Frostglut
ehemalige Mythos-Schüler, die beschlossen hatten, in der Nähe der Akademie ein Geschäft zu eröffnen. Die Einzigen, die nicht verstanden, was vor sich ging, waren ein paar Touristen, die sich für eine Shoppingtour in die Kälte gewagt hatten. Sie allerdings warfen nur einen kurzen Blick durch die Schaufenster in meine Richtung, bevor sie sich wieder ihrem Einkauf widmeten.
»Du machst einen großen Fehler«, wiederholte Logan. »Gwen hat Loki nicht befreit – sie hat versucht, es zu verhindern. Wir alle haben es versucht.«
»Alle? Damit meinst du wohl dich und deinen neuen Freundeskreis«, sagte Linus. »Noch etwas, worüber wir uns unterhalten sollten. Ich dachte, du würdest endlich zur Ruhe kommen und dich bemühen, ein echter Kämpfer zu werden. Aber anscheinend hast du dich in noch größere Schwierigkeiten gebracht als gewöhnlich. Angefangen mit diesem Mädchen.«
Mir war vollkommen egal, ob er Logans Dad und eine große Nummer im Pantheon war. Die Art, wie er immer wieder dieses Mädchen sagte, als wäre ich nichts als Abschaum, raubte mir den letzten Nerv.
»Ich habe einen Namen«, blaffte ich. »Ich heiße Gwen. Gwen Frost. Offensichtlich wissen Sie das auch, schließlich haben Sie meinen Namen im Café laut genug verkündet.«
Linus warf mir über die Schulter einen Blick zu. »Fordere mich nicht heraus, Mädchen.«
Ich ballte die Hände zu Fäusten, konnte aber nichts gegen seine kalten Worte unternehmen – oder gegen die Tatsache, dass er mich anscheinend schon auf den ersten Blick gehasst hatte. So hatte ich mir das Treffen mit Logans Dad nicht vorgestellt. Trotzdem holte ich tief Luft und kämpfte gegen meine Wut und Angst an, um dieser Sache auf den Grund zu gehen.
»Nun, könnten Sie mir wenigstens verraten, wo wir hingehen?«
»Das wirst du schon sehen«, erklärte Linus kryptisch. »Es ist nicht weit.«
Wir passierten den letzten Laden. Ich hatte gedacht, das Protektorat würde mich wie in einem Actionfilm einfach in einen großen SUV stopfen, aber stattdessen überquerte Linus die Straße, und die anderen Mitglieder des Protektorats zwangen mich, ihm zu folgen. Also brachten sie mich zurück zur Mythos Academy. Gut. Dort hatte ich zumindest Freunde, Verbündete wie Professor Metis. Sie würde wissen, was vor sich ging, und herausfinden, wie sie das Protektorat davon überzeugen konnte, dass alles nur ein großes Missverständnis war. Dass ich Loki nicht absichtlich befreit hatte. Dass ich alles getan hatte, um den bösen Gott in seinem Gefängnis festzuhalten, auch wenn ich dabei total versagt hatte.
Das schmiedeeiserne Haupttor zum Akademiegelände stand offen, da man den Schülern den Nachmittag freigegeben hatte. Niemand sah auf, als wir an den beiden Steinsphinxen vorbeigingen, die auf den fast vier Meter hohen Mauern neben dem Tor saßen – niemand außer mir.
Wie alle Statuen auf dem Schulgelände schienen mich die Sphinxe gewöhnlich aus offenen, lidlosen Augen zu beobachten, als warteten sie nur darauf, dass ich etwas Dummes tat, um daraufhin zum Leben zu erwachen, von der Mauer zu springen und mich in Stücke zu reißen. Ich fürchtete mich nicht mehr so sehr vor den Statuen wie früher, aber ihre wilden Mienen sorgten trotzdem dafür, dass ich jedes Mal zögerte und zu ihnen aufsah, wenn ich durch das Tor ging.
Doch heute hielten die Sphinxe die Köpfe gesenkt. Ihre Blicke waren auf ihre Pfoten gerichtet, als hätten sie Angst aufzusehen, während die Mitglieder des Protektorats mich an ihnen vorbeiführten. Seltsam. Selbst für Mythos. Wenn es eines gab, worauf ich mich immer hatte verlassen können, dann darauf, dass die Statuen mich ständig beobachteten. Jetzt, da sie es nicht mehr taten, fühlte ich mich fast, als hätten zwei Freunde mir den Rücken gekehrt, um mich zu schneiden.
»Weiter«, sagte Inari.
Ich löste den Blick von den Sphinxen und setzte mich wieder in Bewegung.
Logan diskutierte noch immer mit seinem Dad, während wir weitergingen. Sergei und Inari schwiegen. Alexei lief rechts von mir, und er starrte mich immer wieder an. In seinen haselnussbraunen Augen glitzerte Neugier. Wieder fragte ich mich, welche Art von Krieger er wohl war. Er strahlte nicht dieselbe Ich-kann-dich-mit-einem-Kaugummi-umbringen-Aura aus wie Logan, trotzdem spürte ich, dass er als Kämpfer genauso gefährlich war wie der Spartaner.
Wir wanderten über die aschgrauen gepflasterten Wege des Campus und kamen dabei auch an meinem Wohnheim vorbei, Styx. Ich sah zu dem
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