Frostglut
laufen, statt auf den gepflasterten Wegen zu bleiben. Toll. Einfach toll.
»Sie werden Alexei in keinster Weise beeinflussen, und jeder Versuch, ihm zu entkommen, wird dafür sorgen, dass Sie für die Dauer der Ermittlung und des Prozesses hier im Akademiegefängnis festgesetzt werden«, sagte Linus. »Haben Sie das verstanden, Miss Frost?«
»O ja. Ich verstehe absolut«, murmelte ich.
Alexei sah mich an. Er hielt seine Miene ausdruckslos, aber wieder konnte ich Neugier in seinen Augen entdecken. Ich fragte mich, warum sie ihm den Wachdienst übertragen hatten. Wahrscheinlich, weil er Sergeis Sohn war. Ob es wohl eine Familiensache war, dem Protektorat anzugehören, wie bei normalen Familien oft die Kinder Polizist, Feuerwehrmann oder Arzt wurden, wenn die Eltern diesen Beruf ausübten? Das musste ich Logan fragen. Ich würde dem Spartaner eine Menge Fragen stellen müssen – unter anderem, warum sein Dad mich zu hassen schien, obwohl ich ihn bis heute noch nie getroffen hatte.
»Inari und Sergei werden nachts abwechselnd Ihr Wohnheim bewachen«, fuhr Linus fort. »Nur für den Fall, dass in Metis’ lächerlicher Idee, dass die Schnitter Sie im Visier haben, ein Fünkchen Wahrheit steckt.«
Ich warf der Professorin einen schnellen Blick zu. Wir wussten beide, warum die Schnitter mich jagten. Weil ich Nikes Champion war – und einen Weg finden sollte, Loki zu töten. Es sah allerdings so aus, als hätte Metis Linus davon nichts erzählt. Ich fragte mich, was sie ihm sonst noch verschwiegen hatte.
»Wir haben die Ermittlungen bereits in die Wege geleitet, und der Prozess wird am Freitagnachmittag beginnen, in zwei Tagen«, erklärte Linus. »Metis wird Sie nach Ihrer Stunde in Mythengeschichte hierher eskortieren. In der Zwischenzeit würde ich Ihnen raten, über Ihre Handlungen in den letzten paar Monaten nachzudenken und sich darauf vorzubereiten, alles zu rechtfertigen, was Sie getan haben, seit Sie die Mythos Academy besuchen. Das wäre alles – für den Moment.«
Linus stand auf, drehte sich um und verließ das Gefängnis. Seine graue Robe wehte hinter ihm. Sergei und Inari nickten mir und den anderen zu, bevor sie ihm folgten. Alexei allerdings blieb. Zuerst fragte ich mich, warum, aber dann verstand ich – sein Wachdienst begann jetzt sofort. Wunderbar.
Ich saß auf dem Steinstuhl und dachte darüber nach, ob meine Beine tatsächlich funktionieren würden, wenn ich versuchte, aufzustehen. Vor nicht ganz einer Stunde hatte ich noch Kaffee mit Logan getrunken, und meine größte Sorge war gewesen, wie unser erstes Date lief. Jetzt war meine gesamte Welt auf den Kopf gestellt worden – mal wieder.
»Gwen?«, fragte Metis. »Geht es dir gut?«
»Sicher«, sagte ich. »Ganz super. Zumindest für ein Mädchen, das in zwei Tagen vor Gericht gestellt und vielleicht zum Tode verurteilt wird.«
»Mach dir keine Sorgen, Gwen«, erklärte Ajax mit seiner tiefen, rumpelnden Stimme. »Wir werden das aufklären. Dir wird nichts geschehen.«
Ich wollte ihm erklären, dass es dafür schon zu spät war, dass mich jetzt alle auf Mythos hassten, aber ich hielt den Mund. Stattdessen konzentrierte ich mich auf die eine Person, die nicht mit im Gefängnis gewesen war, die eine Person, die ich dringend sehen musste.
»Was ist mit meiner Grandma?«, fragte ich. »Wo ist sie? Weiß sie von alldem?«
Metis nickte. »Sie weiß es. Ich habe sie angerufen, sobald die Versammlung zu Ende war. Sie sollte inzwischen schon in deinem Zimmer auf dich warten.«
Ich nickte. Grandma Frost würde wissen, was zu tun war. Sie wusste immer, was zu tun war.
»Komm«, sagte Nickamedes. »Lass uns dich hier rausschaffen und auf dein Zimmer bringen.«
Ich stand auf, und zusammen gingen wir zur Gefängnistür. Raven warf mir im Vorbeigehen einen weiteren kurzen Blick zu, aber dann konzentrierte sie sich sofort wieder auf ihr Klatschmagazin. Ich bezweifelte, dass es sie wirklich interessierte, was mit mir geschah.
Ajax öffnete die Tür, und wir traten in den Flur. Dort warteten Daphne und Carson auf uns, aber Logan, sein Dad und die anderen Mitglieder des Protektorats waren nirgendwo zu sehen. Metis, Nickamedes und Ajax begannen eine leise Unterhaltung, also ging ich zu meinen Freunden.
»Gwen!«, rief Daphne. »Alles okay?«
Die Walküre umarmte mich, und ihre Stärke sorgte dafür, dass mein Rücken knackte.
»Ich bin okay«, antwortete ich. »Für den Moment. Wo ist Logan?«
Daphne schüttelte so heftig den Kopf, sodass ihr
Weitere Kostenlose Bücher