Frostfluch: Mythos Academy 2 (German Edition)
mir, die Kriegerin zu werden, die Nike in mir sah, der Champion, den die Göttin erwählt hatte. Ich wollte meine Mom und meine Grandma und alle anderen Frostfrauen vor mir stolz machen.
»Gwen?«, fragte Metis wieder. »Geht es dir gut?«
In diesem Moment traf ich meine Entscheidung. Ja, vielleicht war es ein wenig dämlich, aber ich würde den Mund halten und nichts von gestern erzählen. Ich konnte nicht jedes Mal zu Metis laufen, wenn ich ein Problem hatte. Wenn ein Schnitter hinter mir her war, dann würde ich selbst herausfinden, wer es war, und mich auch selbst um ihn kümmern. Ich hatte ein sprechendes Schwert, ich konnte ein bisschen kämpfen, und vor allem hatte ich meine Gypsygabe.
Den Rest würde ich schon irgendwie hinkriegen wie immer.
Ich schenkte Metis mein bestes »Ich führe nichts im Schilde«-Lächeln.
»Mir geht’s prima. Ich wollte Ihnen nur sagen, wie aufgeregt ich schon wegen des Winterkarnevals bin.«
Metis runzelte die Stirn, als würde sie mir nicht ganz glauben. Aber ich schenkte der Professorin nur ein noch breiteres Lächeln und eilte aus dem Raum, bevor sie mir weitere Fragen stellen konnte.
Früh am nächsten Morgen, am Freitag, stand ich auf dem oberen Hof und zitterte zusammen mit den anderen Schülern in der Kälte. Der Unterricht war für den Tag abgesagt, und die Professoren waren damit beschäftigt, alle in die Busse auf dem Parkplatz hinter der Turnhalle zu scheuchen. Die Busse würden uns ein paar Berge weiter nach Powder fahren, in das Skiresort, in dem der Winterkarneval stattfand. Und dann würde ein Wochenende voller Spaß beginnen. Jippie.
Ich zog meinen purpurkarierten Mantel enger um mich und trat von einem Fuß auf den anderen, um warm zu bleiben. Neben mir unterhielt sich Daphne mit Carson über die Pisten, die sie ausprobieren wollten, sobald sie im Resort waren. Die Walküre trug einen pinkfarbenen Designer-Schneeanzug und dazu die passende Strickmütze, an deren Ende ein weißer Puschel hing. Diese Mütze hätte an mir vollkommen lächerlich ausgesehen, aber Daphne wirkte damit schick und süß. Und natürlich passte alles, von ihrem Outfit über ihre Tasche bis zum Lipgloss, perfekt zu dem teuren Koffer zu ihren Füßen. Manchmal trieb Daphne den Einheitslook ein wenig zu weit.
Ich hatte meine Klamotten fürs Wochenende in einen alten, grauen Seesack gestopft, den ich aus den Tiefen meines Schranks gezogen hatte. Jeans, Kapuzenpullis, T -Shirts mit Aufdrucken, Sweater. Meine Garderobe war um einiges bescheidener als Daphnes Designerzeug. Außerdem hatte ich ein paar meiner Lieblingscomics dabei, einen Vorrat an Süßkram und Vic – nur für den Fall, dass der mysteriöse Schnitter wieder versuchte, mich umzubringen und ich im Verlauf des Wochenendes ein Schwert brauchte.
Ich war nicht die Einzige mit einer Waffe. Fast alle hatten ein Schwert oder ein oder zwei Dolche im Gepäck. Ich erkannte das an dem metallischen Klappern, das erklang, als die Taschen in den Bus geladen wurden. Auf Mythos waren Waffen nur Accessoires – ein Statussymbol, das jeden wissen ließ, welche Art von Krieger man war oder welche Magie man besaß.
Schließlich erreichten wir den Anfang der Schlange und stiegen ein. Es war kein normaler Schulbus. O nein. Für die reichen Jugendlichen der Akademie musste es das Beste sein. Der Bus erinnerte eher an etwas, worin ein Rockstar umhergondelte – mit weichen Liegesitzen und einem Flachbildfernseher über jeder dritten Reihe. Ganz hinten neben der Toilette gab es sogar eine Minibar, obwohl die Profs dafür sorgen würden, dass niemand etwas Stärkeres trank als Limo – für den Moment. Ich bezweifelte, dass das Alkoholverbot lange halten würde, nachdem ich in der Bibliothek so viele Schüler darüber hatte reden hören, was für wilde Partys sie fürs Wochenende planten. Daphne und Carson sicherten sich zwei Sitze ungefähr in der Mitte des Busses, in einem der Bereiche, wo sich zwei Reihen gegenüberstanden. Sie küssten sich kurz, dann zog Daphne eine Karte des Skiresorts aus ihrer riesigen Tasche. Die zwei steckten die Köpfe zusammen und führten ihre Diskussion fort, welche Pisten sie als Erstes fahren wollten.
Ich ließ mich in einen der Sitze gegenüber fallen. Wir waren noch nicht mal losgefahren, und schon fühlte ich mich wie das fünfte Rad am Wagen. Ich seufzte. Ich gönnte Daphne und Carson ihr Glück – wirklich. Sie waren ein süßes Paar und gut füreinander. Daphne holte Carson aus seinem
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