Frostfluch: Mythos Academy 2 (German Edition)
Puderzucker und heißer Kirschsoße? Mein Magen knurrte vor Vorfreude, obwohl wir gerade erst gefrühstückt hatten.
»Ist es nicht toll?«, fragte Daphne. Ihre Augen glitzerten wie schwarze Diamanten. »Wo sollen wir zuerst hingehen, Carson?«
Der Musikfreak legte einen Arm um die Walküre und drückte sie. »Ich finde, wir sollten zum Ringewerfen gehen, damit ich für dich ein Stofftier gewinnen kann. Oder einen Dolch. Was dir lieber ist.«
Daphne zog die Augenbrauen hoch und warf ihm einen amüsierten Blick zu. »Obwohl ich dich im Sport bei so gut wie jedem Wettbewerb schlagen kann?«
Carson wurde ein wenig rot. »Na ja, ich kann es versuchen. Schau, wie viele Tickets ich gekauft habe. Damit gewinne ich doch sicher irgendwas.«
Er zog ein Bündel roter Karten aus der Tasche seiner schwarzen Skihose. Man musste Tickets kaufen, um die verschiedenen Spiele zu spielen, und die Einnahmen halfen dabei, den gesamten Wochenendausflug zu finanzieren. Gleich nachdem wir vom Lift gestiegen waren, hatten Daphne und Carson beide ihre Kreditkarten gezückt, um Tickets für alle Spiele zu kaufen. Sie hatten jeder fast fünfhundert Dollar ausgegeben, ohne dabei auch nur mit der Wimper zu zucken.
Ich hatte mir nicht die Mühe gemacht, Karten zu kaufen. Ich war einfach nicht geschickt genug, um bei den Spielen tatsächlich etwas zu gewinnen. Na ja, vielleicht konnte ich gewinnen, wenn es etwas mit Bogenschießen gab und ich meine Erinnerungen an Daphne während ihrer Turniere heraufbeschwor, wie ich es im Waffentraining getan hatte. Aber die Mächtigen von Mythos würden das wahrscheinlich als Betrug werten.
»Komm«, sagte Daphne und packte meine Hand. »Wir stehen jetzt schon lange genug hier rum. Lass uns spielen!«
Die nächsten zwei Stunden wanderten wir auf dem Jahrmarkt von Bude zu Bude. Es wirkte, als wäre wirklich jeder aus dem Powder-Komplex zu diesem Anlass aufgetaucht. Der gesamte Berg wimmelte von Schülern, Professoren und Hotelangestellten.
Ich entdeckte Professor Metis an einem der Ringspiel-Stände, wo sie fröhlich Ringe austeilte und sich mit allen Schülern unterhielt. Neben ihr in der Bude stand Nickamedes und übergab den Siegern mit verkniffenem Gesicht ihre Gewinne. Fraglos war der Bibliothekar allergisch gegen frische Luft und Sonnenschein. Manchmal fragte ich mich, ob Nickamedes eigentlich ein Vampir war, so bleich und käsig, wie seine Haut wirkte. Ich würde Daphne über den Bibliothekar ausquetschen müssen und natürlich auch fragen, ob es Vampire überhaupt gab. Trotz all der Dinge, die ich in Mythengeschichte bisher gelernt hatte, war ich mir immer noch nicht ganz sicher, welche Monster da draußen wirklich existierten. Okay, okay, ich wusste eine Menge noch nicht.
Metis und Nickamedes waren nicht die einzigen Professoren, die ich entdeckte. Da waren auch Mr. Llew, mein Mathelehrer, Mrs. Banba, die Wirtschaftslehrerin, Trainer Lir, der schlanke, schlaksige Schwimmtrainer – alle halfen bei den Buden und Spielen aus. Selbst Mrs. Raven, die Dame vom Kaffeewagen in der Bibliothek, war hier und bediente eine der Zuckerwattemaschinen.
Ich hatte viel Spaß damit, Daphne und Carson bei all den Jahrmarktsspielen zu beobachten, aber es dauerte nicht lange, bis mir auffiel, dass etwas daran ein wenig … seltsam war. Beim Ringewerfen zum Beispiel schleuderten die Schüler Metallketten mit Stacheln daran über die Köpfe von Nemeischen Pirschern statt einfach nur Ringe über Metallsäulen. Oder beim Dosenwerfen war auf jede einzelne Dose eine grinsende schwarze Maske gemalt, um Schnitter darzustellen. Und beim Tunktank erinnerte mich der Mittelpunkt der Zielscheibe an die Zeichnung von Loki, die ich in meinem Mythengeschichtsbuch gesehen hatte – die Zeichnung, in der das Gesicht des bösen Gottes verzogen und vom Schlangengift halb geschmolzen war, das seit Jahrhunderten auf sein gut aussehendes Gesicht tropfte. Das Gift war Teil von Lokis erster Bestrafung durch die Götter gewesen – bevor er entkommen war und die Welt in den Chaoskrieg gestürzt hatte.
Dann waren da noch die Preise. Carson hatte keinen Witz gemacht, als er gesagt hatte, er könne für Daphne auch einen Dolch gewinnen. Die meisten Buden waren voll mit Stofftieren und anderen übergroßen Spielzeugen, aber neben ihnen glänzten auch Waffen in den Regalen – Schwerter, Kampfstäbe, Armbrüste, Wurfsterne, selbst ein oder zwei Schilde. Und jede Menge Schüler entschieden sich lieber für die scharfen, glänzenden Waffen als
Weitere Kostenlose Bücher