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Frostfluch: Mythos Academy 2 (German Edition)

Frostfluch: Mythos Academy 2 (German Edition)

Titel: Frostfluch: Mythos Academy 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Estep
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war einfach nur froh, dass ich noch lebte.
    Ohne den Wolf zum Wärmen drang langsam die Kälte in meine Glieder. Ich wusste, dass ich gegen die eisige Taubheit ankämpfen musste, aber mir fehlte einfach die Kraft. Nicht jetzt. Ich war gerade dabei, wieder einzuschlafen, als Trainer Ajax durchs Gebüsch brach. Sein breiter, stämmiger Körper schob sich zwischen den zerbrochenen Bäumen hindurch, als gäbe es sie gar nicht, dann sank er neben mir auf ein Knie.
    »Gwen?«, fragte er besorgt und angespannt. »Geht es dir gut?«
    »Es ging mir schon besser«, sagte ich, dann fiel ich erneut in Ohnmacht.
    Danach war ich für eine Weile außer Gefecht. Ich bemühte mich, wach zu bleiben, wirklich. Man sollte meinen, bei all den Rufen, dem Lärm und dem generellen Tumult wäre es einfach gewesen. Aber jedes Mal fielen mir wieder die Augen zu, und ich hatte einfach nicht die Kraft, sie davon abzuhalten. Alles, was ich von meiner dramatischen Rettung mitbekam, waren kleine Schnappschüsse, wann immer ich für eine oder zwei Minuten wach wurde.
    Trainer Ajax, der mich durch die Bäume trug und auf eine Bahre legte, die auf einem Schneemobil befestigt war. Professor Metis, die mich in eine warme Thermodecke wickelte, um meine Körpertemperatur wieder dorthin zu bringen, wo sie sein sollte. Selbst Nickamedes war da, schmiss das Schneemobil an und sauste den Berg schneller hinunter, als ich es dem Bibliothekar jemals zugetraut hätte.
    Schließlich verschwanden die Kälte, der Wind und der Lärm und wurden von einer stillen, weichen, beruhigenden Wärme ersetzt. Dann träumte ich – seltsame Träume, in denen es um alles Mögliche ging. Na ja, es waren eigentlich nicht wirklich Träume , sondern eher unzusammenhängende Bilder und alte Erinnerungen, von denen nicht alle mir gehörten.
    Mit dieser Art von Träumen war ich vertraut. Manchmal surfte mein Geist, wenn ich schlafen ging, durch die Erinnerungen und Gefühle anderer Leute. Gewöhnlich sah ich nur Dinge, die ich dank meiner Magie bereits einmal durchlebt hatte. Manchmal waren die Bilder aber auch vollkommen neu. Wenn ich etwas berührte und Visionen vor meinem inneren Auge aufblitzten, bemerkte ich nicht immer jedes noch so kleine Detail. Aber trotzdem schwebten all diese Informationen irgendwo in meinem Kopf, und manchmal schaltete sich mein Unterbewusstsein ein und zeigte mir, was ich alles verpasst hatte.
    Auf jeden Fall war es, als würde ich in meinem Kopf einen Film sehen, und meistens fühlte ich mich dabei wie Alice, die durchs Wunderland wanderte und all die seltsamen Dinge um sich herum anstarrte.
    Dieses Mal war es nicht anders. Verschiedenste Bilder, Visionsblitze und Bruchstücke von Erinnerungen schossen nach und nach durch meinen Geist. Der Pfeil, der zitternd im Regal in der Bibliothek der Altertümer stecken blieb. Die kreischende Rummelmusik auf dem Jahrmarkt, die sich dann in das Brüllen der Lawine verwandelte. Der Fenriswolf, der im Schnee kauerte und mich aus seinen roten Augen anstarrte. Selbst meine Mom, die in ihr Auto stieg.
    Irgendwie wusste ich, dass diese letzte Erinnerung aus der Nacht stammte, in der meine Mom von einem betrunkenen Autofahrer getötet worden war – und dass ich beobachtete, wie sie zum letzten Mal vor dem Unfall ins Auto stieg. Aber das wirklich Bizarre daran war, dass ich diese Erinnerung gar nicht haben durfte. Ich war in dieser Nacht nicht dabei gewesen, als meine Mom das Polizeirevier verlassen hatte – und ich hatte auch nichts berührt, das mir Eindrücke vom Unfall vermitteln konnte. Zumindest wusste ich es nicht, und daran hätte ich mich wahrscheinlich erinnert, selbst in meinen seltsamen, verdrehten Träumen.
    »Mom?«, murmelte ich.
    Meine Mom öffnete die Autotür und glitt hinein. Plötzlich konnte ich nicht mehr atmen, und kalte Panik trieb mir den Schweiß auf die Stirn. Ich musste sie aufhalten. Ich musste ihr sagen, dass sie auf dem Revier bleiben und heute Abend nicht nach Hause fahren sollte. Wenn sie nur dort bleiben würde, könnte dieser verdammte, betrunkene Fahrer sie nicht rammen. Sie würde nicht sterben und mich und Grandma Frost allein zurücklassen.
    Ich rannte auf meine Mom zu. Meine Turnschuhe klatschten auf den rissigen Asphalt, aber je näher ich ihrem Auto kam, desto undeutlicher wurde das Bild, bis es einfach verblasste – mit meiner Mom immer noch darin. Ich hielt keuchend an, und mein Herz füllte sich mit einem dumpfen, vertrauten Schmerz. Ich drehte mich und drehte mich, aber sonst

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