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Frostengel

Frostengel

Titel: Frostengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamina Berger
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stand ich auf und stellte meine Tasse in den Geschirrspüler. Mir lagen verschiedene Antworten auf der Zunge: Ich hätte sagen können, dass ihr das früher auch egal gewesen war. Ich hätte sagen können, dass die Beziehung ohnehin nicht halten würde, weil niemand es auf Dauer mit ihrer Sauferei aushielt – und die netten Männer schon gar nicht. Ich hätte ihr auch sagen können, dass es für mich keine Rolle mehr spielte, ob ich einen ihrer Freunde mochte oder nicht, weil ich sowieso mein eigenes Leben führte. Sobald ich die Schule abgeschlossen hatte, würde ich mir eine Arbeit suchen, studieren, egal was. So wenig Zeit wie möglich zu Hause verbringen! Am liebsten wäre ich weggezogen. Einfach nur fort. Doch das wollte ich Corinna nicht antun. Sie brauchte mich noch. Auch wenn wir uns oft zofften und auch wenn Mama sich gerade wieder auf ihre Mutterpflichten besann. Wer weiß, wie lange das anhielt? Corinna würde ich nicht einfach im Stich lassen.
    Doch nichts davon sagte ich zu Mama. Denn wenn ich ehrlich war, musste ich ihr zugestehen, dass sie sich bemühte – und das wollte ich nicht gleich wieder kaputt machen. Fragte sich nur, ob das langte. Der gute Wille zählt zwar, aber manchmal reicht er nicht.
    Am Vormittag klingelte ich bei Julias Eltern an. Ihre Freude war echt, als Frau Mechat mich erblickte. Sie schaute nach rechts und links, bevor sie mir die Eingangstür weit öffnete und mich einließ.
    »Komm schnell rein! Ich dachte, das gäbe es nur bei Prominenten, aber gestern waren wir tatsächlich von Reportern belagert.« Kein Wunder, dachte ich. Kleinhardstetten war ein Nest und hier hatte es innerhalb weniger Wochen gleich zwei tote Mädchen gegeben. Das war ein gefundenes Fressen für die Presse.
    »Ich wollte …« Plötzlich fehlten mir die Worte. Diese Frau hatte weiß Gott andere Sorgen, als sich meine Problemchen anzuhören.
    Sie legte die Hand auf meine Schulter. »Theresa, du bist hier jederzeit willkommen!«, betonte sie jedes Wort. »Für uns wird alles ein wenig leichter, wenn du uns das Gefühl gibst, immer noch die Eltern deiner besten Freundin zu sein. Dass du uns nicht links liegen lässt, wo Julia … – ich kann dir gar nicht sagen, wie viel mir das bedeutet.«
    Ich lehnte mich an Frau Mechat und fühlte mich für einen kurzen Augenblick getröstet. Auch wenn ich meine beste Freundin verloren hatte, ein Stück blieb mir von ihr. Hier, in ihrem Zuhause, bei ihrer Mutter.
    »Frau Mechat, ich wollte fragen, ob ich für eine Weile in Julias Zimmer darf. Ich bringe auch nichts durcheinander, es ist nur …«
    Julias Mutter lächelte traurig. »Natürlich. Ich verstehe. Ich verrate dir etwas: Auch ich bin in Julias Zimmer gewesen. Jeden verdammten Tag, seit sie weg ist. Ich liege auf ihrem Bett, das noch immer nach ihr riecht, und weine und es ist so, als wäre sie dann bei mir.« Sie seufzte.
    Ich brachte es nicht übers Herz, ihr zu sagen, dass ich nur nach den Tagebüchern suchen wollte. Alles andere schob ich so weit weg wie möglich. Ich musste mich zusammenreißen, herausfinden, was meiner besten Freundin passiert war – Julia zuliebe. Also nickte ich bloß.
    »Geh nur, ich mach uns in der Zwischenzeit Tee. Sebastian wird bald heimkommen. Er freut sich bestimmt, dich zu sehen. Weißt du, er hat sich große Sorgen um dich gemacht. Und Theresa – wenn du dir ein Erinnerungsstück mitnehmen willst, dann mach das einfach. Such dir was aus. Ich weiß, Julia hätte es so gewollt.«
    Ich stieg die Treppe hinauf in die obere Etage, während Frau Mechat in die Küche ging.
    Einen Moment stand ich vor Julias geschlossener Tür. Tat ich das Richtige? War es in ihrem Sinn? Dann gab ich mir einen Ruck und drückte die Klinke hinunter. Mein Hals zog sich zusammen, als ich das Zimmer betrat. Was Frau Mechat gesagt hatte, stimmte: Julia war hier so präsent, als wäre sie nur kurz aufs Klo gegangen und käme gleich wieder zurück. Ich schloss die Tür hinter mir und seufzte. Wo sollte ich mit der Suche beginnen?
    Eine gute Stunde lang schaute ich an allen möglichen und auch unmöglichen Verstecken nach, guckte in jede Schublade, jeden Schrank – nichts.
    Unterm Bett fand ich eine Zeitschrift und eine Socke. Sogar die Matratze hob ich an, doch auch da lagen keine Tagebücher. Wenn ich nicht mit eigenen Augen gesehen hätte, wie Julia in eines hineingeschrieben hatte, hätte ich an meinem Verstand gezweifelt, so wusste ich aber, dass diese blöden Bücher irgendwo sein mussten. Wenigstens

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