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Frostfeuer

Frostfeuer

Titel: Frostfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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uns beeilen –«
    »Du musst es versprechen. Ich helfe dir dabei, im Hotel zu bleiben. Und du sorgst dafür, dass Erlen sein Fell zurückbekommt. Er hat mich schon zweimal gerettet – jetzt bin ich dran, etwas für ihn zu tun.«
    Trampelnde Schritte verharrten einen Moment lang außen vor der Tür, dann polterten sie weiter.
    »Also?«
    Tamsin nickt widerstrebend. »Ich werde sehen, was ich tun kann, damit sie ihre Macht über ihn verliert. Versprochen.«
    Maus zögerte noch einmal, dann öffnete sie die Tür, steckte den Kopf durch den Spalt und blickte sich draußen um.
    »Schnell!«, flüsterte sie.
Das Kapitel, in dem sich vieles ändert. Nichts davon zum Guten
    Die Korridore und Treppenhäuser waren voller Menschen. Wenn man wie Maus nur bei Nacht auf den Beinen war, vergaß man leicht, wie viele Gäste in den Zimmern des Aurora Platz fanden. Während sie nun alle gleichzeitig auf die Flure drängten, herrschte beträchtliches Durcheinander. Alle waren schlecht gelaunt, die meisten hellauf empört. Dass es keinen offenen Aufruhr gab, lag allein an der allgemeinen Angst vor der Geheimpolizei: Niemand wollte wegen eines falschen Wortes nach Sibirien verbannt oder gar ins Gefängnis der Stille geworfen werden.
    Im Schutz dieses Trubels gelangten Maus und Tamsin bis ins Erdgeschoss. Einmal meinte Maus über dem Meer aus Köpfen den Rundenmann zu sehen, größer als alle anderen, klobig wie ein Götze aus Stein. Er schien das Treiben zu beobachten, ohne selbst einzugreifen. Falls er nach Maus suchte, so entdeckte er sie nicht. Als sie Tamsin auf ihn aufmerksam machen wollte, war er bereits wieder verschwunden. Sie atmete leise auf.
    Im Erdgeschoss endete das Treppenhaus. Die Stufen führten nicht direkt in den Keller, damit sich keiner der Gäste dorthin verirrte (und womöglich entdeckte, dass die sagenumwobene Weinsammlung des Aurora nicht gar so sagenhaft war wie behauptet).
    »Schnell, da entlang«, keuchte Maus und deutete in einen schmalen, unbeleuchteten Gang. Eine dicke, goldfarbene Kordel zwischen zwei Messingstempeln signalisierte, dass hier nur Bedienstete Zutritt hatten.
    »Hier wimmelt es nur so von Polizei.« Tamsin bewegte kaum die Lippen und blickte sich verstohlen um. Tatsächlich hatten sich Männer in unauffälliger Kleidung an vielen Ecken und Kreuzungen postiert, um die murrende Menge zum Ausgang zu schleusen. Manche versuchten, die verärgerten Gäste zu beruhigen, die allesamt aus dem Schlaf gerissen worden waren und gerade genug Zeit gehabt hatten, sich anzukleiden.
    »Heute Nachmittag dürfen Sie wieder auf Ihre Zimmer. Die Räumung ist nur vorübergehend.«
    »Sollen wir bis dahin vielleicht draußen in der Kälte stehen?«
    »Es ist für alles gesorgt, mein Herr. Gehen Sie einfach weiter.«
    Ein Ausländer, der wohl annahm, er habe von der hiesigen Polizei nichts zu befürchten, ereiferte sich: Er werde seine Rechnung nicht bezahlen und die Hoteldirektion verklagen; am liebsten aber würde er den Polizisten am Kragen packen und für seine Anmaßung zur Rechenschaft ziehen. Darauf öffnete dieser stumm seinen Gehrock und gewährte dem rebellischen Gast einen Blick auf seinen Revolver. Das Gezeter des Mannes brach ab. Den Rest des Weges schwieg er.
    Während ein paar Gäste stehen geblieben waren und gafften, nutzten Maus und Tamsin den Augenblick, um sich davonzustehlen. Sie lösten sich aus dem Menschenstrom und stiegen über die Goldkordel in den Nebengang. Beinahe hätte Tamsin mit dem Regenschirm einen der Messingstempel umgerissen, aber Maus fing ihn gerade noch auf, bevor er zu Boden poltern konnte.
    »Upps«, machte Tamsin mit verlegenem Lächeln.
    Maus drängte sich an ihr vorbei und öffnete die Tür zur Kellertreppe. Unbeobachtet erreichten sie das untere Ende der Stufen und eilten die muffigen Gänge der Hotelgewölbe entlang. Anfangs hallten noch Stimmen hinter ihnen her, dann schluckten Stein und Erdreich alle Geräusche bis auf ihre eigenen Schritte.
    »Nicht mehr weit«, sagte Maus gerade, als Tamsin stehen blieb, Koffer und Schirm abstellte und aufmerksam lauschte.
    »Warte!«
    Maus hielt an, nervös und ungeduldig zugleich, weil sie selbst nichts Verdächtiges hören konnte.
    »Aus dem Gang da drüben …«, flüsterte Tamsin. »Schnell, komm her!«
    Maus unterdrückte ein überraschtes Stöhnen, als die Magierin sie an sich zog. Sie sah zwei Gestalten mit Petroleumlampen aus einer Mündung biegen, doch da presste Tamsin ihr schon beide Hände auf die Augen.
    »Nicht

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