gesichtern der Bergwächter um mich. Wir gewinnen. Wir können gewinnen. Wir können sie schlagen.
»Frost …« Ich drehte mich um, als ich die vertraute Stimme hinter mir hörte.
Es war Hind. Ihr Gesicht war aschfarben, die Vorderseite ihrer Tunika blutgetränkt. Ein Arm hing schlaff herunter. Sie sackte in sich zusammen und ich konnte sie gerade noch an den Schultern halten, bevor sie auf dem Boden aufschlug. »Arian! Hilfe!«
Arian erledigte den Gourdin vor sich mit einem harten Schlag gegen den Kopf und drehte sich um. Seine Augen blickten entsetzt auf Hind, die sich an mir festklammerte. Er steckte sein Schwert in die Scheide und die Keule in den Gürtel und packte Hind um die Taille. Gemeinsam zogen wir sie aus dem Kampfgetümmel und legten sie an der Mauer vorsichtig auf die Erde. Ein toter Gourdin war dort zusammengebrochen, auf seinem Gesicht lag noch immer Entsetzen. Ich wandte den Blick ab.
»Luca –«, sagte Hind. »Er ist hineingegangen. Ich habe versucht ihn aufzuhalten …«
»Luca hat dir das angetan?«, flüsterte ich ungläubig.
»Nur der Arm«, sagte Hind zwischen zusammengebissenen Zähnen hindurch. »Hat mich gegen die Schulter geboxt. Der Arm wurde taub. Konnte mein Schwert nicht mehr halten. Ein Gourdin hat mich erwischt.«
Ich stieß einen Fluch aus.
»Er ist in den Tempel hineingegangen?«, fragte Arian eindringlich. »Allein?«
»Er will ihn kriegen«, sagte Hind. Sie klammerte sich mit ihrer unverletzten Hand an Arians Arm und starrte uns an. »Er ist völlig von Sinnen. Ion wird ihn töten.«
»Du brauchst eine Heilerin –«, setzte ich an.
Hind schüttelte den Kopf. »Rani wird
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