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Frostglut

Frostglut

Titel: Frostglut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Estep
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Türmchen auf, in dem mein Zimmer lag, und fragte mich, ob das Protektorat wohl auch von Nyx wusste, dem Fenriswolfswelpen, um den ich mich kümmerte. Sorge stieg in mir auf. Wenn sie von Nyx wussten, würden sie mir die kleine Wölfin wahrscheinlich wegnehmen. Die meisten Mitglieder des Pantheons vertrauten Wesen wie den Fenriswölfen nicht, weil die Schnitter so viele von ihnen versklavten, von Drogen abhängig machten und dann ausbildeten, um Krieger zu töten.
    Aber ich hatte Nott, Nyx’ Mutter, versprochen, auf den Wolfswelpen aufzupassen. Ich schwor mir, dass ich Linus und den anderen nichts von Nyx erzählen würde. Egal, was sie mir antaten. Meine Mom war Polizistin gewesen, also wusste ich, dass man mich über meine Rechte belehren musste und dass ich immer den Mund halten und nach einem Rechtsanwalt verlangen sollte. Allerdings war ich fest davon überzeugt, dass eine Verhaftung auf Mythos nicht dasselbe bedeutete wie in der normalen Welt der Sterblichen. Ich hätte sogar darauf gewettet, dass eine Anklage in der mythologischen Welt viel, viel schlimmer werden würde.
    Normalerweise hätte ich den Spaziergang über den Campus genossen. Doch heute waren die grünen Hügel, die sich über das Gelände zogen, vollkommen verwaist, sodass alles noch bedrückender wirkte. Ich warf einen kurzen Blick auf meine silberne Uhr. Fast vier. Das bedeutete, dass die Zeit für die mysteriöse Versammlung gekommen war. Der Großteil der Schüler hatte sich wahrscheinlich bereits im Amphitheater eingefunden. Nun, zumindest konnte mich so niemand auf meinem schamvollen Weg beobachten, auch wenn Helena und die anderen Schüler im Café ihren Freunden inzwischen wahrscheinlich alle pikanten Details gesimst hatten.
    Ich hatte gedacht, wir würden den Hügel hinauf zum oberen Hof gehen, damit das Protektorat mich zum mathematisch-naturwissenschaftlichen Gebäude führen konnte, um mich dann in das Akademiegefängnis im Keller zu stecken. Stattdessen bogen wir nach links auf einen anderen Weg ab und hielten auf das Amphitheater zu, das am Fuße eines Hügels neben der Bibliothek der Altertümer lag. Ich runzelte die Stirn. Wieso sollten wir ausgerechnet dorthin gehen? Sie würden mich doch sicherlich nicht eine dämliche Versammlung durchsitzen lassen, bevor sie mich einsperrten, oder? Aber vielleicht war das ja der erste Teil der mir angedrohten Bestrafung.
    Wir hielten dort an, wo der Weg in das Amphitheater mündete. Das Freilufttheater war, im Gegensatz zum dunkelgrauen Granit der anderen Gebäude, aus elfenbeinfarbenem Stein erbaut, in dem eine Menge anderer Farben funkelten – himmelblau, helles Rosa, ein sanftes Lila. Diese Schattierungen und unzählige andere schimmerten in dem harten Material, als hätten Tausende Walküren ihre Magiefunken in den Stein abgegeben, bis er ebenso fröhlich leuchtete.
    Das Amphitheater bestand aus langen, flachen Stufen, die sich nach oben schraubten. Die Stufen, die auch als Sitze dienten, bildeten einen riesigen Halbkreis gegenüber einer Bühne, die auf der untersten Ebene errichtet worden war. Über der Bühne erhoben sich vier Pfeiler, und auf jedem davon kauerte auf einer Kugel eine Steinchimäre. Auch die Chimären, die sonst schlecht gelaunt in die Menge starrten, hielten die Köpfe gesenkt und sahen wie die Sphinxe auf ihre gebogenen Krallen hinab. Das sorgte dafür, dass mir noch unheimlicher zumute wurde.
    Ich riss den Blick von den Chimären los und starrte stattdessen ins Amphitheater. Auf den Stufen hatten sich bereits Schüler, Professoren und Angestellte versammelt, alle in schwere Mäntel gehüllt und mit dicken Handschuhen. Ihr Atem bildete Wolken in der kalten Winterluft, bis es aussah, als hätte sich dichter Nebel über den gesamten Bereich gelegt. Egal wie kalt es war, alle Mythos-Versammlungen wurden hier draußen abgehalten statt in der wärmeren, gemütlicheren Sporthalle. Ich hatte keine Ahnung, warum das so war. Anscheinend hielten die Mächtigen von Mythos das Amphitheater für feierlicher oder so.
    Trotz der Tatsache, dass wir am Rand des Theaters standen, konnte ich besorgtes Murmeln hören. Die Schüler fragten sich, was vorging.
    »Was denkst du, worum es bei dieser Versammlung geht?«
    »Vielleicht hat das Pantheon es geschafft, Loki wieder einzusperren.«
    »Oder auch nicht. Vielleicht sind bereits Schnitter unterwegs, um uns alle zu töten.«
    So liefen die Gerüchte durch das Rund, sprangen von einem Mund zum anderen und von einem Handy zum nächsten.

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